Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
GÖTTINGEN-GROSS-ELLERSHAUSEN
Der Ort liegt ca. 5 km westlich derlnnenstadt
an einem stetig ansteigenden Osthang des
Leineberglandes in einer Höhe von 210 m ü.
NN. Das innerörtliche Gefälle nach Osten
und zum im Süden vorbeifließenden, heute
im Abschnitt An der Flöthe verrohrten Reh-
bach beträgt ca. 25 m.
Die älteste überlieferte Nachricht von „Elde-
rikeshusen” stammt aus dem Jahre 1302.
Groß-Ellershausen gehörte zu den vier „Lei-
nedörfern” (vgl. Geschichtlicher Überblick)
und damit zur Einflußsphäre der Stadt Göt-
tingen. Im 15. und 16. Jh. besaßen Göttinger
Bürger die größten Höfe im Ort. Die Macht
Göttingens dokumentierte sich auch in der
Landwehr und der dazugehörigen ver-
schwundenen „Olenhuser Warte”, die süd-
westlich des Dorfes in der Nähe der eben-
falls verschwundenen, südöstlich des Ortes
vorbeiführenden Altstraße nach Göttingen
lag.
Die heutige Verbindung nach Göttingen
(B 3), die durch den Ort als Dransfelder
Straße führt, entstand nach dem Siebenjäh-
rigen Krieg als Chaussee nach Kassel. Die
Ostgrenze von Groß-Ellershausen bildet die
1854-56 gebaute Eisenbahnstrecke Göt-
tingen-Kassel, die ansonsten in weiter Nord-
schleife herumführt. Jenseits der Linie findet
sich auf der Nordseite der B 3 lediglich Indu-
strie, die, wie die Siedlungsgebiete mit Ein-
und Mehrfamilienhäusern südlich des Reh-
bachs und nördlich der B 3 am Hetjershäu-
ser Weg, erst nach dem Zweiten Weltkrieg
entstand. Mit der Anlage dieser Neubauge-
biete lief parallel in den letzten Jahren die
Aufgabe vieler Betriebe, so daß sich das Dorf
zum „Wohnvorort” von Göttingen entwik-
kelt.
Allerdings hat dieser Prozeß noch nicht zur
Auflösung der historischen Parzellenstruk-
tur mit relativ langen parallelen Grundstük-
ken und zur Verlegung der alten Wege, an
denen sich die Höfe reihen, geführt; und so
läßt sich derSiedlungskern auch heute noch
ablesen. Erlag im Areal zwischen B 3, Bahnli-
nie und oberhalb des Rehbachs mit der Mar-
tinskirche und dem Friedhof etwa auf dem
höchsten Punkt im Westen. Den alten
Hauptweg bildete die St. Martini-Straße, von
der als Querstücke nach Norden und Süden
die heutige Straße Am alten Krug wegführte.
In diesem Kern, den noch vor 1784 die Höfe
auf der Nordseite der Dransfelder Straße
und jene südlich des Rehbachs erweiterten,
hat sich eindrucksvoll der historische „Mit-
telpunkt” erhalten: DieSt. Martini-Straße, die
sich als schmaler, unbebauter Weg um den
Friedhof zum Rehbach hinabzieht - heute
Tränkeweg -, weitet sich westlich der „Kreu-
zung” (St. Martini-Straße/Am alten Krug) zu
einem nach Westen ansteigenden, begrün-
ten „Anger” aus, den vor dem Kirchhof als
markanter Querriegel die zweistöckige
Fachwerkfassade der ehemaligen Schule
(St. Martini-Straße 25, erbaut im ersten Vier-
tel des 19. Jh.) abschließt. Diesen Angerbe-
reich begrenzen auf der Nord- und Südseite
im Wechsel giebel- und traufständige zwei-
stöckige bäuerliche Fachwerkwohnhäuser
unter Satteldach aus der 1. Hälfte des 19. Jh.

-mitteilweisejüngeren - Wirtschaftsanbau-
ten oder freistehenden Wirtschaftsgebäu-
den (Nr. 12 und Nr. 13, 17, 19, 21). Eine
bestimmte traditionelle Ausrichtung und ein
spezifischer Grundrißtyp der Hofanlagen
lassen sich nicht ausmachen; teilweise
ergibt sich eine streckhofähnliche, teilweise
eine hakenhofähnliche Form. Den Gebäu-
den blieben bisher einschneidende Ver-
änderungen erspart, allerdings versteckt
augenblicklich leider moderner Kunstoffbe-
hang einen Teil der Fachwerkfassaden.
Besonders gut stellen sich die folgenden,
zur Zeit noch nicht oder nur seitlich verklei-
deten Gebäude dar: Nr. 12 aus dem 1. Drittel
des 19. Jh. mit einer zwischen 1900 und 1918
angebauten Scheune, das Torhaus mit Stal-
lung vom Hof Nr. 19, der aus den Jahren zwi-
schen 1800 und 1840 stammt, und der
Streckhof Nr. 21, um 1850 entstanden.
An diesen Angerbereich schließt sich west-
lich der Kirchhof mit der Martinskirche an.
Diese ist ein 1838 reparierter und mit neuem
Dach und Traufgesims ausgestatteter ein-
facher Saal, der möglicherweise im Barock
unter Verwendung beträchtlicher Reste des
mittelalterlichen Vorgängerbaus errichtet

wurde. Über sein Alter lassen sich augen-
blicklich keinegenaueren Angaben machen.
Auffällig ist der breite, rechteckige Turm,
dessen Westseite noch im 19. Jh. ein spitz-
bogiges Fenster öffnete, und derfrühereine
polygonale Laterne mit Pyramide trug.
Eine der wenigen insgesamt erhaltenen
Hofanlagen in Groß-Ellershausen ist der
traufständig ausgerichtete Streckhof An der
Flöthe 6, der aus dem ersten Drittel des
19. Jh. stammt. An ihm kann man noch das
alte konstruktive Gerüst und die originale
Lehmstakung erkennen.
Vermutlich einen der reichsten Höfe finden
wir in der nicht mehr bewirtschafteten
Anlage Dransfelder Straße 17 vor, die den
Eingang ins Dorf und den nördlichen
Abschnitt der Straße Am alten Krug prägt.
Sie besteht aus einem zweistöckigen Fach-
werkwohnhaus unter Satteldach mit Halb-
walm, erbaut 1824, einer angeschlossenen,
1817 datierten Fachwerkscheune und einem
freistehenden, 1846 datierten Wirtschafts-
gebäude, das in seiner massiven Ausfüh-
rung in Tuff- und Sandstein und seiner
anspruchsvollen Form in derUmgebung von
Göttingen einmalig ist.

Groß-Ellershausen, An der Flöthe 6,
1. Drittel 19. Jh.


Groß-Ellershausen, Martinskirche


Groß-Ellershausen, St. Martini Straße nach Westen


113
 
Annotationen