Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Lufen, Peter Ferdinand [Oth.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0020
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
Kerbtälern und steilwandige oder klammförmige Talgründe, dazu Wasserrisse, Tilken
und Kolke. Die Böden bestehen aus rotbraunen Schichten des Unteren und Mittleren
Buntsandsteins. Der in den Niederungen weit verbreitete Löß sowie die Verwitterungs-
produkte des Löß’ bedingen die Fruchtbarkeit des Untereichsfeldes, das seit dem Mit-
telalter als „Goldene Mark“ bezeichnet wird.
Besiedlungsstruktur und Landschaftsbild waren seit dem Mittelalter vielfältigen Wand-
lungen unterworfen. Bis etwa 1200 gab es im südlichen Niedersachsen nahezu aus-
schließlich Siedlungen dörflichen Gepräges. Ihre Verteilung war relativ gleichmäßig und
nahezu flächendeckend, insbesondere in den fruchtbaren Talungen der Leine mit ihren
kleinen Seitenbächen und im Eichsfeld.
Im Zusammenhang mit der spätmittelalterlichen Bevölkerungs- und Agrarkrise fielen et-
wa zwei Drittel der mittelalterlichen Siedlungen wüst, die etwa mit Beginn der frühen
Neuzeit, seit etwa 1500, z.T. neu besiedelt wurden, wie auch die Verbreitungskarte
spätmittelalterlicher Wüstungen in Südniedersachsen veranschaulicht.
Geschichtliche Entwicklung und politische Gliederung
Zeugnisse früher Besiedlung haben sich in Gestalt markanter Felsdächer (Abris) erhal-
ten, die eine naturräumliche wie archäologische Besonderheit des südniedersächsi-
schen Berglandes darstellen und deren Nutzung vom Jungpaläolithikum bis zur späten
Bronzezeit und Eisenzeit reichte. Durch komplexe Verwitterungsvorgänge entstanden,
boten die vorkragenden Felsen mit z.T. geräumigem halbhöhlenartigem Innenraum über
Jahrtausende Menschen und Tieren Schutz und einfachste Wohnung.
Auf eine Besiedlung im Neolithikum und in der Bronzezeit deuten Scherbenfunde und
eine gut erhaltene Gruppe von 13 Grabhügeln auf der Kuppe des Kleinen Lohberges
westlich von Gieboldehausen hin. Unklar sind sowohl Zeitstellung, Grabaufbau und Be-
stattungsweise der nicht näherhin untersuchten Grabhügel.
Auch die urgeschichtlichen großräumigen (Flucht-)Burgen des südniedersächsischen
Berglandes aus der älteren vorrömischen Eisenzeit stellten für die Bevölkerung der um-
liegenden Siedlungsgebiete mitsamt ihrem Vieh vorübergehend wichtige Zufluchtsorte
dar. Mit den vier dicht beieinander liegenden Burgen dieses Typs (Wittenburg, Ratsburg
bei Reyerhausen, Hünstollen bei Holzerode, Lengderburg bei Klein Lengden) ist im Göt-
tinger Wald eine bemerkenswerte Gruppierung gegeben. Ihnen gemeinsam ist durch-
weg die Ausnutzung schwer zugänglicher Bergsporne, eine beträchtliche räumliche
Ausdehnung sowie ihr defensiver Charakter.
In diesem am weitesten nach Süden vorgeschobenen Teil des Stammesherzogtums
Sachsen zeichnete sich als wohl bedeutendste Siedlungsleitlinie der breite Leinetalgra-
ben mit seinen ertragreichen und fruchtbaren Lößböden ab. Die hier gegründeten Sied-
lungen mit den Altnamen auf „aha, ingi, ithi, lari, mari“ etc. deuten auf ein hohes Alter hin
und sind bereits in der ersten Landnahmezeit vor dem 6.Jh. entstanden. Als weitere
Leitlinie muß die am Westrand des Harzes verlaufende „Thüringer-“ oder „Nürnberger
Heerstraße“ angesehen werden, die als Handels- und Verkehrsroute insbesondere für
Duderstadt seit dem Mittelalter von großer Bedeutung war.
Ein von jeher begünstigter Naturraum ist der inmitten einer beckenartigen, fruchtbaren
Lößlandschaft gelegene Seeburger See, als Teil der ehemaligen Drei-Seen-Platte, an
dessen Ostufer seit dem Frühneolithikum eine relativ dichte bäuerliche Besiedlung nach-
gewiesen werden konnte. Dies führte zu einer frühmittelalterlichen Kernsiedlungsland-
schaft am Ostufer des Seeburger Sees bei Bernshausen. Urkundlich erwähnt wird die
Curtis von Bernshausen, ein Haupthof des sächsischen Hochadels (Immedinger), in ei-
ner Kaiserurkunde Heinrich II. aus dem Jahre 1013. Neben dem immedingischen Haupt-
hof (Curtis) mit der beigeordneten Fluchtburg konnten durch die Kreisdenkmalpflege die
Nachfolgeanlagen des 12. bis 14.Jh. - Niederungsburg (Motte), Landgerichtsplatz,
Dorfbefestigung und zentraler Kirchplatz - archäologisch untersucht werden.
Über 30 Jahre, von 772 bis 804, dauerten die kriegerischen Auseinandersetzungen zwi-
schen Franken und Sachsen, die mit der Unterwerfung, Eingliederung und Christianisie-
rung der Sachsen endete. Unter Wahrung ihres Stammesrechts (Lex Saxorum) nahmen
die Sachsen insgesamt eine gewisse Sonderstellung ein, da auch die sächsische Gau-
einteilung im wesentlichen übernommen wurde.
Das Kreisgebiet gehörte zum „Leinegau“ (Pagus Lachni, Lacni, Logne), das im Süden
und Südwesten über die Berge des Leinetals bis an die untere Werra und an die Weser
im Norden bis an die Leineenge nördlich von Nörten reichte; im Osten schloß es den
Göttinger Wald, den Pleßforst und den Reinhäuser Wald mit ein. Es reichte im Süden

18
 
Annotationen