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Lufen, Peter Ferdinand [Bearb.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0022
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tung sehr unterschiedlich waren (Friedland, Harste, Ober- und Untergericht Münden, Al-
ten- und Neuengleichen, Radolfshausen, Reinhausen, Brackenberg, Niedeck etc.).
Ein gewisses Maß an Selbständigkeit bewahrten sich indes die Patrimonialgerichte, die
einflußreichen Adelsfamilien unterstanden. Hierzu gehörten die Adligen Gerichte Ade-
lebsen, Geismar, Jühnde, Löwenhagen, Niedergandern und Waake. Viele dieser Ämter
wurden durch die häufige Geldnot der Landesherren verpfändet. So verkauften die Her-
ren von Uslar der Linie Neuengleichen ihr Erbe 1451 an den Landgrafen Ludwig I. von
Hessen, so daß dieses Gebiet für Jahrhunderte unter auswärtige Landeshoheit geriet.
Die welfischen Herzöge verpfändeten ihren Duderstädter Besitz zwischen 1334 und
1366 schrittweise an den Erzbischof von Mainz, der sein Territorium um Heiligenstadt
planvoll ausbaute und nach Norden ausdehnte. Neben Duderstadt gingen auch Giebol-
dehausen und das dazugehörige Bernshausen sowie später Lindau verloren. So wurde
die Mark Duderstadt zum Bestandteil des mainzischen Fürstentums Eichsfeld und
wuchs in fast fünf Jahrhunderten mit diesem in Kultur und Brauchtum zusammen.
Etwa seit dem 13.Jh. traten neben die sich um die Burgen gruppierenden Ämter die
Städte als wichtige neue Machtfaktoren hinzu, deren Unabhängigkeit von der Landherr-
schaft sich insbesondere auf ihren wirtschaftlichen Aufschwung stützte. Städtebündnis-
se, allem voran die Hanse, trugen einst wesentlich zur wirtschaftlichen Entwicklung der
Stadt bei. Eine überregionale Rolle spielte die Stadt Göttingen, die von 1351-1572 Mit-
glied der Hanse war. Ihre Lage an zwei sich kreuzenden Handelsstraßen begünstigte
den Fernhandel, so daß Göttingen im 14. und 15.Jh. eine wichtige Mittlerrolle zwischen
den Märkten Oberdeutschlands und dem hansischen Wirtschaftsraum einnahm. Ge-
schätzt waren vor allem die qualitätvollen Tuche, die weithin exportiert wurden.
Zu den vielfältigen Handelsgütern der erstmals 1183 urkundlich erwähnten Stadt Mün-
den, deren Bedeutung in erster Linie auf den regen Schiffsverkehr auf Werra und Weser
zurückzuführen war, zählten u.a. Getreide und Salz, Flachs, Leinen und Wolle, Glas und
Töpferwaren, Metall und Erz.
Als Zentrum des Untereichsfeldes muß das erstmals 927 als „tutersteti“ bezeugte Du-
derstadt genannt werden, dessen stadträumliche Entwicklung u.a. durch die verkehrs-
geographisch bevorzugte Lage beeinflußt wurde. Im Schutz des königlichen Hofes, der
offenbar im westlichen Teil der heutigen Stadt in unmittelbarer Nähe der Unterkirche St.
Servatius gegründet worden war, entstand im 9./10.Jh. im Ostteil des heutigen Altstadt-
kerns im Bereich der Oberkirche St. Cyriakus eine Siedlung der Kaufleute und Hand-
werker. Aus diesen beiden Siedlungskernen entwickelte sich in der Folgezeit die „Stadt“
Duderstadt, die noch 1236 in den Schriftquellen als „villa“ bezeichnet wird. Im Jahre
1247 war das Gefüge der beiden Siedlungskerne so eng, daß wir von einer „städtischen
Gemeinde“ zwar sprechen können, obgleich die „civitas“ Duderstadt erst für das Jahr
1257 erstmals urkundlich gesichert ist. Seine Lage zwischen hessischen, thüringischen,
sächsischen und braunschweigischen Territorien, die sich früh dem Protestantismus öff-
neten, begünstigte das Eindringen der Reformation in das Eichsfeld. Zu einem Stütz-
punkt des Protestantismus entwickelte sich Duderstadt, obgleich die Stadt bis nach der
Jahrhundertmitte offiziell katholisch blieb. Im Zuge der Visitation durch Erzbischof Daniel
Brendel von Hornburg wurden erste Maßnahmen zur Restauration des Katholizismus im
Eichsfeld eingeleitet.
Die Auswirkungen des Dreißigjährigen Krieges, die die Städte und Dörfer gleichermaßen
trafen, waren durch eine allgemeine Verarmung, den Rückgang der Bevölkerung und
das Wüstwerden vieler Häuser und Höfe noch bis zum Ende des 17.Jh. spürbar. Zei-
chen der Erholung waren in der Zeit des Merkantilismus u.a. das Entstehen zahlreicher
Tuchmanufakturen in Göttingen und der von Hanstein gegründeten Fayencemanufaktur
in Münden. Ein bedeutendes geistiges Zentrum schuf sich das mit Großbritannien in
Personalunion verbundene Kurfürstentum Hannover durch die Gründung der Landes-
universität Georgia Augusta 1733 - der ersten „modernen“ deutschen Universität. Der
Siebenjährige Krieg brache erneut schwere Belastungen, von denen man sich nur all-
mählich erholte.
Nachdem die Gebiete des heutigen Kreises Göttingen zusammen mit dem übrigen Kur-
fürstentum Hannover vorübergehend unter französischer Verwaltung gestanden hatten,
wurden sie 1807 dem neu geschaffenen Königreich Westphalen zugeteilt. Mit Ein-
führung der französischen Verwaltung entstanden hier das Harz- und Leinedepartment
und deren Unterteilungen in Distrikte und Kantone. Zudem wurden sämtliche Patrimoni-
algerichte aufgelöst. Auf dem Wiener Kongreß 1815 trat Preußen das Untereichsfeld an
Hannover ab. Zudem fielen diesem die hessischen Gebietsteile Herrschaft Plesse und
Amt Neuengleichen zu. 1822 wurde die neue Landeseinteilung in sechs Landdrosteien
geschaffen und 1823 eine Amtsordnung erlassen, die die Verwaltung und Obliegenhei-
ten der Ämter regelte.
Als Folge des preußisch-österreichischen Krieges von 1866 verlor Hannover seine Sou-

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