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Lufen, Peter Ferdinand [Bearb.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0023
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veränität und wurde preußische Provinz. Zwischen 1880 und 1885 änderte die preußi-
sche Regierung das Verwaltungssystem in der Provinz Hannover durch Umwandlung
der Landdrosteien in sechs Regierungsbezirke und Einführung der preußischen Kreisre-
form mit Schaffung der Kreise Göttingen, Münden und Duderstadt. Am 20.11.1972 be-
schloß der Niedersächsische Landtag das „Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden
im Raum Göttingen“ und legte das Fundament für den Großkreis Göttingen. Die bislang
139 selbständigen Gemeinden wurden zu zwölf neuen Verwaltungseinheiten zusam-
mengefaßt und die einstigen Altkreise Duderstadt, Göttingen und Münden mit Wirkung
vom 1.1.1973 zum Landkreis Göttingen vereinigt. Der flächenmäßig größte Kreis, der
Altkreis Göttingen, bestand aus den Ämtern Göttingen und Reinhausen, der ehemalige
Kreis Münden aus dem Amt Münden, der Stadt Münden und der bislang zum Amt
Reinhausen gehörenden Gemeinde Meensen und dem Gutsbezirk Ellerode, während
der Altkreis Duderstadt aus den Ämtern Duderstadt, Gieboldehausen und Lindau her-
vorgegangen ist. Außer den drei Altkreisen wurden die bislang zum Nachbarkreis Nort-
heim gehörende Gemeinde Adelebsen mit sechs Ortsteilen und die Orte Wollershausen
und Lütgenhausen, die dem Landkreis Osterode angehörten, eingegliedert. Im Jahre
1974 erhielt der Landkreis Northeim die bisher dem Landkreis Göttingen zugehörigen
Gemeinden Angerstein, Gladebeck und Parensen zuerkannt.
Nach der Annexion Hannovers 1866 wurde die Binnengrenze im Eichsfeld zur Verwal-
tungsgrenze zwischen den preußischen Provinzen Hannover und Sachsen. Diese Ver-
waltungsgrenze wurde nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 zur Demarkati-
onslinie zwischen der sowjetischen und der englischen Zone, schließlich nach der Grün-
dung der beiden deutschen Staaten 1949 auch zur Grenze zwischen zwei
Weltsystemen. Durch den Verlust des Hinterlandes nach der Grenzziehung galt der
Kreis Duderstadt in den fünfziger Jahren als wirtschaftliches Notstandsgebiet.
Nach der Wende 1989 wurde im Eichsfeld die Grenze durch wiedereröffnete Übergänge
durchlässig. Seit 1990 trennt diese Grenze zwei Bundesländer.

Siedlungsformen
Einfluß auf Siedlungsgenese und Siedlungsverteilung nahmen die topographischen Vor-
aussetzungen wie Höhenrücken, Landschaftspforten, Flußläufen, Seen und Bodenbe-
schaffenheit, die in Verbindung mit der Anlage und Ausrichtung der alten Heer- und
Handelsstraßen den Landschaftsraum in mehrere, nicht festgefügte Kompartimente un-
terteilen. Wie die naturräumliche Gliederung so war auch die Siedlungsverteilung im
Laufe der Jahrhunderte vielfältigen Wandlungen unterworfen und unterschieden sich
grundlegend von den heutigen Erscheinungsformen. Nach der Untersuchung von H.-G.
Stephan zum mittelalterlichen ländlichen Siedlungswesen war die Verteilung der Sied-
lungen im Göttinger Raum „relativ gleichmäßig und nahezu flächendeckend, insbeson-
dere in den fruchtbaren Talungen der Leine mit ihren Seitenbächen und im Eichsfeld“.
Bis um etwa 1200 bestimmten nahezu ausschließlich dörflich geprägte Siedlungen das
südliche Niedersachsen, deren innere Struktur und Größe erheblich variierte. Vorherr-
schend waren kleinteilige, an naturräumlichen Leitlinien orientierte Gruppensiedlungen
mit durchschnittlich sechs bis acht Hofstellen, die, wie Untersuchungen ergaben, sich
locker um eine Kirche gruppierten und die sich im hohen und späten Mittelalter zumeist
zu Haufendörfern entwickelten. Darüber hinaus entstanden auch größere, in Gliederung
und Aufbau häufig kompliziertere Siedlungsgebilde, die mitunter 15-30 Gehöfte umfaß-
ten.
Als frühes nicht überbautes aussagekräftiges Beispiel kann die mittelalterliche Dorfwü-
stung Drudewenshusen bei Landolfshausen angeführt werden. Die erste urkundliche Er-
wähnung des 1431 wüstgefallenen Dorfes an der Suhle erfolgte 1279. Archäologische
Untersuchungen in den letzten Jahren konnten den Nachweis erbringen, daß der Ort im
Zeitraum seiner stärksten Besiedlung im 12./13.Jh. aus etwa zehn bis 15 Höfen be-
stand. Bislang noch nicht ergraben wurde die eigentliche Siedlung im Westen. Belege
deuten auf einen „befestigten“ Kirchhof hin, wie er auch in Südniedersachsen verbreitet
war.
Einschneidende Veränderungen des Siedlungswesens bewirkte der Ende des 13.Jh.
einsetzende Wüstungsprozeß, der in der 1. Hälfte des 14.Jh. einen deutlichen Höhe-
punkt erreichte und sich bis ins frühe 15.Jh. fortsetzte. Die Ursachen für das Wüstfallen
von Siedlungsplätzen sind vielschichtig und sehr komplex. Bevölkerungs- und Agrarkri-
sen und die mitunter damit verknüpften Hungersnöte, Mißernten, Seuchen, Klimaverän.-
derungen, Fehlsiedlungen, Fehdewesen, Abmeierung etc. führten im späten Mittelalter

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