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Lufen, Peter Ferdinand [Bearb.]
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 5,3): Landkreis Göttingen, Teil 2: Altkreis Duderstadt mit den Gemeinden Friedland und Gleichen und den Samtgemeinden Gieboldehausen und Radolfshausen — Hameln: Verlag CW Niemeyer, 1997

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https://doi.org/10.11588/diglit.44173#0024
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zur Aufgabe zahlreicher Siedlungsplätze, wie auch die von C. Denecke veröffentlichte
Verbreitungskarte der Wüstungen im südlichen Niedersachsen veranschaulicht. Das
Verbreitungsmuster der Wüstungen gibt gleichwohl zu erkennen, „daß um Städte,
Flecken und einzelne Dörfer oft alle zunächst benachbarten Siedlungen wüstgefallen
und die zugehörigen Gemarkungen eingemeindet worden sind“. Erst mit Beginn der
frühen Neuzeit wurden einige Wüstungen wieder neu besiedelt (temporäre Wüstungen)
und ihre Fluren nach Rodung des aufkommenden Waldes wieder bebaut. Folglich läßt
sich die Struktur der modernen Siedlungslandschaft insgesamt gesehen auf mittelalterli-
che Grundlagen zurückführen.
Aufgeteilt war der Siedlungsraum vor den Agrarreformen in drei Landschafts- und Wirt-
schaftselemente: Dorf, Feldmark und Gemeinheit (Mark), die etwa ringförmig umeinan-
der lagen und sich im Laufe der Zeit immer stärker ausdehnten. Den eigentlichen Kern
bildete das Dorf mit den Hausstellen, Hofplätzen und dorfnahen Feldgärten (Kohlhöfen)
sowie den angrenzenden Wiesen und Weiden (Gras- und Wischhöfen). Zahlreiche Dör-
fer hatten sich bis zur Mitte des 18.Jh. in Abhängigkeit von Größe und Güte des acker-
fähigen Bodens, aber auch in Abhängigkeit von außerlandwirtschaftlichen Erwerbsmög-
lichkeiten verdichtet und erweitert.
Einfluß auf Gestaltung und Entwicklung des Dorfes mit seinen Haus- und Hofformen
nahm vor allem die seit dem Mittelalter im Eichsfeld beibehaltene Realteilung, die zu ei-
ner Flurzersplitterung führte und eine Verringerung der landwirtschaftlichen Betriebs-
größen bewirkte - ein Prozeß, der in keiner anderen niedersächsischen Landschaft je-
mals auftrat. Als Beispiel kann die Flur von Werxhausen dienen, die schon im Jahre
1746 in 1560 Parzellen aufgeteilt war, die auf 115 Stelleninhaber entfielen. Die aus der
Flurzersplitterung resultierenden geringen Hofgrößen führten häufig zur Aufgabe des
landwirtschaftlichen Betriebes bzw. zur Annahme von Neben- oder Zuerwerb. Die Folge
waren Auswanderungen und Wanderarbeit, wobei im Eichsfeld vor allem das Problem
der Wanderarbeit seit der Mitte des 19. bis ins frühe 20.Jh. zum Tragen kam.
Neben den topographischen Voraussetzungen und der Gliederung und Ausdehnung
des Straßen- und Wegenetzes nehmen Einfluß auf die dörfliche Siedlungsform Parzel-
lengröße und -zuschnitt, die Dichte der straßenraumeinfassenden Bebauung, die
Größe, Art und Beschaffenheit der Gehöfte, die Schaffung und Einbindung von Platzan-
lagen - dem umfriedeten, baumbestandenen Tie kommt hier eine herausragende orts-
bildbestimmende Bedeutung zu - sowie die Lage der Kirche im Dorfganzen, die weithin
sichtbar in den Landschaftsraum hineinwirkt. Eng verknüpft mit der Ortsform ist die
dorfumschließende Flur, die ihr Gepräge durch die Landschaft und ihre wirtschaftliche
Nutzung erhält.
Aufgrund ihrer topographischen Einbindung im Landschaftsraum lassen sich die Sied-
lungen in Talsiedlungen und Talhangsiedlungen unterscheiden, die, bedingt durch ihre
flächenmäßige Ausdehnung im Raum und ihre Grundrißdisposition in unregelmäßig ge-

Bremke, Ortslage, 1804, Hauptstaatsarchiv Hannover 21 d/9K


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