Das heute als Polizei genutzte Bankgebäude in der Grimsehlstraße, Kellmann, April 2014
nische Prunkbau, der Straße einen urbanen Ak-
zent zu verleihen. Aufgrund des vollständig feh-
lenden städtebaulichen Umfeldes wurde der Bau
mit dem übergiebelten und von polygonalen Tür-
men flankierten Hauptportal diagonal auf die Stra-
ßenecke bezogen. Die gegenüberliegende Freiflä-
che mit Gartengrundstücken wurde 1913 in eine
Parkanlage umgestaltet und von August Stuken-
brok der Stadt übereignet. Die Grünanlage bildet
seitdem ein adäquates Vorfeld zum Repräsenta-
Der Aussichtsturm im Stadtwald kurz nach Fertigstel-
lung um 1900, StAE
tionsbau des Postamtes. Das 1910/11 errichtete,
historistische Postgebäude mit einem hohen
Dachreiter mit Außengalerie über dem Mittelrisalit,
flankiert von gedrungenen Ecktürmen mit Hau-
bendächern in geschweifter Kontur, ist heute nur
stark verändert überliefert. Der komplette Fenster-
bestand, die historische Material- und Putzfarbig-
keit, die Dachhäuschen, die Kupferbleche der
Turmdächer, das kaiserliche Wappenschild über
dem Hauptportal und weitere dekorative Detail-
formen wurden ersatzlos entfernt oder in abge-
wandelter Form nicht denkmalgerecht erneuert.
Als besonders beeinträchtigend erweist sich der
Abbruch der großen Außentreppe mit der Balust-
rade, die um 1970 durch einen modernen Porti-
kus aus Stahlbeton ersetzt wurde. Die Denkmal-
eigenschaft ist heute daher weitgehend auf die rein
städtebauliche Bedeutung der Fassaden reduziert.
Die ehemalige Reichsbank,
Grimsehlstraße 1 (heute Polizei)
Der Ausbau und noch zögerlicher die Bebauung
der Grimsehlstraße setzte in den späten achtziger
Jahren des 19. Jahrhunderts ein. Die Straße wur-
de als eine von zwei neuen Erschließungsstraßen
benötigt, die vom Möncheplatz nach Osten in die
ersten Stadterweiterungsgebiete führen. Als im
Jahr 1911 über dem alten Stadtgraben der Neu-
bau für die Reichsbank, Grimsehlstraße 1, errich-
tet wurde, gab man die historische Mauergasse in
Verlängerung der Kanalstraße auf und überbaute
sie. Erst 1909/10 wurden die beiden kleinen ehe-
maligen Hirtenhäuser an der Ecke zum Mönche-
platz, heute Grimsehlstraße 1 a, abgebrochen.
Obschon wesentlich moderner in neobieder-
meierlichen Formen, fügt sich der Neubau mit
Walmdach und einem übergiebelten Mittelrisalit in
die historistische Villenbebauung der Zeit zwischen
1890 und 1905 ein. Der ockerfarbene Sandstein
des Sockels wiederholt sich allein in den einge-
stellten Balustraden der Brüstungsfelder zu den
Fensterbahnen im Erdgeschoss. Die beiden Voll-
geschosse und das Giebelfeld zum Mittelrisalit sind
verputzt. Die hohe Erdgeschosszone ist optisch
bis zum Sohlbankgesims im Obergeschoss
gestreckt. Der historische Fensterbestand der
Erbauungszeit mit kleinteilig versprossten Kreuz-
stockfenstern und Kastenfenstern ist erhalten. Der
dezente plastische Bauschmuck mit Fruchtscha-
len überden Fenstern zum Mittelrisalit setzt sich im
Erdgeschoss mit Wand- und Deckenstukaturen
fort. Die Erschließung erfolgt über eine neoklassi-
zistische Haustür mit kunstvoll vergitterten Glas-
füllungen. Parkettfußböden im Erdgeschoss run-
den das Bild einer durchweg gediegenen Aus-
stattung aus der beginnenden Moderne ab. Seit
der Umnutzung als Polizeigebäude dient der ehe-
malige Tresor als Arrestzelle.
Das ehern. Landratsamt an der Dr.-Fried-
rich-Uhde-Straße (beschrieben im Haus-
stellen-Katalog unter Dr.-Friedrich-Uhde-
Straße 1-3)
Der Aussichtsturm im Stadtwald
Innerhalb der Einbecker Stadtforst ca. 1,5 km
westlich von Negenborn und 2,4 km nordöstlich
vom Ostertor, zwischen den Teichen und dem
Altendorfer Berg, steht als ehemaliger Aussichts-
turm der 1898 erbaute Kaiser-Friedrich-Turm. Der
schlanke, hohe Turm auf rund 280 m ü.N.N. wur-
de in historisierenden Formen im Typus einer Späh-
warte errichtet. Ein Inschriftenstein im Unterbau an
der Südseite ist heute schwer leserlich auf den Tag
der Grundsteinlegung am „8. October 1898“
datiert, dem Geburtstag des Geehrten. Der nach
Plänen von Kreisbaudirektor Friede aus Grünberg
bis 1900 in Kalkbruchstein über einer rechtecki-
gen Grundfläche errichtete Turm wird über eine
zweiläufige Außentreppe mit Zwischenpodesten
im ersten Obergeschoss erschlossen. Auf 2/3 sei-
ner Höhe erfolgt eine Abstufung mit einer
Zwischenplattform. Der sich anschließende obere
Teil ist als Aussichtskanzel mit einer Abrundung
nach Westen ausgerichtet. Zwischenplattform und
Aussichtskanzel kragen über Konsolsteinen vor.
Der Aussichtsturm lag einst in fußläufiger Entfer-
nung zu den Einbecker Ausflugslokalen zwischen
der Hube und dem Altendorfer Berg. Die feierliche
Einweihung erfolgte am 18. Oktober 1900.
Literatur: Gerdes, Susanne: Juden in Einbeck im
19. Jahrhundert. In: Bertram, u.a., S. 17-72, Der
Bau des Einbecker Aussichtsturms, S. 61-63.
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