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Kellmann, Thomas
Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland: Baudenkmale in Niedersachsen (Band 7,3): Stadt Einbeck — Petersberg: Michael Imhof Verlag, 2017

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https://doi.org/10.11588/diglit.65609#0558
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Ausschnitt aus der Flurkarte von Koven 1747, Blatt 17, mit dem Nachtrag der Ziegelei von 1827 südlich der
Urne, StAE

1900 mit der Herstellung von speziellen hitzebe-
ständigen Klinkern für die „russischen Rohre“, die
überall in der Stadt die besteigbaren Rauchzüge
aus ungebrannten Lehmsteinen ersetzten. Die
Ziegelei von Lentze an der Hannoverschen Stra-
ße wurde nach einem Brand 1914 durch den ört-
lichen Maurermeister Wilhelm Suthoff noch bis
nach 1955 betrieben. Suthoff hatte vor dem Hul-
lerser Tor bereits eine Zementwaren-Fabrik ge-
gründet.
Zu den frühen industriellen Betrieben gehörten die
beiden Brauereien: die 1843 gegründete städti-
sche Brauerei innerhalb der Stadtmauern und der
1871 gegründete private Konkurrenzbetrieb, die
Dampfbrauerei Domeier & Boden, im südwest-
lichen Außenbereich der Stadt am Mühlengraben

unweit der Walkemühle. Von Domeier & Boden ist
am Walkemühlenweg allein die ehemalige Direk-
toren-Villa des privaten Eigners erhalten. Die bei-
den selbstständigen Brauereien wurden 1922 mit
Konzentration am heutigen Standort innerhalb der
Einbecker Brauhaus AG fusioniert (vgl. Rapen-
straße 4). Das ehemalige Werksgelände am Wal-
kemühlenweg bildet heute eine Industriebrache.
Mit der Ablösung der Herrenrechte und der Ver-
koppelung der landwirtschaftlichen Nutzflächen
konnten die landwirtschaftlichen Betriebe ab der
Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals als Landwir-
te im heutigen Verständnis selbstständig wirt-
schaften. Dies führte 1857, lange vor Gründung
der Kornhaus-Genossenschaft von 1897, zum
Bau einer der ersten Zuckerrübenfabriken im

Königreich Hannover zeitgleich mit Gehrden und
noch deutlich vor Nordstemmen (1867). Die in
Kalkbruchstein erbaute Fabrik siedelte sich auf-
grund des hohen Platzbedarfes als erster Indus-
triebetrieb außerhalb der Stadttore an der Alten-
dorfer Chaussee (heute Altendorfer Tor 14) an. Die
bereits 1931 stillgelegte Zuckerrübenfabrik wur-
de 1979 abgebrochen.
Die kapitalintensive maschinelle Ausweitung der
Produktion an neuen Standorten außerhalb der
historischen Stadtmauern wurde nur von einem
Teil der Einbecker Handwerksbetriebe verfolgt.
Der am Marktplatz 20 ansässige, international
bekannte Tapetenhersteller Carl Friedrich Ludwig
Herting (1803-1879) scheiterte nicht zuletzt an der
hohen Qualität seiner im Handdruckverfahren her-
gestellten Tapeten. Nach dem Konkurs 1878 führ-
te Adolph Pepper (1846-1916) aus Hannover den
Betrieb zunächst weiter. Wirklich erfolgreich waren
die Tapeten Produzenten wie der Einbecker Wil-
helm Rohmeyer, der für seinen Betrieb am Mön-
cheplatz frühzeitig moderne Rotationsdruckma-
schinen anschaffte. In Verbindung mit Fritz Peine
entstand ab 1889 die erste Tapetenfabrik in der
Bismarckstraße 2 über dem verfüllten äußeren
Wallgraben, die bis 1987 am alten Standort pro-
duzierte. Ebenso erfolgreich verlief die Entwick-
lung des Konkurrenzunternehmens „Deutsch-
land“, das seinen Standort seit 1906 am Krummen
Wasser vor dem TiedexerTor hatte. Auch hier sind
die zwischenzeitlich erneuerten, bis Juli 1995
genutzten Produktionsgebäude erhalten geblie-
ben. Die vielen mit den Brauereien, Druckereien
und Webereien verbundenen Zulieferbetriebe wie
die Formstechereien für die Tapeten- und Blau-
druckproduktion konnten teilweise an ihren
Standorten innerhalb der Stadtmauern festhalten.
Den Sprung in die industrielle Fertigung schafften
nur wenige der Einbecker Handwerksbetriebe mit
anhaltendem Erfolg. Eduard Oppermann, der seit
1848 als Knopfmacher und Posamentierer Pro-
duktion, Verkauf und Wohnen wie üblich unter


Die Ziegelei von 1827 kurz vor dem Abbruch, Hainski, 1972


Die Zuckerrübenfabrik vor dem Altendorfer Tor, 1857 bis 1979, Hainski, 1976

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