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Mitmenschen kräftiger» Schlages. Was von der Lust tränme-
rischer Beschaulichkeit und sinniger Einkehr in sich selbst, von
dein Frendenschauer der Einsamkeit im Volksherzen heimlich
wohnt, das Behagen an der Freiheit und am Frieden des
Waldes, uralte Erinnerungen an die Wiegenlieder im klas-
sischen Eichenwald, der Zug der Mutter Natur und dabei
noch das freudige Bewußtsein des Sichselbstgenügens und
Wenigbedürfens, eine schlichte Frömmigkeit, die Gott zu lieb
I unter Entbehrungen heilige Stelle» hütet, nicht zu vergessen;
> — das Alles zusammen gibt den innersten geistigen Kern
des Einsiegcls, über ivelchen indessen viel gute, heitere, oft
derbe Leiblichkeit und obendrein eine grobe Kutte gelegt ist
als sicht- und greifbare Schaale. Gerade diese aber ist's, die
ihn rettet vor der Entfremdung und Vereinsamung unter den
Mensche» und ihn zu einem absonderlichen, aber wohlgelittenen
Geschöpfe macht, wie es etwa die Unoser oolitaria, *) ist
unter den Stnbenvögeln. An den freundlichsten Stellen hat
er seine Wohnstätte, da wo man gern znspricht, um sich an
Gottes Welt zu freuen, lvo man iveit ansblickt vom Berge
in leuchtende Thäler, wo der Bnchlvald einen lauschigen
Wiesemvinkel verbirgt oder die Schatten der Tannenhalde
über einem Brünnlein lagern. Allen Pilgern ein liebes Ziel,
schann sie das Dach seiner Klause, lassen sich locken vom Glocken-
ruf seines Thiirmleins. Er ziert ihnen das kleine Heilig-
thnm, den Altar mit dem Gnadenbild und spricht ihnen die
Gebete vor — und hat er das Geschick, so greift er dem
, Pfarrer in's Handwerk, kanzelt die Erwachsenen ab und hält
Christenlehr mit den Kindern. Er hat Bänke vor der Thüre
zuui Rasten, eine Stube zur Einkehr beim Unwetter. Ver-
kauft er geweihte Kerzen und Bildchen, so gibt er wohl auch
um Geld und gute.Wort einen Schluck Bier aus kühlem
Keller und trinkt selbst eine Maas zur Gesellschaft mit. Der
eine bäckt auch vorzügliche Kücheln und der andere zieht die
schönsten Chinesernelken und Ewigkeilsblümeln. Der Einsiegl
ist ein Doktor für Vieh und Menschen, kocht das Lebens-
tränklein und die Wurmsalbe — manchmal flickt er alte
Schuh und Stiefel, daß sie besser als neue Vorhalten, und
wenn er keinen Herrgott schnitzen kann, so ist er doch ein
ivackrer Tuifelemaler, der seine Armenseelen im Fcgfeuer recht
warm auf das bestellte Marterl malt. Ihm giebt man gern,
wenn er mit dem Grätzlein in der Hand sammeln kömmt in's
Dorf herab — oben zahlt er's heim mit einem Vaterunser
oder einem Pater aus Waldbeeren gefaßt, mit einem Trunk
Wasser oder einem Geschirr voll Ameiseneier, für den Vogel
der Kinder. Und — er macht nicht allezeit ein andächtiges
Gesicht, der Einsiedl; — er scherzt und knttert mit der Sennerin,
die von der Alm das Schmalz herabträgt und bei ihm eine
Weile die Kracksen abstellt; — er spricht von dem, was jede
Bänrin gern hört und jeder Bauer versteht, und wenn die
Holzer ober ihm in der Risse aufmerken, so hören sie ihn
oft genug ein Weislein pfeifen oder ei» Schmalzliedl an-
stiminen beim Rübenschälen.

Siehe — so beschaffen waren die Einsiedler, wie sie bei-

*) Der einsame Waldspatz, Blauspatz.

läufig zu Großvaters Zeiten da und dort ihre Hütten und
Häuslein hatten im Ober- und Unterland z' Bayern im Gebirg !
zumal, im Tirol. Such' nur ihre Klausen ans, etwa die an
der Schwarzlacken ob Nnßdorf am Inn und jene ans der hohen
Salve, die vom Birkenstein, die im Gnadenwald, bis herein
zur laubverborgenen Zelle in der Rais, unweit der Gränze
deutscher Gemüthlichkeit. Du wirst verstehen, ivarum sich dort
solche Gesellen niederließcn und wie sie dem Volk werth werden
konnten. Das sind die Einsiedl, >vie sie in den Kindermärchen
mitspielcn, von denen der Bolksivitz körnige Geschichten er-
zählt und sie verewigt in Liedern, wie jenes treffliche vom

„Oa'nsiegl vom Zwieselberg"
und jenes unvergleichliche vom

„Oa'nsiegl von Bog'n.

Zu dieser fröhlich-frommen Spielart der geistlichen Menschen-
gattung gehörte auch der „Einsiedl an der Brettfall" —
der einzigschönen Klausur an der Schwelle des Zillerthales.
Hat ein Wandersmann in der Gegend nach einer Stelle ver-
langt, wo er sich einmal recht satt sehen könne an aller Schön-
heit des Gebirges, so hat man ihn ohne weiters hinaufgeschickt
zu dem Orte, von dem ivir reden und liest er dies Geschicht-
lein, so rühmt er mit uns die Pracht und Herrlichkeit ihres
Schauplatzes. Ist einer sonst in's Zillerthal hineingegangen,

Der Einsiedl an der Brettfall.

j
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Einsiedl an der Brettfall"
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Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

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Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Karikatur
Einsiedler <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

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Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 289, S. 2
 
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