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i ihrer Tochter Nothburga ihre Andacht verrichtet und ihn dann
heimgesucht, — wirklich dieses Herzklopfen unter der Kutte
spürte, nachdem er etwa eine Viertelstunde den Frauen gegen»
übergesessen und ein paar Gläschen von dem Cypro genossen
hatte, den ihm die Wittwe als Medizin so eben verehrte? —
Erst meinte er es sei Einbildung und ließ sich nicht beirren in
seinem Gespräche mit den frommen Spenderinnen des Labsals,
ja, er nahm sich vor, sie ruhig im Auge zu behalten, aber ge-
rade letzteres schien das Uebel zu steigern. Wenn die Wittwe
eS ihm freundlichen BlickeS „zur Gesundheit" zubrachte, mochte
er'S noch eher ertragm, schaute ihm aber die Tochter in ihrer
siebzehnjährigen Unschuld so geradenwegs ein bischen andächtig
und ein bischen schelmisch in's Gesicht, da hämmerte eS Schlag
auf Schlag unter den Rippen und ein Gluthstrom ging ihm
vom Herzen zum Kopf und hinaus bis in die Fingerspitzen —
ein unbegreifliches, — doch gerade nicht unangenehmes Gefühl.

Der wälsche Wein mußte die Schuld haben, — aber siehe
da, auch ohne Cypro meldete sich das Uebel zeitweise, wenn
Frauen oder Mädchen eines gewissen Alters und von gewissem,
gerade nicht abstoßendem Aeussern sich mit ihm länger zu be-
schäftigen hatten, und unfehlbar stellte der Herzklopfer sich ein,
so oft die Birnbaumerin und ihr „Burgal" oder auch letzteres
i nur allein in seiner grünen Einsamkeit erschienen. Nach eini-
gm harten Anfällen hatte er indessen wahrgenommen, daß diese
an Heftigkeit verlören, je länger und öfter er mit den Ursachen
des Uebels verkehre, daher er sich muthig auftaffte und der
. Gefahr Stand hielt. Er ließ seine bisherige Scheue einige
Schritte zurücktreten und verkehrte harmlos mit den Andächti-
! gen aus dem jenseitigen Geschlechte. Wenn er das Burgal
den Berg hinabbegleitete, wich das Pochen sogar gänzlich und
er konnte ihr gefahrlos die Hand bieten, die sie kindlichst küßte.
Bet ein paar Besuchen, die er der Bäuerin dankschuldigst ab-
stattele, war die Krankheit vollkommen gebrochen, — ja eher
spürte er noch einige Nachwehen, wenn er längere Zeit seine
beiden besorgtesten, geistlichen Pflegerinnen nicht zu sehen bekam.

Von seinem sonderbaren, geheimen Gebreste mußte aber doch
so einiges unter den Leuten verlautet haben, — jedenfalls hat-
ten die ledigen Mannsleute von Straß davon Kunde und ließen
es dem jungen Einsiedler auch merken. Ging einer oder der
andere zur Arbeit an der Klause vorüber, so rief er in's Fen-
ster hinein: „'S Birnbaumers Burgal laßt dich grüßen," —

oder „Etnstegl-Wastl, wirst du nicht bald ein Zwetsiedl?" Zur
Nachtzeit aber kamen sie öfter zu zweien und dreien den Berg
herauf und sangen ihm zu Ehrm neue Gaffel - Reime, die er
lange nicht recht verstehen wollte. Endlich erhorchte er doch
ihren Text und war nicht wenig ärgerlich, wenn eS hieß:

„Der Oanfiegl im Wald
„Hat bald warm und bald kalt,

„Hat die Kutten verbrennt
„Ist dm Madlcn nachg'rmnt!“

Oder:

„Der Oanfiegl im Wald
„Hat fie sakrisch verhaut,

„Hat'S Bimbaumer - Burgal
„Für an Klausner ang'schaut.

„Zwva Finken im Schlägl
„Hatt' oaner oft g'micht,

„Zwoa Klausner im Hüttl
„War a nit so schlecht!"

Zweimal jodelten sie ihm die Trutzliedeln ganz deutlich vor
dem Fenster ab, — es riß ihn vom Laubsack in die Höhe
und fuhr ihm durch alle Glieder. Sollte er hinaus und die
Spötter ablohncn mit etlichen festen Kopfstücken? Nein, —
raufen und dreinschlagen war doch ganz gegen den Beruf eines
geduldigen Waldbruders und er sollte sich ja, so hatte es der
alte Felizian begehrt, durch nichts darin beirren lassen. Aber
die boshaften Gesellen kamen immer wieder und wiederholten
ihre anzüglichen Gesänge und endlich war's nicht mehr zum
erleiden. Bruder Wast war zornig geworden wie ein junger
Löwe und jählings sprang er mit einem Satz aus dem Bett
durch's Hinterthürlein und unter die Gaßlbuben, um sich schla-
gend mit allen Gliedmassen, den überstürzend, jenen bei Seite
schleudernd, einen würgend, den andern bläuend, wie der Blitz-
strahl hin- und widerfährt und schlägt und niederwirst. Die
Ueberfallnen kamen nicht zur Gegenwehr und suchten im finstern
Wald einzig einen Pfad zur Flucht ohne Halsbrechen. Mit
gerechtem Stolz besah er sich am Morgen die Kampfstätte und
fand einen schönen Zitterbuschcn, den einer der Buben vom
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Einsiedl an der Brettfall"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Flucht <Motiv>
Geistlicher <Motiv>
Konflikt <Motiv>
Wut <Motiv>
Karikatur
Einsiedler <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 290, S. 10
 
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