146
Der wohlan gesehenen Bürger Lehmann und Graf re.
i Bumphosens und wenn er nicht sehr hoch kostet, so kaufe ich
! mir einen und komme dann als Jnvichcr zurück, wovor mich
gewiß Keiner nicht halten wird. Das billigste Kostihm war
das von die Menschenfreffers (die so heißen weil sie ihre Feinde
erschlagen und dann lebendig versbeisen, liebe Anverwandte
u. s. w.) das kostet nämlich höchstens acht Groschen, aber ist
etwas unanstendig, weil es auS weiter nichts nicht besteht, als
wie aus einen rothcn Halztuche, was diese Kerle um de» Leib
binden. Vor einen Menschenfrcsier ist freilich nun diese Tracht
gans gut, denn sie verderben sich auf diese Art den Magen
nicht, wenn sie auch die ganse Katerobe mitsbeisen; freilich
wenn sie unser einen verzehrten mit Rock, Hosen, Stiefeln,
Hut und Hausschlisiel, so möchten sie freilich etwas Magen-
drücken bekommen.
Aber eins hat mich ungehcier geärchcrt in die Ausstellung.
Da hatte nämlich Einer das prcuschische Wapen sehr schöne
nachgcmacht, so daß ich mich erst ordentlich freite, wie ich das
Ding sah, weil ich auch einen Sckwager in Berlin habe; aber
wie ich mir das Ding näher betrachte, so ist es aus weiter
nichts nicht gearbeitet als wie — aus Schwcinshaarbohrstens,
lieben Anverwandten u. s. w. Nun frage ich Euch aber, ob
dieses nicht mit Rehspccktc zu sagen höchst unanständerlich ist.
Wenn ich an der preuschcn Rechirung ihre Stelle wäre, so
ließe ich mir dieses gans gcwis nicht gefallen, sondern ich
machte ein Armehchor mohbille und erklärte den Bohrstcnbündlcr
in Kriegszustand, denn das ist offenbar eine Mahliese, das
prcuschische Wapen in Schweinshaarbohrsten nachzumachcn. Ich
glaube auch, daß dieses Wapen wird von den neuen preuschen
Prcßgesätze verboten werden, denn bei diesem Gesätze geht so etwas
gar nicht mehr durch, und dann wird eine grose Zähnsurlicke in
die Ausstellung, aber dieses ist so einen Bohrstcnbindlcr gans recht.
Hingegen sehr schöne waren die Springbrunnens, wovon
einer sollte lieber gar mit Ottokolongo spritzen, aber sie roch
nicht sehre, oder ich habe vielleicht den Schnubfen gehabt. Auch
sehr schöne Bilvhauereien waren da, alle Arten Götter aus der
altmodischen Mictholochie; mir gefiel aber ein altmodischer Herr
an besten, den sie Gottfriederich von Bulichon nannten. Ich
kenne zwar diesen Menschen nicht und hat er auch einen recht
komischen Spitznamen, daher muß ich wohl einmal zu Hause
in mein altes Kohnversatzionslecksikum sehn, ob er darinnen
stehn thut. Aber schöne gemacht war diese Stadic und wenn
ich wieder zurückkomme, mache ich der Stadt den Vorschlag
unfern Birgermeister auch auf diese Art ausschneiden, ausgiesen
oder am liebsten aushauen zu lassen, und dann auf den Markt
ausstellcn lassen, weil er sich schon viele Verdünste um die
Stadt verdient hat, wie auch der ganse hochedle Rath verdient
so ausgchauen zu werden, liebe Anverwandten u. s. w.
Flügels, Haarmundikas und andre Biohnefortes waren meh-
| re re tausende da und Lehmann hätte sehr oft können Schkandaal
! kriegen, denn er wollte jedes brohbüren und einen alten Hobs-
| walscr drauf spielen. Die Aufseher jagten ihm aber immer
j wieder fort, weil er mit seinen halben Fracke doch gar zu
, fachobuntirlich auösah, aber er will alles genau anseh».
Das war auch übcrflüffig, daß sie allerlei Arten Frichte
haben hergeschickt wie Mänteln, Rohsinnen, Biersichen und
viele mehr, ja sogar auch Kartoffeln, aber dieses sollte gewiß
nur ein schlechter Witz sein, denn da hätte ich können meine
Runkelriben und selbsterzogenes Sauerkraut auch mit herschickcn.
Eine Zichlinderuhr war da, die so klein war, daß man sie
nichl einmal konnte mit blosen Augen erkennen, warum ein
ungchcires Fernrohr oder Theelöskop dabei lag, wodurch niau
sehn mußte, wenn man sehen wollte, welche Zeit cs war. Die
Uhr ist freilich recht komothc, aber wenn man sollte immer so
ein Fernrohr mit Herumschleppen, so ist mir doch meine Drei-
geheisige silberne Sackuhr lieber, an der man schon mit unbe- i
waffneten Gesichte sieht, wie es an der Zeit ist.
So könnte ich Euch noch sehr viel erzählen, wenn ich nicht
das Uebriche Alles wieder vergessen hätte.
Wir waren nun wohl fünf Stunden so herumgclaufcn, daß
Einen die Beine ordentlich weh thatcn und man gans dumm
und dämelich in Kobs war, liebe Anverwandte u. s. w. Aber
auch vcr Hunger hatte sich eingestellt und darum bcschloffcn
wir in blähno, nämlich ich und Lehmann, an eins von die
Bühsctter zu gehn und uns zu erhöhten. Nun mustcn wir
aber wieder an die ganscn Maschiencn vorbei, wo mir schon
vorhin ängstlich geworden war, aber Lehmann, der immer so
ncigirig ist, sagte, daß er sich wollte nur noch die Kunstrik-
zion von der bcriemtcn Gaskochanstalt betrachten, wo in einen
einzigen Ofen eine ganse Famühlichc von drei bis vierhundert
Bärsonen kochen konnte und noch dazu mit Gas, was aber
etwas nach Gestank schmecken muß. Kurz und gut Lehmann
drcngtc sich trotz der großen Hitze ganS nahe hin und steckte
sogar den Kobs hinein, ob er gleich gar nichts nicht von sol-
chen Sachen versteht und nur damit rcnomcriren und großthun
will, weiter Nichts nicht. Ich rief daher: „Lehmann, komm,
ich habe Hunger unv Durst sonst gehe ich gans alleine und
wenn wir einmal in dieser Menge Menschheit ausciuanderge-
vrcngt werden, so finden wir uns niemals nicht wieder, weil
cs in London so viele Leichenreiber und Kinderdiebe giebt, die
uns gewiß als gute Beite wegfangeu!" — Kaum hat ich aber
dieses gesagt, so schrie auf einmal einer von die Aufseher Fire,
Fire, was auf deutsch auch Feier Heist unv nur von den Eng- i
Der wohlan gesehenen Bürger Lehmann und Graf re.
i Bumphosens und wenn er nicht sehr hoch kostet, so kaufe ich
! mir einen und komme dann als Jnvichcr zurück, wovor mich
gewiß Keiner nicht halten wird. Das billigste Kostihm war
das von die Menschenfreffers (die so heißen weil sie ihre Feinde
erschlagen und dann lebendig versbeisen, liebe Anverwandte
u. s. w.) das kostet nämlich höchstens acht Groschen, aber ist
etwas unanstendig, weil es auS weiter nichts nicht besteht, als
wie aus einen rothcn Halztuche, was diese Kerle um de» Leib
binden. Vor einen Menschenfrcsier ist freilich nun diese Tracht
gans gut, denn sie verderben sich auf diese Art den Magen
nicht, wenn sie auch die ganse Katerobe mitsbeisen; freilich
wenn sie unser einen verzehrten mit Rock, Hosen, Stiefeln,
Hut und Hausschlisiel, so möchten sie freilich etwas Magen-
drücken bekommen.
Aber eins hat mich ungehcier geärchcrt in die Ausstellung.
Da hatte nämlich Einer das prcuschische Wapen sehr schöne
nachgcmacht, so daß ich mich erst ordentlich freite, wie ich das
Ding sah, weil ich auch einen Sckwager in Berlin habe; aber
wie ich mir das Ding näher betrachte, so ist es aus weiter
nichts nicht gearbeitet als wie — aus Schwcinshaarbohrstens,
lieben Anverwandten u. s. w. Nun frage ich Euch aber, ob
dieses nicht mit Rehspccktc zu sagen höchst unanständerlich ist.
Wenn ich an der preuschcn Rechirung ihre Stelle wäre, so
ließe ich mir dieses gans gcwis nicht gefallen, sondern ich
machte ein Armehchor mohbille und erklärte den Bohrstcnbündlcr
in Kriegszustand, denn das ist offenbar eine Mahliese, das
prcuschische Wapen in Schweinshaarbohrsten nachzumachcn. Ich
glaube auch, daß dieses Wapen wird von den neuen preuschen
Prcßgesätze verboten werden, denn bei diesem Gesätze geht so etwas
gar nicht mehr durch, und dann wird eine grose Zähnsurlicke in
die Ausstellung, aber dieses ist so einen Bohrstcnbindlcr gans recht.
Hingegen sehr schöne waren die Springbrunnens, wovon
einer sollte lieber gar mit Ottokolongo spritzen, aber sie roch
nicht sehre, oder ich habe vielleicht den Schnubfen gehabt. Auch
sehr schöne Bilvhauereien waren da, alle Arten Götter aus der
altmodischen Mictholochie; mir gefiel aber ein altmodischer Herr
an besten, den sie Gottfriederich von Bulichon nannten. Ich
kenne zwar diesen Menschen nicht und hat er auch einen recht
komischen Spitznamen, daher muß ich wohl einmal zu Hause
in mein altes Kohnversatzionslecksikum sehn, ob er darinnen
stehn thut. Aber schöne gemacht war diese Stadic und wenn
ich wieder zurückkomme, mache ich der Stadt den Vorschlag
unfern Birgermeister auch auf diese Art ausschneiden, ausgiesen
oder am liebsten aushauen zu lassen, und dann auf den Markt
ausstellcn lassen, weil er sich schon viele Verdünste um die
Stadt verdient hat, wie auch der ganse hochedle Rath verdient
so ausgchauen zu werden, liebe Anverwandten u. s. w.
Flügels, Haarmundikas und andre Biohnefortes waren meh-
| re re tausende da und Lehmann hätte sehr oft können Schkandaal
! kriegen, denn er wollte jedes brohbüren und einen alten Hobs-
| walscr drauf spielen. Die Aufseher jagten ihm aber immer
j wieder fort, weil er mit seinen halben Fracke doch gar zu
, fachobuntirlich auösah, aber er will alles genau anseh».
Das war auch übcrflüffig, daß sie allerlei Arten Frichte
haben hergeschickt wie Mänteln, Rohsinnen, Biersichen und
viele mehr, ja sogar auch Kartoffeln, aber dieses sollte gewiß
nur ein schlechter Witz sein, denn da hätte ich können meine
Runkelriben und selbsterzogenes Sauerkraut auch mit herschickcn.
Eine Zichlinderuhr war da, die so klein war, daß man sie
nichl einmal konnte mit blosen Augen erkennen, warum ein
ungchcires Fernrohr oder Theelöskop dabei lag, wodurch niau
sehn mußte, wenn man sehen wollte, welche Zeit cs war. Die
Uhr ist freilich recht komothc, aber wenn man sollte immer so
ein Fernrohr mit Herumschleppen, so ist mir doch meine Drei-
geheisige silberne Sackuhr lieber, an der man schon mit unbe- i
waffneten Gesichte sieht, wie es an der Zeit ist.
So könnte ich Euch noch sehr viel erzählen, wenn ich nicht
das Uebriche Alles wieder vergessen hätte.
Wir waren nun wohl fünf Stunden so herumgclaufcn, daß
Einen die Beine ordentlich weh thatcn und man gans dumm
und dämelich in Kobs war, liebe Anverwandte u. s. w. Aber
auch vcr Hunger hatte sich eingestellt und darum bcschloffcn
wir in blähno, nämlich ich und Lehmann, an eins von die
Bühsctter zu gehn und uns zu erhöhten. Nun mustcn wir
aber wieder an die ganscn Maschiencn vorbei, wo mir schon
vorhin ängstlich geworden war, aber Lehmann, der immer so
ncigirig ist, sagte, daß er sich wollte nur noch die Kunstrik-
zion von der bcriemtcn Gaskochanstalt betrachten, wo in einen
einzigen Ofen eine ganse Famühlichc von drei bis vierhundert
Bärsonen kochen konnte und noch dazu mit Gas, was aber
etwas nach Gestank schmecken muß. Kurz und gut Lehmann
drcngtc sich trotz der großen Hitze ganS nahe hin und steckte
sogar den Kobs hinein, ob er gleich gar nichts nicht von sol-
chen Sachen versteht und nur damit rcnomcriren und großthun
will, weiter Nichts nicht. Ich rief daher: „Lehmann, komm,
ich habe Hunger unv Durst sonst gehe ich gans alleine und
wenn wir einmal in dieser Menge Menschheit ausciuanderge-
vrcngt werden, so finden wir uns niemals nicht wieder, weil
cs in London so viele Leichenreiber und Kinderdiebe giebt, die
uns gewiß als gute Beite wegfangeu!" — Kaum hat ich aber
dieses gesagt, so schrie auf einmal einer von die Aufseher Fire,
Fire, was auf deutsch auch Feier Heist unv nur von den Eng- i
Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Der wohlangesehene Bürger Lehmann und Graf aus Berne bei Dresden, Reise nach London"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 307, S. 146
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg