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Der FriedensHäuptling.

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Diese Widersprüche haben Euch, Häuptlinge! veranlaßt, zu
mir zu sagen: „Gehe hin, unter dem Schutze des große» i
Geistes, über den großen Teich nach den fernen Ländern der
Bleichgesichter, die da liegen, wo die glänzende Sonne ihr Bett >
verläßt und sage zu ihnen: — Lasset unS Feuerrohr und To- >
mahawk begraben und die Friedenspfeife zusammen rauchen;
lasset uns Brüder sein, diesseits und jenseits des großen Teiches."

„Also habe ich, Stammesgenossen, auf Euer Geheiß gethan;
ich bin auf Fenerwagen und Feuerschiffen mit der Geschwin-
digkeit des flinken Hirsches ohne Unterlaß Tag und Nacht dem
Aufgange der Soune entgegen gereiset, bis ich die Länder der
Bleichgesichter betreten und habe des Wundersamen und Neuen
so viel erlebt, daß uns das große Wesen noch viele Abende
verleihen möge, um Euch Alles mittheilen zu können. Ich er-
zähle Euch nur das, was meine Sendung angeht."

„Auf dem Fcuercanoö, das mich über den großen Trick)
führte, erfuhr ich, daß es in der Mitte von Europa eins wun-
derliches Volk gebe, das sich „Deutschland" nenne, aus vielen
Stämmen bestehe und von noch mehr Kriegshäuptlingen regiert .
werde. Diese Häuptlinge hätte man Einesmals alle fortjagen !
wollen, worüber viel Blutvergießen entstanden sei und viele
Skalpe genommen wurde». Um diesem ein Ende zu machen,
so wie überhaupt um die Friedenspfeife dampfen zu lassen, so
weit die Sonne scheint, hätten sich viele Häuptlinge in einer
Stadt cingefunden, die so groß ist, daß sie von einem ganzen
deutschen Stamm bewohnt wird, und die sic eine Frcistadt
heißen, weil statt eines Häuptlingcs ungefähr fünfzig zu glei-
cher Zeit darin regieren."

„Nachdem ich den Boden von Europa betreten und sogleich
in Fcuerwagen und Feuercanoös weiter gereffet war, kam ich
nach zwei Tagen in später Nacht in jener Stadt an, die
Frankfurt heißt. Es ist dies eine schöne große Stadt, mit
hohen alten Wigwams, so hoch wie die Eichen unserer Wälder.
Die Bleichgesichter, die dieselbe bewohnen, heißen — Franko-
furter — und der gelbe Bach, der durch die Stadt fließt
heißt Mein, was ohnehin ein sehr beliebtes Wort bei diesen
Bleichgesichtern ist. Die Einwohner sind übrigens sehr fried-
liebender Natur, sie führen weder Bogen noch Pfeile, weder
Wurfspieß noch Tomahawk, sondern tragen als Waffen in der
Hand nur leichte Keulen, mit denen man keine Natter tödtcn
könnte und in den Taschen führen sic zur Nothwehr zugespitzte

Federkiele, Pfcisenstopfer, kleine Messer, mit denen sie sich die
Finger an den Nägeln schneiden und ein schweres Eisenstück j
ben sonderbarer Form, bas sie Hausschlüssel nennen, welches ;
eine sehr gefährliche Waffe sein soll. Beständig bereit mit ein-
ander Frieden zu schließen, haben sic in einer ledernen Büchse
kleine Friedenspfeifen im Wampum, die Cigarren heißen und
ohne Calumet unmittelbar im Munde verbrannt werden, wozu
eine eigene Kunst gehört. Man sieht sie den ganzen Tag mit

diesen brennenden Tabaksstücken auf den Straßen herumlaufen.
Dies, so wie ihr sonstiges Aeußcre gibt ihnen ein schauer-
liches Ansehen. Denn sic sind gewöhnlich in schwarze Felle
von Kopf bis zu Füßen gekleidet und tragen auf dem Haupte
ein unbequemes, hohes Ding, von der Form unserer Koch-
keffel, wie Ihr es an mir sehen könnt. Auch haben sie um I
die Ohren, die Nase, den Mund und das Kinn herum dichte j
Haare stehen, worauf sie sich viel einbilden, sic nennen das j
einen Bart. Einen solchen Kopf zu skalpircn muß ein eigenes
Vergnügen sein, denn man darf ihn nur gleich auf Einmal
herabreißen. Viele tragen auch noch ein paar gläserne Augen '
über die anderen, was sie wahrscheinlich dcßwegcn thun, um
die wilden Thiere auf der Jagd durch den Glanz ihrer Augen
zu erschrecken,' warum aber Manche nur Ein gläsernes Auge
tragen, das an einer langen Schnur hängt, und nach Belieben
herausgenommen und wieder eingesetzt werden kann, das habe
ich nicht herausbringcn können. Man heißt solche dreiäugige
Bleichgesichter — Löwen, was dort so viel bedeutet, als bei '
uns Hasenfüße. Wenn man so einen Frankofurter ansieht,
sollte man ihn eigentlich eine Schwarzhaut nennen. Was ihre !
Frauen anbclangt, so darf ich vor unseren Damen nicht ent-
scheiden, ob sic mir gefallen haben, oder nicht,' cs genügt zu
sagen, daß sie keine rothcn Häute haben, was also von vornen
herein ein unersetzlicher Naturfehler ist. Ihre Kinder werden
frühzeitig daran gewöhnt, sich daraus abzuhärten, die vielen
Felle und schweren Kopfbedeckungen zu tragen, die man ihnen
aufhängt. Wenn man Mittags um die Stadt herumgcht, hat
man auch Gelegenheit zu hören, wie sich die Jugend darauf
cinübt, Schlachtgeschrei anzustimmen, was in mir eine wehmü-
thige Sehnsucht nach der Heimath erregte. — Da die Franko-
furtcr kein Kriegführender Stamm sind, der mit den Waffen
in der Hand sich Beute holen darf, so leben sie, wie man
mir sagte, vom Bundestag und Rothschild, vom Tauschhandel,
Staatspapicren und von menschenfreundlichen Procentcn, so

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Der Friedenshäuptling"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Reinhardt, Carl
Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Mann <Motiv>
Rauchen <Motiv>
Streit <Motiv>
Versöhnung
Schlägerei
Schlüssel <Motiv>
Karikatur
Zigarre <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Amerika

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 311, S. 179
 
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