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St. Peters Weltgang.

Legende.

189

Die Welt liegt im Argen, wer zweifelt daran? Revolution,
Aufhebung des Zehnten, Civilehe — welche Gräuel! Die From-
I men schreien über das fortschreitende Berderbniß des Menschen-
! geschlechtes, sie sehen, wie die Sünde riesengroß wächst und
' mit jedem Tage mehr Boden gewinnt, sie sehen, wie wir den
Tagen von Sodoma und Gomorrha immer näher kommen, wie
eine neue Sündfluth in nächster Aussicht steht.

Wenn die Frommen auf Erden schon so großes Aergerniß
haben, so kann es im Himmel nicht geringer sein. Die
Heiligen schütteln schon lange die Köpfe und bestürmen den
lieben Gott, er möchte endlich dem verruchten Treiben ein
Ende machen, und die Schleußen seiner Wasserfluthen öffnen,
daß alle das Gesindel ersaufe, welches die Erde verunreinige
mit dem sogenannten Geiste der neuen Zeit. Der liebe Gott
aber in seiner unerschöpflichen Langmuth will nicht den Tod
des Sünders, sondern daß er sich beffere und bekehre. Und so
rief er eines Tages den heiligen Petrus heran und trug ihm
auf, hinabzusteigen auf die gottlose Erde und mit seinem ge-
j wattigen Worte die Menschen aufzurütteln, daß sie in sich gingen
, und ließen von ihrem gottlosen Treiben. St. Peter hatte übel !

Lust zu diesem Aufträge. Bor achtzehnhundert Jahren hatte
er auch auf der Erde gepredigt und es war ihm oft übel ge- ;
lohnt worden, mit Kerker und Ketten, ja mit dem schmählichsten
Tode. Er berief sich daher auf seine früher geleisteten guten !
Dienste und schlug vor, einen andern Heiligen hinabzusenden,
der sich noch nicht so verdient um die Welt gemacht hätte,
als er. Allein Keiner von allen den Heiligen hatte Lust, noch
einnial in das Jammerthal zurückzukehren und so nmßte St. Peter
sich endlich in den Willen Gottes fügen und seine Reise antreten. .

Etwas verdrießlich und mit dem festen Entschlüsse, das sün-
dige Menschenpack mit seinen Strafpredigten ordentlich zusain-
men zu donnern, kam St. Peter auf die Erde, und wandelte
der ersten großen Stadt zu, die sich seinen Blicken zeigte.

Er konnte nicht darüber klagen, daß man seine Ankunft
unbeachtet ließ, denn kaum hatte er die Stadt betreten, als sich
ein Schwarm von Gassenbuben hinter ihm sammelte, die ihn
verfolgten, laut spottend über sein langes Apostelgewand, das
von der Kleidung anderer Leute allerdings sehr abstach. St. Peter
erzürnte sich, ihm fiel der Prophet Elisa ein, der auch einst
von Knaben verspottet, aber von einigen Bären gerächt wurde,
welche hervorbrachen und die Spötter auffraßen; er blieb stehen
in der Hoffnung, daß der liebe Gott auch um ihn zu rächen
einige Bären zur Hand haben würde, allein diese Hoffnung ;
täuschte ihn. Bei dem besten Willen hätte der liebe Gott in
einem civilisirten Staate Europas keinen Bären auftreiben
können und so mußte St. Peter seinen Weg fortsetzen, ver-
spottet von den nachfolgenden Jungen, begafft aus den Fenstern,
an denen er vorbei ging. Da nun der Auflauf immer größer
wurde trat statt des ersehnten Bären ein Polizeidiener auf ihn
zu und ersuchte ihn im barschem Tone mit zum Herrn Polizei-
commissär zu kommen. Petrus gehorchte und dieser bedeutete .
ihm: „er habe durch seine Kleidung einen Auflauf veranlaßt
und es würde ihm hiermit von Polizeiwegen ausgegeben, sich
eines gesitteten Anzugs zu befleißigen." St. Peter konnte
nicht begreifen, daß sein schönes wallendes Apostelgewand
gegen ein Staatsgesetz verstieße und daß es dem Menschen
nicht freistehen sollte, sich nach eigenen Geschmack und Be-
lieben zu kleiden, allein der Polizeicommissär berief sich auf
das Beispiel der Frau Louise Aston, die auch ihre Hosen hatte '
aus- und den Unterrock wieder anziehen müssen. Da nun St.
Peter selbst vor achtzehnhundert Jahren gepredigt hatte, daß die
Obrigkeit von Gott sei und man ihr deßhalb gehorchen müsse,
so mochte er seinen eigenen Worten nicht untreu werden und
beschloß, sich zu fügen.

Als er seinen langen Talar abgelegt, civilisirte Hosen nebst I
Rock und Weste angezogen und sein ehrwürdiges Haupt mit
einem runden Hitte bedeckt hatte, kam er sich selbst etwas komisch
vor, er gedachte indessen des Befehles des Herrn und begab
sich auf den Markt, woselbst er anhub zu predigen. Nicht
lange dauerte es, so hatte sich eine Masse Menschen um ihn
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"St. Peters Weltgang"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

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Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Apostel <Motiv>
Empörung
Straße <Motiv>
Karikatur
Kind <Motiv>
Spott <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Petrus <Apostel>

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 13.1851, Nr. 312, S. 189
 
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