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Ball-Erinnerungen einer Leipziger Köchin.

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an denselbigten Abende mei weißes Kleed mit de vier Falbeln
un mit de Rosenkirlande un nahm heemlich meiner Madam
ihre seidnen Atlasschuhe aus'n Schranke, weil ich die ooch
mit anzieh'n wollte, denn als eene Brofeffersköchin mußte ich
doch natirlicher Weise ellekant kommen thun! Sonnabends
ging ich gleich früh uffis Leihhaus un ließ mir uff mein Spar-
kassenbuch drei Thaler auszahlen. Nu ging's an's Einkoofen.
Zuerst kooste ich mir bei Heisingerten eene neie Brosche
mit en großes Gemälde druff, was eenen gewissen Amohr vor-
stellte, wie mir dort der Koofmannsdiener bei Heisingerten
vordemonstrirte. Dann ging's zu Struweln, weil ich doch
noch mußte eene wohlriechende Berfemirerei Haben. Struwel
sagte: Ottvmüfsleer were jetz das Feinste, was se in
Dräsen immer uff de Hofbälle sich damit einreiben thäten.


Na! dachte ich, wenn's vor'n Hof gut genug is, kann's vor
de Küche ooch wohl paffen un koofte mir so een Ding, een

Flickon, wie meine Madame immer sagt! Meine Gatterowe
Hatte ich nu zusammen, aber schlafen konnte ich Sonnabend-
nachtens gar nich, warum ich ganz blas aussehen that aber
indrehsand — sagte Heinrich, wie er mich holen that. Sonn-
tags frih war ich ganz verdreht vor lauter Freede un that aus
Versehen Zucker statt Salz in de Suppe un de Kalbskeile lies
ich ooch anbrennen, aber ich war so vergnigt in die Erwartung,
daß ich nich eenmal merken that, wie mir meine Madam eenen
Rippenstoß in's Gesichte gab. Nachmittags um Eens fing ich
an, mich anzuziehen un wie mei Heinrich Abends um Sieben
mit der Drosche ankam, war ich grade fertig. Meine Madam
platzte balde vor Aerger, wie se mich so angedonnert sah un
ooch der Herr Brofeffer schielte mehreremals ganz verliebte Blicke
über de Brille nach mir, wenn es seine Frau nich sehen that. Ich
war aber werklich reizend. De Haare Hatte ich mir
versrisirt wie de Marie Schtuarten, was jetzt
so sehre Mode is un dann hatte ich sechs
Steisröcke übereenander, so daß Heinrich mußte
alle beede Fligel von der Vorsaalthire uff-
machen, weil ich mich nich so sehr verknitschen
wollte. Nu ging's also hinter in den Wiener
Salong, wo Alles wunderscheene dekuhrtrt
war. Aber das Hettet Ihr hören un seh'n sol-
len, das Gezischle und Gepischbere wie ich 'nein-
trat. Brosessers Hanne, schrieen de Da-
mens gleich, aber das war nur Neid, un de

5 Herrens schrieen wieder: Dunnerwetter!
^Heinrichen seine! Oh, Oh! Es dauerte
noch nich zwee Minuten, da war ich schon ganz
un gar in Voraus verankaschirt un 's kamen
immer noch welche, die noch Tänze von mir
§ Haben wollten. Da kam aber endlich der eene
: von de Vorsteher un that anzeigen, daß Zeder
nausgeschmissen werde, der sich noch
eenmal unterstehen thäte, eene Dame im Vor-
aus zu verankaschiren."
Christel. .Nee, muß das scheene ge-
wesen fin!"
Hanne. Ra, des kannste Dir denken.

-Aber sehen hättet Ihr sollen, wie se Alle nur
ganz alleene uff mich nur sehen thaten. Zch
' hatte mich aber ooch nach das neiste Moden-
schornal angezogen un obendrein noch zwee
weiße Kameelichen in de Haare. Un getanzt
habe ich, das that nur so fliegen thun. Nee,
die Hippelpolka un den Jägerschottisch, davon
kennt Ihr Euch gar keene Idee nich machen,
wie meine Madam immer sagt. Mei Heinrich
is aber ooch der flottste Tenzer, un wenn der
im Konktertanz Sohlo zu tanzen hat, schasirt
er gleich dorch vier, fins Karrehs dorch."
Riecke, „Das is nu ooch weiter nichts
nich, das kann mein Schlofferwillem ooch, un da braucht Eener
nich grade een Schneider zu fin, um so was zu können."

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Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ball-Erinnerungen einer Leipziger Köchin"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Kommentar
Signatur

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Staunen <Motiv>
Reifrock
Stube
Damenmode
Karikatur
Geliebter
Köchin
Ballkleid
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 24.1856, Nr. 565, S. 99

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CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
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