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Herrn Graf's Tagebuch über eine Reise nach Prag und Wien.
(Fortsetzung.)

Die Handwerksburschen haben für jede Stadt ein beson-
derlichtes Warzeichen, wodaran sie sehn, ob Einer schon dort
gewesen ist. In Prag ist dieses ein altes zerbrochenes Fenster
über die Rathausuhr, welches schon seit den dreißigjährlichen
Kriege endzwei ist und niemals nicht gemacht wird.

Die Herren Mosaiker, Zsrehaliten und Juden sind in
Prag alle in ein gewisses Stadtviertel zusammen, wo sie alle
wohnen missen und welches man Judenstadt nennt und sehr
enge ist. Dieser Theil ist so geübervelkert, daß manchmal in
ein und dasselbe Zimmer zwei oder drei Familien zusammen
wohnen, welche sich durch einen Bintsaden von einander tren-
nen, der durch die Stube gesbannt ist, und wo Keiner darf
zu den andern kommen. Da wohnen oft rechts von den Bint-
faden zum Beisbiel Jeitels und links Meyers. Aus diese enge
Zusammenwohnung kann man es sich auch erklcren, daß sie
nur Handel und Wandel lernen kennen, denn wenn Einer
wollte einmal ein Handwerker, ich will einmal sagen ein Schu-
ster werden, so kennte er gar nicht zu Hause nehen, denn wenn
er die Faden wollte ausziehen, thut er allemal rechts und links
bei die jüdische Uebervelkerung derb anstoßen, was doch auch
Stenkereien geben thete, warum sie sich also blos den kauf-
mennlichten Geschcften widmen. Dieses thun sie aber auch mit
die innerlichste Liebe und Zuneigung, denn man kann durch
diese Judenstadt nicht zehn Schritte thun, ohne daß Einen nicht
wenigstens ein Sticker zwansig Handclsleite verfolgen theten, um
damit sie ein Gescheftchen machen kennen. Sie bieten Einen
die verschiedensten Gcgenstende an und ein alter Handelsmann
wollte mir durchaus für Fritzen eine alte franzcsische Generals-
Uniform ausreden, weil er sagte, daß sie de» Jungen gerade
baffen missen thete. Ein andrer wollte wieder mich nicht los-

lassen und mir mit alle Gewalt alte Federbetten und Mat-
teratzcn verkaufen, worauf ich unterwegens in den Dambfwage»
kennte gans bequem sitzen. Kohlen sah ein Andrer gleich an
seine Mabbe an, daß er ein Mahlermeister were und wollte ihn
nicht eher loslassen, bis er ihn ein baar Zehntncr schwarze
Oelfarbe zu die Hindergründe auf die Bohrdrehbilder abgekauft
hette. Unfern Begleiter, den Berliner Spreebcrger, der immer
ein Brillenglas in das Auge geklemmt hat, brachte Einer ein
Fernrohr, welches bald so hoch war, als wie ein kleines Haus
und ein wahres Wunder von die Obedick sein sollte. Ich sah
aus Neigirde einmal hinein, aber da sah ich, daß man nichts
sehn that, welches ich den Verkeifer auch sagte. Worauf aber
dieser mich beantwortete: Eier Gnoden, s'is halt ä Nachtge-
schirrche, daß mer damit kann blos de Sterncher anschaun i»
de stockfinsterste Nacht.
Welches uns aber Alles nicht reitzen konnte, warum wir
uns mit vieler Mihe und einige Gewaltthetlichkeiten durch diese
immer noch mehr anwachsenden Verkeifer hindurch arbeiteten
bis wir an die Kirche kamen, welches auf jüdisch Siehnachoge
heißt. Dieses ist ein so altes beriemtes Gebeide, daß man gar
nicht mehr weis, wer es gebaut hat und soll sogar schon Mo-
ses ein eingebohrcner Prager gewesen sein, weshalb auch diese
Siehnachoge innewendigt gans schwarz und reichcrig vor Alter
aussieht und schon in die vielen Jahrtausende gans tief in die
Erde ist hincingesungen, so daß man muß wie in einen Keller
hinsinkricchen-
Da sich die Juden auch mit an den dreißigjährliche» Krieg
betheiligten und besonders durch ihr groses muthiges Geschreic
auszeichneten, wo dann allemal die Feinde schon fortliefen, so
haben sie von den damalsigen Kaiser eine große Fahne als
Belohnung bekommen, aus welcher sie sehr stols sind und noch
heiligen Tages sagen: Wir haben dazumals hei die Bclachcrung


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