Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
11

Ein Weihnach tsabend.

bcn fand sich zugleich aber auch ein Zcttelchen, worauf ge-
schrieben stand: „Betrachten Sic diese Gabe als ein Geschenk
aus gutem Herzen, ich habe sonst Niemand, dem ich eine
Freude machen könnte." ^

»Da haben wir's! es ist wie ich gesagt habe!" ries
entzückt die Frau, als Karl, der älteste Knabe, die Worte
vorgelescn hatte. Und wirklich! deren Ucbcrcinstimmung mit
dem, was die Alte gesagt hatte in ihrem braunen Mäntelchen
und dem das Gesicht fast verhüllenden Kopftuche, war so,
daß auch der Schreiner am Ende der Ansicht seiner Frau bei-
stimmen mußte. Wie glücklich waren die Leute! — „So kann
td) denn jetzt noch einmal mein eigenes Geschäft wieder an-
fangen," sagte der Mann, „und aller Noth wird dann bald
ein Ende sein!" Sein Auge erglänzte dabei von innerlicher,
froher Bewegung; die Frau hätte dem Uebcrmaß des Glücks
durch einen Strom von Thränen Luft machen mögen, die
Kinder aber, von frohestem Jubel ergriffen, ließen nicht Ruh'
sic tanzten und sprangen, und zerrten die Mutter aus
von ihrem Stuhle, daß sie mit herum tanzen mußte.

• s Kt ^cuift^r herankam, begann der Schreiner sein
eigene eschäst. Das war der glücklichste Anfang, den je
ein Jahr für ihn und die Seinigcn gehabt hatte.

Ct ®Tnf von Hahnheim war nicht so zufrieden
!-IU C!r! " aH^ ^fc' Wahres. Die absonderliche Wirkung
eines es )e»ks, die so ganz hinter der Erwartung zurück-
blieb, war ihm ganz unerklärlich. Zwanzig Nüsse, i» jeder
zwei Dukaten, das macht in Summa 40 Stück; und diese
mit eigener Mühe selbst hinein gelegt, und mit höchst eigenen,
gräflichen Händen die Schalen zusammen geklebt, und als
Dank dafür nichts als ein Paar freundliche Worte, das war
auch für den bescheidenste» Rechner am End' doch gar zu

wenig! — Und sic hatte die Sachen doch richtig erhalten,
denn bei der letzten Vorstellung im Cirkus hatte sie ihm da-
für gedankt. „Das Körbchen hat mich kindisch gefreut," hatte
sie gesagt, „und über die Nüsse habe ich mich sogleich hcrge-
macht. Die hatten Kerne!" fügte sie dann mit schelmischer
Ausgelassenheit bei, „Kerne, wie nur eine Frucht haben kann,
die aus Ihren Händen kommt!" — Mit diesen Worten war
das bewegliche Mädchen davon gesprungen, und hatte sich in
der gegenüber befindlichen Loge an die Seite eines jungen,
geschniegelten Franzosen, des Marquis d'Allmare, gesetzt. —
Das war zum Teufelholen! — Als dann aber wenige Tage
später der Herr Graf erfuhr, daß seine angebetctc Kathinka
Bulbo mit jenem jungen Marquis auf und davon war, da
ries er erst vollends aus: „Nun soll doch das Donnerwetter
d'rein schlagen!"

Als wieder der Weihnachtstag herankam, fand dieser den
Schreiner Meier in ganz glücklichen Verhältnissen ; mit welcher
dankbaren Erinnerung gedachten die Leute hier in dem kleinen
Hause in der Vorstadt der von unbekannter Seite her em-
pfangenen Wohlthat!

Der Gras las um diese Zeit in einem öffentlichen Blatt
die Nachricht, daß der Marquis d'Allmare, nachdem er sein
Vermögen mit der jungen Kunstreiterin durchgebracht, sich aus
Verzweiflung und Eifersucht eine Kugel durch den Kopf ge-
jagt hatte. — Schnell griff er nach der eigenen Stirne, und
war froh, daß cs nicht sei» Kops gewesen war. „Mir hätt'
es ebenso gehen können!" sagte er, und fühlte sich glücklich
darüber, daß seine Nüsse vor Zeiten den beabsichtigten Erfolg
nicht gehabt hatten; glücklicher aber noch würde er wohl
dann sich gefühlt haben, wenn er von dem Segen gewußt
hätte, der durch sein verschwendetes Geld in das kleine Haus
in der Vorstadt gebracht worden war.

Hier gab cs ein schönes Weihnachtsfest; und in der
Freude des Herzens wünschte die glückliche Familie Jedem,
der es nur brauchen könnte, einen großen Christbaum voll
goldener Nüsse mit lauter blanken Dukaten darin.

Lud. Müller.

Briefkasten.

Robert L. in Hannover. So viel uns bekannt ist,
besteht bis jetzt blos in China der Gebrauch, daß Beamte,
welche sich die Unzufriedenheit des Kaisers zugezogen haben,
den Befehl erhalten,, sich an ihren eigenen Zöpfen auf-
zuknüpfen.

Es dürfte wohl blos ein Scherz sein, wenn man das
Gerücht verbreitet hat, daß eine gleiche Einrichtung für Ihr
Vaterland auf dem nächsten Landtage von einer gewissen Partei
soll vorgeschlagen werden.

Wilhelm F. in Lü beck. Nach den allgemeinen Ver-
sicherungen von den compctcntesten Seiten können wir Ihnen
mittheilen, daß der Einzige, der sich vollkommen zufrieden ge-
stellt mit den Ergebnissen der Warschauer Zusammenkunft er-
klärt hat, der — ungejagt gebliebene Auerochse im
Bialowiczer Walde ist.
Image description

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Ein Weihnachtsabend"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

Inschrift/Wasserzeichen

Aufbewahrung/Standort

Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Staunen <Motiv>
Münze <Motiv>
Geschenk
Karikatur
Weihnachten <Motiv>
Familie <Motiv>
Weihnachtsbaum <Motiv>
Satirische Zeitschrift

Literaturangabe

Rechte am Objekt

Aufnahmen/Reproduktionen

Künstler/Urheber (GND)
Universitätsbibliothek Heidelberg
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 34.1861, Nr. 810, S. 11

Beziehungen

Erschließung

Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg
 
Annotationen