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<9 Bestellungen werden in allen Buch- und Kunst- ro. gOA preis für den Band von-6 st- ^ 4 Sgr-

Handlungen, sowie non allen Postämtern und W = ^ 2 Rchlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern kosten- —

ZcitungSerpcditioncn angenommen._■

3)cr Bergrath Müller war ein recht guter Mann, aber
auch sehr wunderlich. Grundgcschcidt und crccllcnt in seinem
Fache, war er doch außer dem Amte der absonderlichste Kautz,
den das Städtchen St. jemals zu bewundern gehabt. Ver-
mögen hatte er in Hülle und Fülle und einen schonen Ge-
halt, dennoch ging er in einem Rocke tagtäglich umher, den
cr sich schier dreißig Jahre früher anfertigen ließ. Es war
nicht Geiz, Gott bewahre — denn Niemand war so wohl-
thälig und generös wie der Bergrath, wenn er sich auch cin-
bildcte, kein Mensch wüßte etwas davon. Seine Frau — ein
liebes ürauchen hatte er — mußte partout immer nach der
neuesten Mode gekleidet sein; seine Equipage war die schönste
n"l zehn Meilen in der Runde, — gleichwohl hat ihn kein
er lichcs Auge je darin erblickt, sondern er rannte in der
' ugusthitze, wie im Dezcmberfrost, pflichtschuldigst zu Fuß
nci enweit immer in seinem kaffeebraunen Kaputrock. Und
nncn Hut hatte er, — o, ein wahres Museumstück von Hut!
m onjl erschöpfte sich seine liebenswürdige Frau in Listen
"n ntrigucn, um ihn zur Annahme neuer Kleidungsstücke

ftur-n'V C^CUZ ""^bdS Kind," pflegte er bei jedem neuen General-
rm zu sagen, „sage >nir nur, was Du an meinem Rocke
11 • ®twa/ daß er alt ist? Er ist ja erst zwci-

» rerßig Jahre bei mir, und ein wahres Meisterstück. Und erst
cin put. Kein Sonnenstrahl belästigt mein Auge, kein Regen-
ropfcn dnngtdurch - o, einen prächtigeren Hut gibt cs gar nicht."
ft Tf /. ” tr<lt e'n Ereigniß cin, das die ungestörte
f7! CUL. nCÖ l'C'>cn ^ot*c<s und HutcS gefährlich zu bedrohen
u>i. rncv Abends nämlich kam der Rath früher als gewöhnlich
"a - hause und schien sehr aufgeregt. Er trat dicht zu seiner eifrig
> enden Gattin und begann nach vielen Räuspern: „Liebe Frau!
eu c am eine Estafette von der Residenz mit der Anzeige, daß Se.
. ree lenz, der Herr Gcneralbcrgdirektor Graf £., mein hoher

Der neue Frack.

Gönner, in acht Tagen zur Revision des Bcrgamts hier eintrcffen
wird. Natürlich kann er im elenden Gasthofc nicht wohnen,
sondern ich beabsichtige ihm Quartier bei mir anzutrage».

Wir haben, Gott sei Dank, Platz genug und ich erwarte von
Deinem feinen Geschmack, daß Du Alles auf's Glänzendste
arrangirst. Spare das Geld nicht, cs gilt ja, sich standesgemäß
zu präftntircn!" Dabei warf er einen ängstlichen Blick auf
seinen Kaffeebraunen und einen ditto verzweifelnden auf den
Hut. — „Was meinst Du, Liebe," begann er nach einer
Pause, „thut's dabei Hut und Rock noch so, oder soll ich

beide putzen und bügeln lassen?" —

Sprachlos vor Entsetzen starrte die Frau Räthin ihren

Mann an. Endlich, nachdem sie ihres Staunens Herr ge-
worden, begann der Born ihrer Beredsamkeit also zu sprudeln:
„Aber lieber guter Heinrich! wie kannst Du nur so obstinat
sein?! Bedenke nur, Graf L. kömmt, cin Aristokrat von reinstem
Wasser, Dein Chef, Dein Gönner — und Du willst in die-
sei» abgeschabten lächerlichen Costüme ihm unter die Augen
treten? Das kann Dir sehr schaden, Du weißt, er bat Dich
zum Dberbergrath außer der Tour vorgeschlagc», aber ich
glaube, er nimmt Alles zurück, sieht er Dich so vor ib»
hintrcten. Ich werde nach Deinem Wunsche Alles arrangiren,
Du wirst Dick dcßhalb gefälligst mir untcrordnc». Morgen

schicke ich um den Schneider Fips nach K.!"

Zwei Tage darauf erwarteten den Rath zwei bleiche
schmächtige Gesellen, die ihn mit sonderbaren Blicken maßen
und von Dbcn bis Unten musterten. Willenlos überließ er
sich dem Schneider unk seinen Gehilfen. Drei Tage darauf
kam der Anzug mit Ertraboten und wurde allerseits, nur vom
Rath nicht, bewundert. Sein alter Hans war starr vor Ent-
zücken und am Abende wußte bereits das ganze Städtchen brüh-
warm die unerhörte Neuigkeit: „Herr Rath Müller werde im
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