Goldene Praxis.
„Vollkommen, Durchlaucht," antwortete der Steuermann,
oerbeugte sich und ging mit dem Matrosen ans sein Fahr-
zeug zurück.
„Wo ist der Chronikschreiber?" fragte der Landesvater,
indem er sich zu seinen Getreuen wandte.
„Hier," ries ein dünnes Sümmchen, das einem sich letzt
herandrängenden dürren Männchen gehörte.
„Such' Er einen Stuhl, Tisch und Sein Handwerks-
zeug hierher zu bekommen, und thue Er dann 2eine ^ m -
digkcit im Anfpassen und Niederschreiben. Uns will bedunken,
.As ob es des Aufzeichnens in die Chronik werth wäre, wa
setzt vor sich gehen wird. Ohne Zweisel kann man von weit-
gereisten Seeleuten, auch wenn sic niederen Stau nn ,
manches Wissenswerthe lernen," schloß der wohlmeinende
Autokrat von Pempelstiz und der ganze Hof verbeugte ll 1
tics zum Zeichen seiner Bewunderung der ausgeklärten null
lichcn Ansichten. Der Chronikenschreiber hatte seine Feder
gespitzt iind ganz Pempelstiz harrte mit ihm in gespannter
Erwartung der Dinge, die da kommen sollten.
Die beiden Schiffsleute waren inzwischen nicht „nissig ge-
nesen, sondern hatten die Seilpyramide nach allen Zeiten
amklettert, die Stricke, welche sie zusammenhielt, gelost, und
nach einiger Mühe, die hauptsächlich in Entsernung der r en
Strohemballage von Stellen, wo sic das eine Ende des n -
vermntheten, bestand, dieses gesunden, welches Nein tat re
mit einen, fröhlichen Hurrah begrüßten.
Beim Klange dieses Hurrah culminirte die Pompe1 >ze
Neugierde.
Ist Dir, geschätzter Leser das Wesen des Lächerlichen
nach der scharfsinnigen Definition des großen Königs wrgcr
Philosophen Jmannel Kant vielleicht bekannt?
Nach ihm ist das Lächerliche nichts als die Auslosung
einer gespannten Erwartung in Nichts.
Tie Pempelstizer bedurften der gelehrten Erklärung ec,
genannten Philosophen zum Bcrständniß der «achc nicht mehr',
als der Matrose jetzt mit dem Ende des Taues an s ~cnu
sprang und, von dem im Schiffe bleibenden Prinzipal^nntcr ^
stützt, den hänfenen Lindwurm Fuß vor Fuß aus s rro ne
zog und hier in einem Kreise allmählig zu derselben Pyrann e
austhürmte, die das Ungethüm ans dem Schiffe so icln a er
Bewegung feindlich erscheinen ließ. War es auch ein schone,
Ltück Arbeit, mns vn nock vor fick, liegen hatten,
aufgenommen, den Nachruhm der Stadt nur
fördern dürfte.
Auf dem Platze blieb nur der Pempelstizer Janhagel,
welcher von dem ganzen Vorgang wenig begriffen hatte, jetzt
aber den schlau in sich hineinschmunzelnden Schiffern, die
als Seltenheit hoch angesehen waren, eifrig und unentgelt-
lich beim Herauswinden des Seiles half, so daß der Hanf-
gletschcr wirklich noch vor Abend der Pempelstizer Schul-
jugend Gelegenheit zu halsbrechendem Klettern bot.
Tic fürstliche Zeche ließen sich die beiden empirischen
Techniker bestens munden und andern Tages ließen sie sich in
Ermanglung anderer Beschäftigung mit den Gnldenstücken in
den Taschen klimpernd, auf der noch immer hochgehenden
Pempcl gemächlich ihrer Hansestadt zutreiben.
S) '"""w ti|U,einen mp.
" tün® die Beiden da noch vor sich liegen hatten,
den ^würde, konnte doch einsehcn, daß sie seiner Meister wer»
fti-ntT Virile legte sich, als ihm der erste Licht-
„i,s (-? ( w trni,'c Fallen, glättete sich aber bald tvicdcr
0/ sprach der große Mann zum ersten Bürgermeister
(fr' r?T*' Zugleich sein Premierminister war: „Laß'
.... eneii Lchelmen zwanzig Gulden auszahlen und eine
" > >ge Zeche verabreichen. Sv viel ist es immer noch werth,
vas wir von ihnen heute gelernt haben.
-tciinit schritt er majestätisch von dannen, gefolgt von den
- ltzen de, Behörden »nd dem Chronikenschrciber, der auch
euiie icn mochte, daß das Erlebte, in die Chronik von Pempelstiz
17 *
„Vollkommen, Durchlaucht," antwortete der Steuermann,
oerbeugte sich und ging mit dem Matrosen ans sein Fahr-
zeug zurück.
„Wo ist der Chronikschreiber?" fragte der Landesvater,
indem er sich zu seinen Getreuen wandte.
„Hier," ries ein dünnes Sümmchen, das einem sich letzt
herandrängenden dürren Männchen gehörte.
„Such' Er einen Stuhl, Tisch und Sein Handwerks-
zeug hierher zu bekommen, und thue Er dann 2eine ^ m -
digkcit im Anfpassen und Niederschreiben. Uns will bedunken,
.As ob es des Aufzeichnens in die Chronik werth wäre, wa
setzt vor sich gehen wird. Ohne Zweisel kann man von weit-
gereisten Seeleuten, auch wenn sic niederen Stau nn ,
manches Wissenswerthe lernen," schloß der wohlmeinende
Autokrat von Pempelstiz und der ganze Hof verbeugte ll 1
tics zum Zeichen seiner Bewunderung der ausgeklärten null
lichcn Ansichten. Der Chronikenschreiber hatte seine Feder
gespitzt iind ganz Pempelstiz harrte mit ihm in gespannter
Erwartung der Dinge, die da kommen sollten.
Die beiden Schiffsleute waren inzwischen nicht „nissig ge-
nesen, sondern hatten die Seilpyramide nach allen Zeiten
amklettert, die Stricke, welche sie zusammenhielt, gelost, und
nach einiger Mühe, die hauptsächlich in Entsernung der r en
Strohemballage von Stellen, wo sic das eine Ende des n -
vermntheten, bestand, dieses gesunden, welches Nein tat re
mit einen, fröhlichen Hurrah begrüßten.
Beim Klange dieses Hurrah culminirte die Pompe1 >ze
Neugierde.
Ist Dir, geschätzter Leser das Wesen des Lächerlichen
nach der scharfsinnigen Definition des großen Königs wrgcr
Philosophen Jmannel Kant vielleicht bekannt?
Nach ihm ist das Lächerliche nichts als die Auslosung
einer gespannten Erwartung in Nichts.
Tie Pempelstizer bedurften der gelehrten Erklärung ec,
genannten Philosophen zum Bcrständniß der «achc nicht mehr',
als der Matrose jetzt mit dem Ende des Taues an s ~cnu
sprang und, von dem im Schiffe bleibenden Prinzipal^nntcr ^
stützt, den hänfenen Lindwurm Fuß vor Fuß aus s rro ne
zog und hier in einem Kreise allmählig zu derselben Pyrann e
austhürmte, die das Ungethüm ans dem Schiffe so icln a er
Bewegung feindlich erscheinen ließ. War es auch ein schone,
Ltück Arbeit, mns vn nock vor fick, liegen hatten,
aufgenommen, den Nachruhm der Stadt nur
fördern dürfte.
Auf dem Platze blieb nur der Pempelstizer Janhagel,
welcher von dem ganzen Vorgang wenig begriffen hatte, jetzt
aber den schlau in sich hineinschmunzelnden Schiffern, die
als Seltenheit hoch angesehen waren, eifrig und unentgelt-
lich beim Herauswinden des Seiles half, so daß der Hanf-
gletschcr wirklich noch vor Abend der Pempelstizer Schul-
jugend Gelegenheit zu halsbrechendem Klettern bot.
Tic fürstliche Zeche ließen sich die beiden empirischen
Techniker bestens munden und andern Tages ließen sie sich in
Ermanglung anderer Beschäftigung mit den Gnldenstücken in
den Taschen klimpernd, auf der noch immer hochgehenden
Pempcl gemächlich ihrer Hansestadt zutreiben.
S) '"""w ti|U,einen mp.
" tün® die Beiden da noch vor sich liegen hatten,
den ^würde, konnte doch einsehcn, daß sie seiner Meister wer»
fti-ntT Virile legte sich, als ihm der erste Licht-
„i,s (-? ( w trni,'c Fallen, glättete sich aber bald tvicdcr
0/ sprach der große Mann zum ersten Bürgermeister
(fr' r?T*' Zugleich sein Premierminister war: „Laß'
.... eneii Lchelmen zwanzig Gulden auszahlen und eine
" > >ge Zeche verabreichen. Sv viel ist es immer noch werth,
vas wir von ihnen heute gelernt haben.
-tciinit schritt er majestätisch von dannen, gefolgt von den
- ltzen de, Behörden »nd dem Chronikenschrciber, der auch
euiie icn mochte, daß das Erlebte, in die Chronik von Pempelstiz
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Goldene Praxis"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
Public Domain Mark 1.0
Creditline
Fliegende Blätter, 34.1861, Nr. 825, S. 131
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg