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166

Plaudereien.

Dann ging ich fort mit leisem Fuß,
Daß Beide nichts erschrecke;

Da hörte ich noch einen Kuß —
Der klang bis um die Ecke.

Und langsam trollte ich nach Haus
Mich dann und sprach verbissen:
„So also sieht der Niemand aus,
Den Mädchen gerne küssen!"

Plaudereien.

Wie man Poststücke signiren muß.

Ein Wink für Packetverscnder.

Eö ist nicht mehr zum Aushalten mit der Post! Wo-
hin ich sehe, habe ich nur geflicktes Zeug im Hause, denn zer-
brochen ist zerbrochen und würde es noch so meisterhaft re-
parirt. Meiner thcurcn Vase sieht es doch Jedermann an, daß
sie in der Mitte einen Riß hat, und der mechanischen Ver-
kleinerung dieser mcdiceischen Venus, auf deren Ankunft ich
mich seit Wochen freute, wird die weitere postalische Verkleiner-
ung auch wohl anzusehen sein, ließe ich sie noch so schön
zusammensetzen." So lamcntirte der Baron von Sammellust,
über eine erbrochene Kiste gelehnt, deren Inhalt aus separirten
Gypsglicdcrn bestand, für deren Scheidung das allgemeine
Landrccht mit all seinen leichtfertigen Motiven keinen Grund
bot. „Und wenn man noch ein Mittel gegen diesen postalischen
Vandalismus wüßte! Man mag Flaschen aus die Kisten malen,
ein dutzendmal „vorsichtig" oder „zerbrechlich" daneben signiren,
den Begleitbrief voll höflicher Bitten schreiben, Alles vergebens,"
jammerte der Baron weiter. „An Ersatz ist nicht zu denken
und das theure Porto muß für die ruinirten Sachen so prompt
erlegt werden, als hätte das gelbe Institut seiner Verpflichtung
bestens genügt! Die Verpackung mag noch so vorzüglich sein,
umsonst." — „Daran hat's gelegen und die Post steht überhaupt
für den Schaden beim Transport zerbrechlicher Sachen nicht ein,
lautet die kurz angebundene Entscheidung. Wollen der gnädige
Herr mir einmal folgen?" fragte der neu angcworbene Diener,
der die Kiste geöffnet hatte. — „Worin?" — „In der Behandlung
der Postgüter." — „Recht gern. Du bist ja eine Zeit lang bei dem
gelben Ungeheuer angcstellt gewesen, was?" — „Ja, und bin
entlassen worden, weil ich —" — „Lass' das, cs ist Deine
Sache, wie soll ich mich der Post gegenüber verhalten?" —
„Erwarten Sic noch weitere Sendungen?" — „Gewiß, noch
in diesen Tagen." — „Und können Sie Ihrem Agenten noch
einen auf die Versendung bezüglichen Wink zugehcn lassen?"
— „Dazu ist noch Zeit." — „So schreiben Sie ihm, er
möge die Kiste nicht eisenfcst, sondern so elend verpacken, daß
das Colli nur eben noch angenommen würde. Alle Symbole
mid Worte, die vor rauher Behandlung warnen, möge er weg-
lassen und dagegen herausfordernd aus die Kiste schreiben:
Die Herren Schirrmeister brauchen mit diesem Stück sich nicht
besonders in Acht zu nehmen, cs ist werthlos und kann
einen Stoß vertragen." — „Bist Du toll, Wilhelm?" —
„Durchaus nicht, aber ich war selber Schirrmeister." — „Mit
den Warnungen ist's mir nie geglückt, was riskire ich da
mit einer Herausforderung? Nichts. Es soll geschehen." —

Es geschah und der Apoll von Belvedere kam zur größten
Freude des Barons unversehrt an, seit Jahren die erste Send-
ung, die gar keinen Schaden auf der Post erlitten hatte. —
„Wie ist das nur möglich?" fragte der Baron seinen Diener.
„Ganz einfach, gnädiger Herr! Es gibt auf Gottes Erde
kein verbisseneres Volk, als diese Postmcnschcn, müssen Sie
wissen, Herr Baron. Ob cs der Dienst mit sich bringt, der
freilich manchmal darnach ist, daß man gleich des Teufels werden
möchte, ob Einer den Andern ansteckt oder ob die vielen Re-
visoren, Inspektoren und Controlleure einem das Blut ver-
giften, genug, das Gift ist einmal da und wird unsinniger-
weise gegen den Unschuldigen ausgcspritzt. „Ich bitte um
schleunige Besorgung." Ei, da müßte ich ja keine fünf Silber-
groschen zur Bezahlung der vorgeschriebcncn Ordnungsstrafe
für Zurücklaffen eines Stückes mehr haben, wenn ich dem im-
pertinenten Narren keinen vicrundzwanzigstündigcn Strich durch
seine alberne Rechnung machen sollte. „Ich bitte um vorsichtige
Behandlung." Kreuzschock-Millionen-Donnerwetter sollen doch
einem solchen Philister zwischen die Rippen fahren, der einem
noch Vorschriften machen will, als ob cs daran fehlte. Sitzt
daheim im Schlafrock und Pantoffeln, gähnt vor Langeweile
und will geplagte Leute noch mit seinem lumpigen Collo hetzen.
Unter Ausstoßung solcher Flüche habe ich selber manches Collo
von der Vachc des Wagens auf die Erde geschleudert. 'Wo
eine Beschädigung, die dazu meistens innerlich am größten
ist, stattgcsuuden hat, ist nie scstzustellcn. Eine allgemein ein-
gcsührtc bessere Behandlung und reichlichere Besoldung der
Leute wäre das einzige wirksame Gegengift. Da cs bis dahin
noch weit ist, würde ich Ihnen rathen, sich durch die List, die
ich angewandt, auch fernerhin eine bessere Behandlung Ihrer
Güter aus der Post zu sichern. „Was, will der Kerl uns
zwingen, seine ohnehin elende Verpackung zu ruiniren? Jeden-
falls ist nichts gcschcidtes d'rin und der Lump ist ein Prozeß-
krämcr der das Armenrecht hat und sich mit der Post vor
Gericht herumtrcibcn will. Für ihn ist cs schon Gewinn genug,
wenn das Porto niedergeschlagen wird. Dem Kerl kann kein
größerer Schabernack geschehen, als wenn sein elendes Stück
wohl erhalten ankommt und er das Porto dafür zahlen muß."
Ich lasse mich hängen, gnädiger Herr, wenn nicht alle Schirr-
meister der Route so gedacht und dem gemäß gehandelt haben."
„Du scheinst Recht zu haben, aber auf die Dauer wird die
List schwerlich ausrcichcn." — „Wechseln Sic in den Ausdrücken
ab und verstärken Sic die Herausforderung von Zeit zu Zeit,
so daß man glauben muß, Sic seien trostlos darüber, kein
zertrümmertes Collo von der Post erhalten zu können. Die
Schirrmeister werden sich den Narren bald herausmcrken und
selbst ihren Nachfolgern empfehlen, mit dessen Stücken glimpf-
lich umzugehen, damit er an dem Acrgcr crepirc, keine zer-
brochene Kiste von der Post heimtragen zu können." — Der
Baron von Sammellust schüttelte lachend den Kopf, that aber
im Uebrigen nach dem Rathe des Erschirrmcisters und hat
seitdem merkwürdiges Glück mit seinen Postsendungen.

Moral.

Der wildeste Affe läßt sich fangen, wenn Du einen ge-
zähmten zum Rathgeber hast.
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