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66

Ein schreckl

Begrüßungen in ein leeres Nebenkabinet zurück und vertieften
uns in die Schilderungen unserer Erlebnisse und Enttäusch-
ungen. Auch gestand ich meinem Freunde, ich wäre nun ge-
sonnen, nachdem ich des Daseins Dornen hinlänglich kennen
[ gelernt und meine Zukunft gesichert sei — es einmal mit
; dessen Rosen zu versuchen, nämlich mit den Frauen. —„Du
1 willst heirathen?" fragte Karl mit erschrecktem Gesicht. —

! „Ja wohl," entgegnete ich. — „Hast Du schon gewählt?"
j — „Das nicht, aber ich werde cs — ich werde Umschau
halten, — mich bestreben, möglichst bald den Engel zu finden,
der sich an meine Seele schmiegt, ich sehne mich nach
häuslichem Glücke, nach dem Hafen der Ruhe." — „Dem
Hafen der Ruhe!!" rief mein Freund mit cigenthümlichem
Ausdrucke. „Und da willst Du heirathen?" — „Nun, weß-
: halb nicht?" — Karl murmelte etwas vor sich hin, das
j ich nicht verstand, und sagte endlich laut: „Ich bitte Dich,

I laß es bleiben. Du sehnst Dich nach dem Hafen der
j Ruhe und willst heirathen — hahaha!" — „Du ärgerst
mich!" rief ich aus. „Bist Du nicht auch verheirathet?
Hast Du mir nicht gesagt, Deine Frau sei schön, jung, lie-
j benswürdig und »ermöglich — ist das nicht genug? —Bist
Du nicht glücklich?" — Karl schien mit sich zu kämpfen.

! Plötzlich sagte er trocken: „Meine Frau hat allerdings alle
: jene Vorzüge, und dennoch —" „ dennoch?" — „den-

i noch bin ich nicht glücklich — ich wollt', ich wär' wieder
! allein!" —„Du warst immer überspannt," sagte ich; „Gott
j weiß, warum Du nicht glücklich bist. Es gibt Männer, die
an ihren Gattinen keinen andern Fehler aufzufinden wissen,
als daß sie eben ihre Frauen sind. Liebst Du eine Andere?"
— „Was fällt Dir ein! Anna ist mir ungemein theuer,
ich liebe sie, wie am Tage vor der Hochzeit." — „Oder
liebt s i e einen Anderen?" — „Nun wirst Du beleidigend,
Hugo!" rief Karl erzürnt. — „Also zum Kukuk, warum
machst Du so zweideutige Gesichter, und sagst, Du seist nicht
glücklich?" — Karl sah ernst vor sich hin, und sagte nach einer
Pause: „Du könntest wohl auf einige Tage bei uns wohnen." —
„Welch' eine Idee! Was würde Deine Frau dazu sagen?" —

1 „Meine Frau liebt es, Gäste zu haben; das bringt Leben in's Haus;
wir haben auch ein Gastzimmer; — Du könntest Abends
noch einziehen." — „Keine Rede, ich bin ja Deiner Gattin
noch nicht einmal vorgestellt." — „Nun, so komme morgen
zu uns zum Essen, Punkt drei Uhr; das Weitere wird sich
wachem" —- „Gut, gut — ich bin sicher, in Deiner Anna
einen Engel zu finden. Vielleicht verliebe ich mich in sie."
Karl lachte., sah nach der Uhr und sagte: „Sechs Uhr —
nun muß ich nach Hause; lebe also recht vergnügt bis
morgen, Hugo, uird vergiß nicht auf das Diner." —

„ Auf Wiedersehen denn, Karl," sagte ich, dem Freunde
die Hand schüttelnd. — Er ging. Ich war froh darüber.

! Das Thema, von dem zu spreclie« er eben so viel Wider-
. willen alö Lust zu haben schien, kam mir aus dem
| Bereiche des Möglichen. Wenigstens beging ich keinen Vcr-
! stoß gegen das Zartgefühl, wenn ich bis morgen auf
! die Lösung des Räthsels warten mußte. — Ich näherte

iches Weib.

mich einem Billard, um die Zeit bis zur Theaterstunde zu
verspielen. —

Als ich mich später im Hoftheater während des Zwi-
schenaktes von dem Folterbänklein erhob, welches erstaunliche
Genügsamkeit mit dem stolzen Namen „Sperrsitz" beehrt, um
meine verrenkten Muskeln ein wenig auszustrecken, gewahrte
ich unweit von mir meinen Freund Karl an der Seite
einer wunderhübschen Frau, deren Anblick plötzlich meine
Skrupel wegen Annahme von dessen Gastfreundschaft ganz
wunderbar verstummen ließ. Karl grüßte mit fast verle-
genem Lächeln, und ich eilte, mich ihm nach der Theatervor-
stellung zu nähern. Ich ward der schönen Frau von Frisch-
herz präsentirt, uub sie mir; sie lud mich mit der liebens-
würdigsten Unbefangenheit ein, das Hans ihres Gatten als
meine Heimath zu betrachten, wozu es eben nicht der Ueber-
redungskunst eincö Cicero bedurfte. Ich bemühte mich, als
ich diese freundliche Aufforderung annahm, den ganzen Zauber
gebildeter Männlichkeit zu entfalten, indem ich jedoch nicht
versäumte, auf Karl einen jener grimmig anklagenden Blicke
zu werfen, welche wir Garyons stets für unzufrieden sich ge-
berdende Märtyrer jenes reizenden Malheur's, welches das
„häusliche Glück" genannt wird, auö purem Neide in Be-
reitschaft haben. „Ich soll Anna beobachten, uin sie unlie-
benswerth zu sinden," sagte ich mir auf dem Heimwege,
„Karl bedarf vielleicht trotz seiner Betheuerungen der Nach-
sicht, der Entschuldigung vor sich selbst — ich werde ihn
aber auf das Strengste beurtheilen, ja, auf das Strengste!"
Mit der Fortsetzung dieser Betrachtungen beschäftigte ich mich
noch inr Bette nach glücklich vollbrachtem Souper bei glim-
mender Cigarre, und entschlief mit dem festen Vorsätze, Anna
auf das Unverantwortlichste den Hof zu machen, einzig nur
um Karl für seine Unzufriedenheit zu bestrafen.

Am nächsten Morgen beim Frühstücke wollte ich mich
eben meines gestrigen Vorsatzes schämen, als Karl bei mir
eintrat. —• „Nun, wie gefällt Dir meine Frau?" fragte er.

— „Außerordentlich — ich liebe sie schon jetzt," .polterte
ich heraus. „Mit mir ladest Du Dir das Unheil in's Haus

— laß mich, wo ich bin." — „Aufrichtigster aller Ver-
führer!" lachte Karl. „Was Ihr Garyons doch bescheiden
seid!! — Hilft aber nichts — Du kommst um drei Uhr zum
Essen, und zwar zugleich mit Deinen Effekten. Daran
wollte ich Dich erinnern — darum bin ich hier. Also ver-
giß nicht, es macht mir Spaß." — „Bin ich einmal bei
Euch, so bringt Ihr mich sobald nicht wieder los," sagte ich,
verdrießlich, mich lächerlich gemacht zu haben. — „Und ich
wette, Du hältst nicht acht Tage bei uns aus," rief Karl.

— „Nicht acht Tage! — ja weßhalb denn nicht?" sagte
ich voll Staunen. — „Komm und sich! willst Du wetten?"

— „Nun ja," entgegnete ich gereizt. „Dort steht ein Käst-
chen mit hundert Milares, es ist Dein, wenn ich Dein Haus
aus eigenem Antriebe verlasse." „Very well!“ lachte Karl,
„auf Wiedersehen bei Tische!" —

Um 3 Uhr desselben Tages war ich bei Karl inställirt.
Wir gingen zu Tische, und hatten ein ebenso vortreffliches
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