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Auflösung des Räthsels in voriger Nr. 945:

Damascener.

Die Schulprügcl,

ihr Nutzen und ihre Nnentbehrlichtzeit.

(Schluß.)

Ferner durch den kleinen Schmerz, welchen sie ver-
ursachen , gewöhnen sie die Kinder allmälig an Ertragung
von Leiden und bereiten sie somit auf die viel hcirtern
Schläge vor, die sie als Erwachsene dereinst vom Schicksal,
diesem großen Schulmeister des Lebens, ganz sicher empfangen
werden. Ich selbst habe es in der Schule einst mit ange-
sehen, wie ein Bube eine ganze Stunde laug gehauen und
an den Ohren gezupft wurde mit dem immer wiederholten
Refrain: „Willst Du gleich gestehen, Du Bengel?" — Der
Junge aber gestand nichts. — „Ei, da seht Ihr, ja," —
höre ich meine Gegner mit trinmphirendem Tone rufen, —
„daß das Hauen gar nichts hilft, sondern nur immer ver-
stockter macht!" — Ihr Kurzsichtigen, — antworte ich da-
gegen, — freilich half's zwar gerade nicht zum Geständnisse,
dafür brachte es einen andern, weit größeru Vvrthcil, cs übte
den Jungen in der Geduld, der Standhaftigkeit, der stoischen
Ertragung der Schmerzen, und kann Etwas wohl auf bessere
Weise zur Bildung des Charakters und seiner Festigkeit bei-
tragen? Ich wüßte Nichts. Bekennt doch selbst ein Mann,
dem nicht einmal seine Gegner so leicht die Festigkeit des
Charakters absprechen werden, nämlich Luther, daß er in
seiner Kindheit Prügel bekommen, und daß ihm diese höchst
gesund und heilsam gewesen! Kurz ich bleibe dabei: Prügel
sind das eigentliche Salz zur Schulsuppe.

Der Seclennutzen für den Lehrer, der in der Regel an
nichts Ueberfluß hat, als an Aerger, besteht eben darin, daß

er diesen Aerger durch Prügel auf die sicherste und natur-
gcmäßcste Weise austobt und aus sich hinaus prügelt und
so den großen Schaden vermeidet, den ein zurückgehaltener,
sich nicht körperlich auslassender und innerlich fortfressendcr

Die Schulprügel. 63

Aerger geistig und leiblich zu haben pflegt. Der Bakel ist
gleichsam der Ableiter seines innern Gewitters. Lehrer wer-
den, wie die Erfahrung lehrt, häufig sehr alt, was sicherlich
nicht an Sorglosigkeit und Behaglichkeit des Lebens, sondern
gerade an der häufigen Gelegenheit, Sorgen und Aerger durch
Prügeln zu entledigen, liegt. Ist der Junge tüchtig durch-
gewalkt, so hört der Zorn gegen ihn auf, und es bleibt kein
zurückgehaltener und immer nachwirkender parteiischer Groll
gegen ihn zurück. Die einförmige Thätigkeit Eines und des
nämlichen Organes, des Sprachorganes, müßte den Lehrer
wahrhaftig zur Verzweiflung bringen, wenn er nicht die Ge-
legenheit benutzen sollte, diesem Organe durch zeitweilige Be-
schäftigung eines andern, des Prügelorganes, dann und wann
einige Ruhe zu gönnen, und so werden Prügel eine wahre
Erholung und Erquickung für den Lehrer. Ebenso aber auch,
etwa, vielleicht den Durchgeprügelten ausgenommen, für die ganze
Klasse, für die cs in der Regel eine willkommene Unterbrech-
ung, ein heitrer Zwischenakt, ja ein wahres gaudium ist,
wenn tüchtig geprügelt wird.

Ihr sagt, auch der Lehrer sei ein Mensch, der sich täuschen
oder zu hitzig werden könne, so daß er oft mit Unrecht prü-
gele oder doch darin zu weit gehe. Als ob dies nicht bei
jeder andern Strafe auch der Fall wäre! — „Allein ein
Wort," — meint Ihr, — „in der Uebereilung und Hitze
gesprochen, läßt sich durch ein anderes, versöhnendes und
mildes, zurücknehmen und wieder gut machen; Prügel aber
lassen sich weder durch andere Prügel noch durch Worte
zurücknehmen; wer sie hat, behält sie." — Als ob das nun
ein so großer Schaden wäre! Denn gesetzt auch den Fall,
cs würde Einer einmal unschuldig gebläut, so kann der
Lehrer, wenn er's hinterdrein merkt, immer sagen: „Junge,
nimm's für frühere Vergehen und Unarten, die Dir ungcmerkt
und nngeprügelt hingegangen sind," — oder: „Junge, Du
sollst die Prügel für das nächste Mal, wann Du sie verdienst,
voraus empfangen haben," — und der Junge hat dann
gewissermaßen den Ablaßzcttel für seine nächste Sünde voraus
und diese frei. Denn daß er sie begehen wird, ist sicher,
und cs sollten eigentlich Prügel auch ohne besondere, hcrvor-
tretcnde Veranlassung in regelmäßigen und nicht zu kurzen
Zwischenräumen an Alle ausgetheilt werden, ungefähr wie
man Röcke und Hosen, wenn sie rein bleiben sollen, täglich
bürsten und ausklopfen muß, weil sich doch immer Staub
daran setzt, auch wenn man ihn nicht eben alle Tage gewahr
wird. — „Mag sein für Knaben," sagt Ihr, — „aber bei
Mädchen ist doch das Prügeln ohne Beeinträchtigung der
Deceuz gar nicht anwendbar." — In der gewöhnlichen und
beliebtesten 'Form allerdings nicht. Bei Mädchen ist aller-
dings das Prügeln eine delikatere und kitzlichere Sache;
doch ein gescheidter Lehrer muß sich auch hier zu helfen
wissen, und ich bleibe bei meinem Satze: Prügel müssen
sein, damit sei

sana mens in corpore sano.

Weimar.
Bildbeschreibung

Werk/Gegenstand/Objekt

Titel

Titel/Objekt
"Die Schulprügel"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Grafik

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Aufbewahrungsort/Standort (GND)
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Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES

Objektbeschreibung

Maß-/Formatangaben

Auflage/Druckzustand

Werktitel/Werkverzeichnis

Herstellung/Entstehung

Entstehungsort (GND)
München

Auftrag

Publikation

Fund/Ausgrabung

Provenienz

Restaurierung

Sammlung Eingang

Ausstellung

Bearbeitung/Umgestaltung

Thema/Bildinhalt

Thema/Bildinhalt (GND)
Schüler <Motiv>
Lehrer <Motiv>
Stock <Motiv>
Körperliche Züchtigung <Motiv>
Karikatur
Buch <Motiv>
Satirische Zeitschrift
Thema/Bildinhalt (normiert)
Prügel <Motiv>

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Künstler/Urheber (GND)
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Reproduktionstyp
Digitales Bild
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Public Domain Mark 1.0
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Fliegende Blätter, 39.1863, Nr. 946, S. 63

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