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Eine Kosak
| zimmer geschafft wurden. Der Ataman hatte hinsichtlich der
Frauen keinen schlechten Geschmack; das bewies schon die
i Wahl seiner Favorit-Marketenderin, die jetzt mit des Grafen
Kosakendiener sich flink herumdrehte; Daszko aber wählte sich
j jetzt die schönste Bauernmaid im Saale, die verkleidete Com-
j kesse selbst, zum lustigen Kosakentanz aus. Wie ein Frosch
hüpfte er leise um sie herum, bald sprang er hoch auf, wie
sich ein Hecht über die Oberfläche des Teiches emporschwingt,
- bald kugelte er sich gleich einem Knäuel auf der Erde herum,
und dabei schwenkte er den Kopf unausgesetzt bald rechts bald
links und rief in jubelnden Tönen: „huha! huha!" Die Tän-
zerin aber hatte nichts zu thun, als leise über das Spiegel-
parquet hiuzugleiten, und graziös, wie ein junges Reh, herum-
Mhüpfen. Der Rausch des Vergnügens ergriff Alle und all-
gemeiner Jubel herrschte.
Da trat eilig ein alter, flnster aussehender Kosak mit
langem, weißem Bart in den Saal, und winkte Daszko
heftig; doch dieser merkte es nicht, oder wollte sich in seiner
Lust nicht stören lassen. Da mischte sich der Alte, vor Auf-
regung zitternd, dreist unter die Tanzenden und sich an
daszko drängend, raunte er ihm zu: „Ataman, auf, fort
v°u hier, wenn Dir Dein und unser Aller Leben werth ist!"
„Was ift's? Was gibt es?" riefen mehrere der Tanzen-
! l>en, unangenehm gestört.
„Fort mit Dir!" lallte Daszko: „fort, grauer Narr, laß
j uni mein Vergnügen!"
„Ich beschwöre Dich, .0 Herr, beim heiligen Nikolaus,
hür^ mich an: ich öffnete zufällig die Thüre einer Scheune
und fand sie voll mit Sensenmännern."
„Was, Sensenmänner? Sensenmänner?" scholl es rings
umher, und der Tanz stockte.
Mit schneller Geistesgegenwart sprach da der Pseudo-
Verwalter:
„Allerdings Sensenmänner, nämlich Knechte, denen ich
befahl, für die nahe Ernte unsere Sensen zu schärfen, da sie
gerade nichts Besseres zu thun haben."
„Nun siehst Du's!" rief Daszko zornig, und schob den
Üch sträubenden und heftig gestikulirenden und betheuernden
-llten eigenhändig zur Thüre hinaus. Dann sah er sich
nieder nach seiner schönen Tänzerin um; diese aber war
'U't ihrem Vater aus dem Saale verschwunden, da sich der
j entscheidende Augenblick nahte.
Unmuthig stampfte der Ataman mit dem Fuße; denn
bringender wollte er jetzt ihr seinen Antrag wiederholen, den
!le vorhin mit angenehmem Lächeln angehört hatte, nämlich:
als Marketenderin unter die Kosaken zu gehen, und die be-
Ueidenswerthe Stelle seiner Favoritin einzunehmen.
Comtesse Jsabella wollte eben über den Hof schlüpfen,
um in dem entlegenen Pavillon des großen Parkes, von be-
j u>affneten Dienern umgeben, in Sicherheit den Ausgang der
Katastrophe zu erwarten.
Doch im Hofe war auch Musik und Tanz, und ein
■ suilder, einäugiger Kosak mit wüstem, unheimlichem Gesicht,
laßte ]ie vlötzlich, und wollte die sich heftig Sträubende zum
en - Escorte.
Tanzen zwingen. In plötzlichem Schreck schrie Jsabella laut
auf, ihr Vater versetzte zornentbrannt dem Verwegenen einen
Stoß, während zugleich Gras Maryan, der diese Scene von
der Scheunenthür aus gesehen hatte, auf die sich schnell ver-
größernde Gruppe zustürzen wollte, um seiner Schwester zu
Hülfe zu eilen. Doch die Wachtposten an der Scheune stießen
ihn barsch zurück. Da gab er das verabredete Zeichen, einen
gellenden Pfiff, worauf die Gefangenen in der Scheune die
darin versteckt gewesenen Waffen ergriffen, sich schnell ihrer
Bande entledigten und in den Hof stürzten. Zugleich erschienen
von allen Seiten Sokolnicki's Leute, und, trotz der Voreiligkeit
des Ansbruches, wurden bald sämmtliche Kosaken entwaffnet,
wobei es nur einige Todte und Verwundete gab.
So gelang es, die Gefangenen glücklich zu befreien, die
bei offenem Angriff der Niedermetzelung ausgesetzt gewesen
wären. Den Kosaken wurden ihre Waffen, Pferde und Beute
abgenommen, und dieselben sodann frei nach Warschau ent-
lassen, wo sie General Graf B... mit einem fürchterlichen
Donnerwetter empfing und den Ataman degradirte.
Graf Pollyan aber hielt sich in seinem Schlosse nicht
mehr sicher, sondern begab sich in's Lager der Insurgenten,
und da sich die Hoffnungslosigkeit des Aufstandes immer
klarer herausstellte, benützte er die erste Gelegenheit, sich mit
seinen beiden Kindern in's Ausland zu begeben.
Der höchste Feiertag.
Pfarrer: „Nun sag'Du mir einmal, Hansjörg, wel-
ches ist denn der vornehmste Feiertag im ganzen Jahr?" —■
Hansjörg: „Die Kirwa!" —Pfarrer: „Die Kirchweih'?
Wie magst Du so albern reden. Sieh, da mußt Dich ja vor
dem Kleinen dort schämen, der muß d'rüber lachen, daß Du
nichts Gescheidteres zu sagen gewußt hast. Nun, so sag's ihm ein-
mal, Peterl, welches der vornehmste Feiertag im ganzen Jahr
ist!" — Peter (triumphirend): „Wenn g'schlacht't w erd!"
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Eine Kosak
| zimmer geschafft wurden. Der Ataman hatte hinsichtlich der
Frauen keinen schlechten Geschmack; das bewies schon die
i Wahl seiner Favorit-Marketenderin, die jetzt mit des Grafen
Kosakendiener sich flink herumdrehte; Daszko aber wählte sich
j jetzt die schönste Bauernmaid im Saale, die verkleidete Com-
j kesse selbst, zum lustigen Kosakentanz aus. Wie ein Frosch
hüpfte er leise um sie herum, bald sprang er hoch auf, wie
sich ein Hecht über die Oberfläche des Teiches emporschwingt,
- bald kugelte er sich gleich einem Knäuel auf der Erde herum,
und dabei schwenkte er den Kopf unausgesetzt bald rechts bald
links und rief in jubelnden Tönen: „huha! huha!" Die Tän-
zerin aber hatte nichts zu thun, als leise über das Spiegel-
parquet hiuzugleiten, und graziös, wie ein junges Reh, herum-
Mhüpfen. Der Rausch des Vergnügens ergriff Alle und all-
gemeiner Jubel herrschte.
Da trat eilig ein alter, flnster aussehender Kosak mit
langem, weißem Bart in den Saal, und winkte Daszko
heftig; doch dieser merkte es nicht, oder wollte sich in seiner
Lust nicht stören lassen. Da mischte sich der Alte, vor Auf-
regung zitternd, dreist unter die Tanzenden und sich an
daszko drängend, raunte er ihm zu: „Ataman, auf, fort
v°u hier, wenn Dir Dein und unser Aller Leben werth ist!"
„Was ift's? Was gibt es?" riefen mehrere der Tanzen-
! l>en, unangenehm gestört.
„Fort mit Dir!" lallte Daszko: „fort, grauer Narr, laß
j uni mein Vergnügen!"
„Ich beschwöre Dich, .0 Herr, beim heiligen Nikolaus,
hür^ mich an: ich öffnete zufällig die Thüre einer Scheune
und fand sie voll mit Sensenmännern."
„Was, Sensenmänner? Sensenmänner?" scholl es rings
umher, und der Tanz stockte.
Mit schneller Geistesgegenwart sprach da der Pseudo-
Verwalter:
„Allerdings Sensenmänner, nämlich Knechte, denen ich
befahl, für die nahe Ernte unsere Sensen zu schärfen, da sie
gerade nichts Besseres zu thun haben."
„Nun siehst Du's!" rief Daszko zornig, und schob den
Üch sträubenden und heftig gestikulirenden und betheuernden
-llten eigenhändig zur Thüre hinaus. Dann sah er sich
nieder nach seiner schönen Tänzerin um; diese aber war
'U't ihrem Vater aus dem Saale verschwunden, da sich der
j entscheidende Augenblick nahte.
Unmuthig stampfte der Ataman mit dem Fuße; denn
bringender wollte er jetzt ihr seinen Antrag wiederholen, den
!le vorhin mit angenehmem Lächeln angehört hatte, nämlich:
als Marketenderin unter die Kosaken zu gehen, und die be-
Ueidenswerthe Stelle seiner Favoritin einzunehmen.
Comtesse Jsabella wollte eben über den Hof schlüpfen,
um in dem entlegenen Pavillon des großen Parkes, von be-
j u>affneten Dienern umgeben, in Sicherheit den Ausgang der
Katastrophe zu erwarten.
Doch im Hofe war auch Musik und Tanz, und ein
■ suilder, einäugiger Kosak mit wüstem, unheimlichem Gesicht,
laßte ]ie vlötzlich, und wollte die sich heftig Sträubende zum
en - Escorte.
Tanzen zwingen. In plötzlichem Schreck schrie Jsabella laut
auf, ihr Vater versetzte zornentbrannt dem Verwegenen einen
Stoß, während zugleich Gras Maryan, der diese Scene von
der Scheunenthür aus gesehen hatte, auf die sich schnell ver-
größernde Gruppe zustürzen wollte, um seiner Schwester zu
Hülfe zu eilen. Doch die Wachtposten an der Scheune stießen
ihn barsch zurück. Da gab er das verabredete Zeichen, einen
gellenden Pfiff, worauf die Gefangenen in der Scheune die
darin versteckt gewesenen Waffen ergriffen, sich schnell ihrer
Bande entledigten und in den Hof stürzten. Zugleich erschienen
von allen Seiten Sokolnicki's Leute, und, trotz der Voreiligkeit
des Ansbruches, wurden bald sämmtliche Kosaken entwaffnet,
wobei es nur einige Todte und Verwundete gab.
So gelang es, die Gefangenen glücklich zu befreien, die
bei offenem Angriff der Niedermetzelung ausgesetzt gewesen
wären. Den Kosaken wurden ihre Waffen, Pferde und Beute
abgenommen, und dieselben sodann frei nach Warschau ent-
lassen, wo sie General Graf B... mit einem fürchterlichen
Donnerwetter empfing und den Ataman degradirte.
Graf Pollyan aber hielt sich in seinem Schlosse nicht
mehr sicher, sondern begab sich in's Lager der Insurgenten,
und da sich die Hoffnungslosigkeit des Aufstandes immer
klarer herausstellte, benützte er die erste Gelegenheit, sich mit
seinen beiden Kindern in's Ausland zu begeben.
Der höchste Feiertag.
Pfarrer: „Nun sag'Du mir einmal, Hansjörg, wel-
ches ist denn der vornehmste Feiertag im ganzen Jahr?" —■
Hansjörg: „Die Kirwa!" —Pfarrer: „Die Kirchweih'?
Wie magst Du so albern reden. Sieh, da mußt Dich ja vor
dem Kleinen dort schämen, der muß d'rüber lachen, daß Du
nichts Gescheidteres zu sagen gewußt hast. Nun, so sag's ihm ein-
mal, Peterl, welches der vornehmste Feiertag im ganzen Jahr
ist!" — Peter (triumphirend): „Wenn g'schlacht't w erd!"
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Eine Kosaken-Escorte"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 52.1870, Nr. 1282, S. 43
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg