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" Handlungen, sowie von allen Postämtern uud 1= liC9V« preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. ° "u-
Fcitui, gservediiionen angenommen. ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne lliummern 9 kr. od. 2'/., Sgr.
Leid und Liebe.
lioo.: Koche Veilchen in Milch und setze so lange Sonnen-
nnlcrgang, Alpenglühen, Mondschein und Nachtigallen-
lone hinzu, bis das Ganze ein steifer Brei wird — lasse
to jedoch ja nicht anbrennen. Hierauf brühe einen harten
Ban-r in Geldgier oder Ahnenstolz ab, schlage einen
herzlosen Bräutigam (womöglich polizeilich verfolgten
Bösewicht) zu Schnee, quetsche den Saft von zwei ge-
brochenen Herzen hinein und lasse das Ganze in Nerven-
schwäche gut durchziehen. Gieße nun Alles in eine
mit Mühlbach'sche», Fett wohl ausgeschmierte Novcllen-
form und gieb es dann lauwarm in einer sentimentalen
Thränensauce, die mit einigen Jean Panischen Phrasen
abgcqnirlt wird. Dr. R. S.
Linda von S. war eines jener wunderbaren Frauen-
bilder, die sich nur ahnen lassen; ihre Ichheit war das ein-
zige schwache Band, welches den kleinen Theil des Irdischen
noch an die himinclzubebende Seele knüpfte und dies äthe-
rische Wesen zwang, unseren kalten Planeten noch kurze Se-
kunden durch ihre Anmuth zu verschönen.
Früh schon hatte das dunkelwaltende Fatum ihr das
Mutterauge, das einzige, zarte, welches die übermenschlichen
Schriftzüge ihres Herzens zu lesen verstand, geschlossen und
nur der Vater war ihr geblieben — ein Schlachtmesser in der
Hand des Stolzes — welcher, thcilnahmlos, ohne Mitgefühl
tief Hineinschnitt in Linda's blutende Liebe zum ganzen M.
Schon begann der bleiche Genius den Lebensnerv straffer
und straffer zu spannen, damit vor dem nahenden Ende die
irdischen Peiniger durch die Berührung immer höhere und
reinere Melodiecu Linda's Seele entlockten, die dann plötz-
lich in sanftem Verklingen hier verstummen sollte, um dort
oben, sich mit süßen Auferstehungsklängen mischend, ewig-har-
monisch weiter zu tönen! — Dennoch schnitt das Messer der
väterlichen Leidenschaft immer tiefer: Aerzte kurirtcn ans
Nervenschwäche — kann die Hand des Gärtners durch An-
binden der geknickten Lilie tödtliche Wunde heilen? — das
Frühjahr sollte sie in der Schweiz finden: ach! der stärkende
Balsam der Alpenkräuter vermochte wohl durch seinen Duft
den letzten Athemzug der verlöschenden Ampel zu versüßen —
ihn verlängern konnte er nicht! —
Der Herbst begann seine bunten Lichter auf das leben-
digere Colorit der Gegend umher zu werfen. — Linda durch-
zitlertc die stummen Gänge des welkenden Parkes; — ein
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" Handlungen, sowie von allen Postämtern uud 1= liC9V« preis für den Band von 26 Nummern 3 fl. 54 kr. ° "u-
Fcitui, gservediiionen angenommen. ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne lliummern 9 kr. od. 2'/., Sgr.
Leid und Liebe.
lioo.: Koche Veilchen in Milch und setze so lange Sonnen-
nnlcrgang, Alpenglühen, Mondschein und Nachtigallen-
lone hinzu, bis das Ganze ein steifer Brei wird — lasse
to jedoch ja nicht anbrennen. Hierauf brühe einen harten
Ban-r in Geldgier oder Ahnenstolz ab, schlage einen
herzlosen Bräutigam (womöglich polizeilich verfolgten
Bösewicht) zu Schnee, quetsche den Saft von zwei ge-
brochenen Herzen hinein und lasse das Ganze in Nerven-
schwäche gut durchziehen. Gieße nun Alles in eine
mit Mühlbach'sche», Fett wohl ausgeschmierte Novcllen-
form und gieb es dann lauwarm in einer sentimentalen
Thränensauce, die mit einigen Jean Panischen Phrasen
abgcqnirlt wird. Dr. R. S.
Linda von S. war eines jener wunderbaren Frauen-
bilder, die sich nur ahnen lassen; ihre Ichheit war das ein-
zige schwache Band, welches den kleinen Theil des Irdischen
noch an die himinclzubebende Seele knüpfte und dies äthe-
rische Wesen zwang, unseren kalten Planeten noch kurze Se-
kunden durch ihre Anmuth zu verschönen.
Früh schon hatte das dunkelwaltende Fatum ihr das
Mutterauge, das einzige, zarte, welches die übermenschlichen
Schriftzüge ihres Herzens zu lesen verstand, geschlossen und
nur der Vater war ihr geblieben — ein Schlachtmesser in der
Hand des Stolzes — welcher, thcilnahmlos, ohne Mitgefühl
tief Hineinschnitt in Linda's blutende Liebe zum ganzen M.
Schon begann der bleiche Genius den Lebensnerv straffer
und straffer zu spannen, damit vor dem nahenden Ende die
irdischen Peiniger durch die Berührung immer höhere und
reinere Melodiecu Linda's Seele entlockten, die dann plötz-
lich in sanftem Verklingen hier verstummen sollte, um dort
oben, sich mit süßen Auferstehungsklängen mischend, ewig-har-
monisch weiter zu tönen! — Dennoch schnitt das Messer der
väterlichen Leidenschaft immer tiefer: Aerzte kurirtcn ans
Nervenschwäche — kann die Hand des Gärtners durch An-
binden der geknickten Lilie tödtliche Wunde heilen? — das
Frühjahr sollte sie in der Schweiz finden: ach! der stärkende
Balsam der Alpenkräuter vermochte wohl durch seinen Duft
den letzten Athemzug der verlöschenden Ampel zu versüßen —
ihn verlängern konnte er nicht! —
Der Herbst begann seine bunten Lichter auf das leben-
digere Colorit der Gegend umher zu werfen. — Linda durch-
zitlertc die stummen Gänge des welkenden Parkes; — ein
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Werk/Gegenstand/Objekt
Pool: UB Fliegende Blätter
Titel
Titel/Objekt
"Leid und Liebe"
Weitere Titel/Paralleltitel
Serientitel
Fliegende Blätter
Sachbegriff/Objekttyp
Inschrift/Wasserzeichen
Aufbewahrung/Standort
Aufbewahrungsort/Standort (GND)
Inv. Nr./Signatur
G 5442-2 Folio RES
Objektbeschreibung
Maß-/Formatangaben
Auflage/Druckzustand
Werktitel/Werkverzeichnis
Herstellung/Entstehung
Künstler/Urheber/Hersteller (GND)
Entstehungsort (GND)
Auftrag
Publikation
Fund/Ausgrabung
Provenienz
Restaurierung
Sammlung Eingang
Ausstellung
Bearbeitung/Umgestaltung
Thema/Bildinhalt
Thema/Bildinhalt (GND)
Literaturangabe
Rechte am Objekt
Aufnahmen/Reproduktionen
Künstler/Urheber (GND)
Reproduktionstyp
Digitales Bild
Rechtsstatus
In Copyright (InC) / Urheberrechtsschutz
Creditline
Fliegende Blätter, 52.1870, Nr. 1280, S. 25
Beziehungen
Erschließung
Lizenz
CC0 1.0 Public Domain Dedication
Rechteinhaber
Universitätsbibliothek Heidelberg