IBestellungen werden in allen Bnch- nnd Kunst-
handlungen, sowie von allen Postämtern nnd
Jeitnngsexpcditionen angenommen.
M- LS»S.
Erscheinen wöchentlich ein Mal. Snbjcriptions , ,,
preis für den Band von 26 Nummern 3fl. 54kr.• - -
ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/, Sgr.
Con cordia.
(Schluß.)
Der Mensch indessen ist ei» zweibeiniges Geschöpf, das
den Wechsel ebenso sehr liebt, als es demselben unterworfen
sit. Die Vogelheimer wurden nach und nach des Haders
müde und man wünschte allgemein den Frieden, wenn man
auch nicht allgemein den Muth hatte, diesen Wunsch offen
ausznsprcchcn. Diejenigen jedoch, welche diesen Muth besaßen,
bildeten einen festen Kern und dieser Kern bildete eine Ge-
sellschaft, die sich „Concordia" nannte. Die Concordia erwarb
sich so viel Mitglieder, daß in Kurzem fast jeder Vogelheimer
ein Concordianer war. Die Kerzcaner sowohl wie die Ober-
mannianer näherten sich freundlichst nnd selbst die alte Friedens-
Partei zeigte sich Friedensvorschlägen nicht sehr abgeneigt. Es
wurde ein großes Festessen beschlossen. Und als bei demselben
die Flaschen immer leerer und die Herzen immer voller und
die Toaste immer häufiger wurden, rieth Wachtel in einer
>^ede, die fast so lang war wie er selbst, den alten Plan,
dem Gründer der Pappel-Allee ein Denkmal zu setzen, gänz-
W) fallen zu lassen, hingegen ein anderes Denkmal zu er-
dichten, das der Stadt eine Zierde, den Mitbürgern eine
Ehre und den Nachkonrmen ein Zeugniß der Würde ihrer
Vorfahren sein sollte. Der Redner überließ es, wie er aus-
drücklich erklärte, Männern von größerer Begabung als er,
die Form für ein solches Monument zu finden.
Dieser Rath fand allgemeinen Beifall und es handelte
stch nur darum, die Form zu entdecken. Zu diesem Zwecke
lprach man dem Weine noch fleißiger zu als bisher; aber
Umsonst! Da kam plötzlich der Geist über Karl Obermann
und er erhob sich und begann:
„Meine Herren, das Vorgcfallene sei in's Meer der Ver-
gessenheit gestürzt! Uns Allen liegt das Wohl und der Glanz
und der Ruhm unserer theuern Vaterstadt sehr am Herzen;
denn wir sind ja Alle Vogelheimer Kinder. Ich will zeigen,
daß ich meine eigene Ansicht den Ansichten Anderer nnterzu-
ordnen weiß, sobald es sich um das allgemeine Beste handelt.
Ich gehe von dem Monument für Christian Bär gänzlich ab
und schlage vor, ein Denknial zu errichten zur Erinnerung
an die unvergeßliche Stunde, in welcher Vogelhcims Bürger,
lange durch Zwietracht gespalten, sich in Liebe und Eintracht
wieder vereinigt haben. Concordia heißt unsere Gesellschaft;
der Concordia werde das Denkmal gesetzt!"
Rauschender Jubel und donnernder Beifall belohnten den
Redner. Man leerte der Concordia und ihrem künftigen
Denkmal zu Ehren eine Flasche nach der andern; man fiel
sich gegenseitig in die Arme und dann siel man in die
Stühle und zum Theil neben die Stühle und bald zog
Bacchus einen dichten Nebel um die Häupter der edelsten
Bürger Vogelheims.
Fünftes Kapitel.
Ich würde wenigstens fünf Dutzend der besten englischen
Patent-Stahlfedern abnutzen, wollte ich alle Sitzungen schil-
dern, in welchen über das Concordia-Denkmal verhandelt
wurde. Um die Tinte und die Geduld meiner Leser nicht
zu erschöpfen, will ich blos mittheilen, daß diese Verhand-
lungen drei Jahreszeiten dauerten und daß fünf Monate ver-
bracht wurden über die Frage, wie die aufzurichteude Concordia
aussehen sollte. Karl Obermann hatte vorgeschlagcn, daß be-
sagte Concordia in der Rechten ein Bündel Pfeile und in der
Linken eine zerdrückte Schlange halten sollte, um symbolisch
die feste Eintracht und die zerdrückte Zwietracht anzudeuten.
Diese Symbolik gefiel aber nur zum Theil. Mehrere Stimmen
sprachen sich entschieden gegen die Schlange aus, indem sie
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handlungen, sowie von allen Postämtern nnd
Jeitnngsexpcditionen angenommen.
M- LS»S.
Erscheinen wöchentlich ein Mal. Snbjcriptions , ,,
preis für den Band von 26 Nummern 3fl. 54kr.• - -
ob. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/, Sgr.
Con cordia.
(Schluß.)
Der Mensch indessen ist ei» zweibeiniges Geschöpf, das
den Wechsel ebenso sehr liebt, als es demselben unterworfen
sit. Die Vogelheimer wurden nach und nach des Haders
müde und man wünschte allgemein den Frieden, wenn man
auch nicht allgemein den Muth hatte, diesen Wunsch offen
ausznsprcchcn. Diejenigen jedoch, welche diesen Muth besaßen,
bildeten einen festen Kern und dieser Kern bildete eine Ge-
sellschaft, die sich „Concordia" nannte. Die Concordia erwarb
sich so viel Mitglieder, daß in Kurzem fast jeder Vogelheimer
ein Concordianer war. Die Kerzcaner sowohl wie die Ober-
mannianer näherten sich freundlichst nnd selbst die alte Friedens-
Partei zeigte sich Friedensvorschlägen nicht sehr abgeneigt. Es
wurde ein großes Festessen beschlossen. Und als bei demselben
die Flaschen immer leerer und die Herzen immer voller und
die Toaste immer häufiger wurden, rieth Wachtel in einer
>^ede, die fast so lang war wie er selbst, den alten Plan,
dem Gründer der Pappel-Allee ein Denkmal zu setzen, gänz-
W) fallen zu lassen, hingegen ein anderes Denkmal zu er-
dichten, das der Stadt eine Zierde, den Mitbürgern eine
Ehre und den Nachkonrmen ein Zeugniß der Würde ihrer
Vorfahren sein sollte. Der Redner überließ es, wie er aus-
drücklich erklärte, Männern von größerer Begabung als er,
die Form für ein solches Monument zu finden.
Dieser Rath fand allgemeinen Beifall und es handelte
stch nur darum, die Form zu entdecken. Zu diesem Zwecke
lprach man dem Weine noch fleißiger zu als bisher; aber
Umsonst! Da kam plötzlich der Geist über Karl Obermann
und er erhob sich und begann:
„Meine Herren, das Vorgcfallene sei in's Meer der Ver-
gessenheit gestürzt! Uns Allen liegt das Wohl und der Glanz
und der Ruhm unserer theuern Vaterstadt sehr am Herzen;
denn wir sind ja Alle Vogelheimer Kinder. Ich will zeigen,
daß ich meine eigene Ansicht den Ansichten Anderer nnterzu-
ordnen weiß, sobald es sich um das allgemeine Beste handelt.
Ich gehe von dem Monument für Christian Bär gänzlich ab
und schlage vor, ein Denknial zu errichten zur Erinnerung
an die unvergeßliche Stunde, in welcher Vogelhcims Bürger,
lange durch Zwietracht gespalten, sich in Liebe und Eintracht
wieder vereinigt haben. Concordia heißt unsere Gesellschaft;
der Concordia werde das Denkmal gesetzt!"
Rauschender Jubel und donnernder Beifall belohnten den
Redner. Man leerte der Concordia und ihrem künftigen
Denkmal zu Ehren eine Flasche nach der andern; man fiel
sich gegenseitig in die Arme und dann siel man in die
Stühle und zum Theil neben die Stühle und bald zog
Bacchus einen dichten Nebel um die Häupter der edelsten
Bürger Vogelheims.
Fünftes Kapitel.
Ich würde wenigstens fünf Dutzend der besten englischen
Patent-Stahlfedern abnutzen, wollte ich alle Sitzungen schil-
dern, in welchen über das Concordia-Denkmal verhandelt
wurde. Um die Tinte und die Geduld meiner Leser nicht
zu erschöpfen, will ich blos mittheilen, daß diese Verhand-
lungen drei Jahreszeiten dauerten und daß fünf Monate ver-
bracht wurden über die Frage, wie die aufzurichteude Concordia
aussehen sollte. Karl Obermann hatte vorgeschlagcn, daß be-
sagte Concordia in der Rechten ein Bündel Pfeile und in der
Linken eine zerdrückte Schlange halten sollte, um symbolisch
die feste Eintracht und die zerdrückte Zwietracht anzudeuten.
Diese Symbolik gefiel aber nur zum Theil. Mehrere Stimmen
sprachen sich entschieden gegen die Schlange aus, indem sie
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