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Quatember, Ursula; Kalasek, Robert; Pliessnig, Martin; Prochaska, Walter; Quatember, Hans; Taeuber, Hans; Thuswaldner, Barbara; Weber, Johannes
Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße (Textband): Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2017

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.46296#0153
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152

I DAS BAUWERK AN DER KURETENSTRASSE

Tempel und Straße für Prozessionen und Umzüge hin. Anders als bei anderen Monumenten im
ephesischen Stadtgebiet kam es hingegen nicht zu einer >Christianisierung< durch eingemeißelte
Kreuze o. Ä. Dies ist vermutlich im Licht bewahrender Tendenzen zu sehen. Das architektonische
Erbe der Kaiserzeit sollte ebenso gewahrt bleiben wie der ihm innewohnende Symbolgehalt.
Insbesondere die Wandreliefs des Pronaos mit ihren Darstellungen historischer Mythen stifteten
Identität und boten den Stadtbewohnern Möglichkeiten der Selbstvergewisserung in einer sich
ändernden Umwelt. Erst zu einem späteren Zeitpunkt deuten kleinere Um- und Einbauten die
Aufgabe des Bauwerks in einer offiziellen und repräsentativen Nutzung an.
Die Zerstörung des >Hadrianstempels< und die Verwendung seiner Bauteile für die sog. Schutt-
sperre auf der Kuretenstraße (Taf. 5, 2; 6, 1) sind zeitlich leider nicht mehr näher einzuordnen.
Offenbar wurde diese Trockenmauer errichtet, um einen Teil der Kuretenstraße von Schutt frei-
zuhalten. Die Nutzung von Baugliedern des zu diesem Zeitpunkt offenbar bereits eingestürzten
Tempels stellte die letzte Phase seiner antiken Geschichte dar.
1.9.2.2 Nach dem Ende der Antike
Unmittelbar nach der Ausgrabung erfolgte von 1956-1958 der Wiederaufbau des Tempels
(Taf. 13-20)1074. Während man die geplante wissenschaftliche Aufarbeitung aufgrund äußerer
Umstände, nicht zuletzt durch den frühen Tod des Ausgräbers Franz Miltner, nicht durchfüh-
ren konnte, wurde das Gebäude dadurch zu einem der bekanntesten antiken Monumente der
Türkei1075.
Aufgrund geänderter Schwerpunktsetzungen der Grabung in Ephesos blieb dies im Großen
und Ganzen Status quo bis zu Beginn des neuen Forschungsprojekts im Jahr 2009. Während die
gestalterische Konzeption des modernen Wiederaufbaus durch Karl Heinz Göschl nach aktuel-
len Gesichtspunkten nach wie vor als positiv zu bewerten ist, zeigte die von Martin Pliessnig
vorgenommene Analyse1076 nach restauratorischen und konservatorischen Kriterien wesentliche
Schäden sowohl an der antiken als auch an der modernen Bausubstanz auf. Dies liegt zum einen
in den Materialien begründet, die Göschl in den 1950er Jahren nur in eingeschränktem Umfang
und Qualität zur Verfügung standen. Zum anderen wurde deutlich, dass beständige Wartung einen
wesentlichen Faktor darstellt, um längerfristig größere Schäden an der Bausubstanz und eine
Gefährdung der Besucherinnen und Besucher des Ruinengeländes zu verhindern. So wurden von
2013-2014 Konservierungs- und Restaurierungsmaßnahmen vorgenommen1077, um den Tempel
an der Kuretenstraße weiterhin als kulturelles Erbe zu erhalten.

1074 Vgl. Kap. 1.3 sowie Kap. 1.4.
1075 So war der Tempel beispielsweise auch auf einer Serie von 20-Lira-Scheinen der türkischen Nationalbank abge-
druckt.
1076 Vgl. Kap. II.2.
1077 Zu diesen Arbeiten s. Wissenschaftlicher Jahresbericht des Österreichischen Archäologischen Instituts 2013, 30;
Wissenschaftlicher Jahresbericht des Österreichischen Archäologischen Instituts 2014, 37-41 <https://www.oeaw.
ac.at/oeai/koimnunikation/jaliresberichte> (22. 9. 2017).
 
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