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Quatember, Ursula; Kalasek, Robert; Pliessnig, Martin; Prochaska, Walter; Quatember, Hans; Taeuber, Hans; Thuswaldner, Barbara; Weber, Johannes
Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße (Textband): Der sogenannte Hadrianstempel an der Kuretenstraße — Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2017

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.46296#0217
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II PETROGRAFISCHE UND KONSERVATORISCHE ANALYSEN

die Seitenflächen gelangt. Des Weiteren kann sich das Wasser in der bodennahen Zone, aufgrund
des Wasserspeichervermögens des Bodens und der geringeren Luftbewegung, nach Regenschau-
ern länger halten. Die zweite auszumachende Tendenz besteht in dem verminderten Vorkommen
rötlicher Krustenbildungen an Einzelobjekten. Da sich derartige Krusten nur im Regenschat-
tenbereich ausbilden, liegt auch in diesem Fall die Ursache in einer erhöhten Belastung durch
Regenwasser. Parallel dazu spielt auch hier die geringere Luftbewegung im bodennahen Bereich
eine Rolle, und es kann davon ausgegangen werden, dass eine weit geringere Anzahl an Schweb-
stoffen an die Oberflächen gelangt.
Die dritte und letzte Tendenz besteht im unterschiedlichen Ausmaß der Schädigung durch
Touristen. Im Vergleich zur Anastylose sind die Einzelobjekt stärker gefährdet, da sie mehr Raum
für Interaktion bieten. So werden die Werkblöcke immer an den gleichen Stellen angegriffen, wie
z. B. an Ecken und Kanten oder plastisch dekorierten Oberflächen. Darüber hinaus werden die
am Boden liegenden Steine gern als Sitzgelegenheit oder als Podest zum Überblicken der Rui-
nenstätte genutzt (Taf. 187, 1). Sichtbare Spuren dieser Interaktion sind eine Vielzahl >frischer<
Ausbrüche und Fehlstellen, fettiger Bereiche durch Handschweiß sowie durch mechanische
Belastungen abgewetzte Oberflächen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich der allgemeine Erhaltungszustand der
Einzelobjekte und der Anastylose bis auf graduelle Unterschiede einzelner Schadensbilder wei-
testgehend gleicht. In beiden Fällen existieren sowohl gut als auch schlecht erhaltene Werksteine.
Gravierende Schäden finden sich diesbezüglich vor allem in Arealen mit einer historischen Vor-
schädigung und aktiven Verwitterungsfaktoren im Rahmen der heutigen Exposition. Im Fall
der Anastylose sind expositionsbedingte Unterschiede vor allem durch die Lage des Steins im
Bauverband bestimmt, bei den Einzelobjekten ergeben sich die Unterschiede auf Grundlage des
jeweiligen Aufstellungsorts.
Die im Ephesos Museum Selguk präsentierten vier Friesblöcke der Vorhalle zeigen freilich
das geringste Schadensbild. Trotz des geschützten Klimas im Museum umfasst die Palette an
Schäden aber sämtliche Varietäten an Verlusten oder Entfestigungen und Rissen sowie diverse
Verschmutzungen der Oberfläche und historische Krustenbildungen. Auffallendster Unterschied
im Vergleich zu der Anastylose ist das Fehlen von Schäden aktiver, freier Bewitterung. Es fehlt
demnach jede Form von biogenem Bewuchs, weder höhere Pflanzen noch diverse Mikroorganis-
men wie Pilze, Flechten oder Cyanobakterien sind vorhanden. Auch finden sich keine rezenten
Krustenbildungen in den Regenschattenseiten. Augenscheinlich ist darüber hinaus das geringe
Schadensbild aufgrund restauratorischer Eingriffe. Abgesehen von drei Verklebungen kleinerer
Bruchstücke wurden offensichtlich keine weiteren Maßnahmen getroffen (Taf. 187, 2). Dem-
entsprechend existieren auch keine Zerstörungen oder Verfärbungen durch die Korrosion von
Eisen, und es finden sich keine Verschmutzungen durch Zementmörtel.
Zugleich bestehen bei den Friesblöcken jedoch spezifische Schadensbilder, bedingt durch
das Museumsklima, die bei der Anastylose nicht vorkommen. So zeigen sämtliche Oberflächen
eine gräuliche Auflage (Taf. 187, 3), bei der es sich um eine Staub- und Schmutzkruste handelt.
Darüber hinaus sind punktuelle Verschmutzungen der Oberfläche mit Mörtelresten und Farbe
auszumachen (Taf. 187, 4). Diese sind mit Verputzungs- und Renovierungsarbeiten an angren-
zenden Mauern des Museums in Verbindung zu bringen.
Für das Schadensausmaß der Museumsobjekte ergaben sich bei der Untersuchung folgende
Erkenntnisse: Die unterschiedliche Ausprägung von Verlust oder Entfestigung, Rissen und Krus-
tenbildungen ist primär auf den Zeitraum vor der Ausgrabung zurückzuführen. Die Aufstellung
im Museumsklima schützt die kunsthistorisch wertvollen Objekte wirkungsvoll vor Substanz-
verlust. Wesentlich für das Schadensausmaß sind demnach die Qualität des Marmorsteins, die
Auswirkungen mechanischer Belastungen (z. B. Einsturz, Erdbeben) und die Einwirkung zer-
störerischer Umwelteinflüsse vor der Wiederentdeckung 1956.
Das Charakteristikum der Schädigung von Friesblock 713R mit der Darstellung des Androk-
los ist ein hohes Ausmaß an Ausbüchen und Fehlstellen (Taf. 307). Die Ursache dafür kann auf
 
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