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Ohnesorg, Aenne; Schleithoff, Ruth [Hrsg.]; Österreichisches Archäologisches Institut [Mitarb.]
Der Kroisos-Tempel: neue Forschungen zum archaischen Dipteros der Artemis von Ephesos — Forschungen in Ephesos, Band 12,4: Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2007

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https://doi.org/10.11588/diglit.47146#0129
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V. Rekonstruktion des Aufrisses

A. SEKOSWÄNDE (Taf. 38-40)
Die Reste der Sekoswände wurden bereits in der Bauschreibung (Kap. II A) behandelt. An der Süd- und Westwand liegen noch einige Wandquader in
situ. Diejenigen der Südwand sind besonders aufschlußreich: Die unterste Läuferschicht der nördlichen Wandschale ist mit 37,4cm ± 0,3 cm mehr als
1 cm höher als die der Südschale mit 36,3cm ± 0,3cm; diese Differenz wurde in der nächsten Schicht mit 49,6cm ± 0,1 cm im Norden und 51,1-
51,2 cm im Süden ausgeglichen, d.h. in der darüberliegenden Schicht könnten sich Läufer mit Bindern abgewechselt haben. Erhalten ist von dieser
Schicht aber nur ein Läufer der Nordschale von 43,0 cm ± 0,1 cm Höhe.

1. Wandsockel und Frage der Wandverjüngung
Die Höhe der untersten Schicht entspricht ungefähr der Plinthenhöhe; sie ist als eine Art Wandsockel aufzufassen621. Ihre Stärke beträgt 1.96,7m ±
0,1 cm. Darüber springt die Wandflucht -3,5 cm zurück, wodurch sich die Wandstärke auf-1.90,0m reduziert. Mit der zweiten Schicht, über der die
Wand nicht mehr zurückspringt, scheint die Wandverjüngung zu beginnen, die an einem Teil der Quaderfragmente festzustellen war (s.o. Kap. IIIA 3).
Bei einer durchschnittlichen Wandneigung von -1,7%, und zwar nur an der Außenseite, würde die in derzwez’te« Schicht -1.90,0 m starke Südwand bis
oben auf -1.64 m abnehmen622.
Die Oberflächen der Quaderfronten stecken in verschiedenen Stadien der Bearbeitung, hätten aber ganz geglättet werden sollen. Einigen Aufschluß für
Details bieten zwei annähernd vollständige Wandquader extra situm, aber auch viele Fragmente. Die ursprüngliche Wandhöhe muß unbekannt bleiben,
da sie von der Säulenhöhe abhängt, die ihrerseits nicht sicher zu rekonstruieren ist (s.u.).
2. Anten einschließlich Kapitell
Von der SW-Ante ist nur die Schicht des Wandsockels erhalten. Da seine Oberkante rundherum abgeschlagen ist, ist auch keine Tropfspur der
möglicherweise zurückspringenden nächsten Schicht erhalten; beide können kaum stärker als die südliche Sekoswand gewesen sein, höchstens in einem
Antenvorsprung, wie er für die Seite zum Pronaos in Erwägung gezogen wurde (s.o. Kap. IV A 5).
Davon unabhängig ist die Frage des Antenkapitells. Lethaby will am Fragment des großen Blattstabs Kat. 277 (s.o. Kap. III F 2) die Volute eines
Antenkapitells beobachtet haben623; das ist, obwohl die linke Seite heute von Gips umgeben ist, fast auszuschließen. Dieses Fragment kommt jedoch
durchaus als Rest einer der Kyma- und damit Volutenetagen eines solchen ostionischen Antenkapitells in Frage, das relativ hoch und deshalb in separate
Schichten geteilt war; auch seine Breite war bei einer Wandstärke von -2 m beträchtlich. In jedem Fall dürfte es der Typ mit drei Polstern und seitlichen
Voluten gewesen sein (Taf. 38—40)624. Das wird durch die neue Rekonstruktion solcher an der Front mit reliefierten Anthemien geschmückten Anten-
kapitelle für den jüngeren Dipteros von Samos noch wahrscheinlicher625. Wie dort könnten an der Wandstirn unter der Polsterfront große Rosetten
gesessen haben, von denen keine Reste identifiziert wurden626.

3. Pronaos einschließlich Frage eines Frieses
Für die acht Säulen des Pronaos werden columnae caelatae des Typs mit Reliefkuben und -trommeln von -1.70 m Höhe postuliert (s.u. im Folgenden).
Die Fragmente für deren figürliche Reliefs sind unterlebensgroß und weisen z.T. rundlichen oder ebenen Reliefgrund und Hinweise auf Fugen und
Kanten auf. Daneben gibt es einige Fragmente überlebensgroßer Relieffiguren eines Relieffrieses (s.o. Anm. 84), für den die Wände des Pronaos der am
besten geeignete Platz sind. Dort ist eine Anordnung in der Sockelzone wahrscheinlicher als am oberen Wandabschluß, weil in archaischer Zeit in oberen
Gebäudezonen nur unterlebensgroße Friese verwendet wurden627. Falls es die inneren Antenvorsprünge gab, die im Vorigen in Erwägung gezogen wurden,
hätte der Fries hinter ihnen geendet.

621 Ähnlich gestaltet sind die Wandsockel der Tempels von Sangri und Yria auf Naxos:
G. Gruben - M. Korres, Prakt 1978, 218; dies. Prakt 1979, 257; G. Gruben in: A.
Hoffmann - E.-L. Schwandner u.a. (Hrsg.), Bautechnik der Antike, Kolloquium
Berlin 1990, DiskAB 5 (1991) 63 ff. bes. 64 (Yria); G. Gruben-A. Ohnesorg, AW33,
2002, 392 Abb. 14. 15. - Krischen (1938) Taf. 33 nimmt über der Wandsockelschicht
einen Torus an, ein - wie wir inzwischen wissen - inselionisches Element, welches
hier fehl am Platz ist: G. Gruben, MüJb23, 1972, 7 ff. bes. 18 mit Anm. 31; ders.,
AA 1982, 203 ff. 224. 228; auch Krischens um Plinthen- bzw. Wandsockelhöhe
angehobener Pronaos ist hinfällig, s.u. Anm. 657 (auf Taf. 38 und 39 eliminiert).
622 Werte für die Verjüngung aus Tab. 1, ohne die beiden Ausreißer von über 5 und
6%; Wand- und Säulenhöhe auf Taf. 38-40 mit alternativ -18.90 und -16.50m
angenommen.
623 Lethaby (1917) 11 Abb. 11.
624 D. Brockmann, Die griechische Ante (1968) 56ff; W. Hahland, Jdl 79, 1964, 142 ff.;
Ohnesorg (2005) 199 ff.

625 Gruben (2001) 363 ff. Abb. 274. - Ders., Der zweite Dipteros der Hera von Samos
(in Druckvorbereitung für die Samos-Reihe).
626 Das Rosettenfragment Kat. 164 wurde mehrfach dem Antenpfeiler zugewiesen (s.
auch o. Anm. 459); das konnte aber inzwischen sicher widerlegt werden.
627 F. Felten, Griechische tektonische Friese archaischer und klassischer Zeit (1984)
18 ff; einzig die durchwegs liegend Dargestellten auf dem Fries des Athena-Tem-
pels von Assos erreichen annähernd Lebensgröße (M. Hamiaux, Les sculptures
grecques 1. Musee National du Louvre. Departement des antiquites grecques,
etrusques et romaines (1992) 67 ff: Frieshöhe 81 cm. Zu frühen Friesen an Tempeln
W. Alzinger in: G. Schwarz - E. Pochmarski (Hrsg.), Classica et Provinzialia. Fest-
schrift für Erna Diez (1980) 13-32 bes. 27. - Gruben (2001) 359 ff. nahm für den
zweiten samischen Dipteros einen unteren und eventuell auch einen kleineren oberen
Pronaosfries an, die bis zu den Anten reichen, aber nicht um diese herumgeführt
werden, weil keine Außenecken gefunden wurden.

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