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Baier, Christoph; Forstenpointner, Gerhard; Galik, Alfred; Prochaska, Walter; Schindel, Nikolaus; Vapur, Özlem; Weissengruber, Gerald E.; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Contr.]
Die Palastanlage oberhalb des Theaters von Ephesos (1): Textband — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2023

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.66553#0091
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II BAULICHER UND STRATIGRAFISCHER BEFUND

Grundsätzlich ähnlich angelegt ist der Polsterseitendekor an den Doppelsäulenkapitellen im
äußeren Obergeschoss der Stoa Attalos’ II. in Athen188 sowie an den Doppelsäulenkapitellen des
Großen Altars von Pergamon189. Besonders bezüglich des pergamenischen Altars bieten sich Ver-
gleichsmöglichkeiten auch hinsichtlich der Blattanlage, wobei sich die einzelnen Blattzacken der
pergamenischen Kapitelle noch gleichförmiger aneinanderreihen als am Stück der ephesischen
Exedra, wodurch einzelne Blattlappen kaum zu differenzieren sind190. Dennoch sind auch die
Zacken und Lappen der Akanthusblätter am erhaltenen Kapitell der Exedra deutlich weniger klar
voneinander differenziert als an spätesthellenistischen oder frühkaiserzeitlichen Beispielen aus
Ephesos oder anderen kleinasiatischen Städten191. Wesentlich bessere Vergleichsmöglichkeiten
hinsichtlich der einheitlichen Blattkontur bieten Akanthusblätter des 3. Jahrhunderts v. Chr., so
etwa der Akanthus an den korinthischen Kapitellen des Zeustempels von Olba192, der wohl aus
der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. stammt. Die Blattösen sind hier jedoch deutlich
ausgeprägter als am Kapitellpolster der ephesischen Exedra. Ebenfalls in der Blattkontur, nicht
aber hinsichtlich der Ösenhälse gut vergleichbar ist der Akanthus an einem korinthischen Eck-
pilasterkapitell des knapp vor der Mitte des 3. Jahrhunderts v. Chr. errichteten Laodike-Baus in
Milet193. Noch etwas ähnlicher hinsichtlich der Kontur ist ein Akanthusblatt am Geison-Eckorna-
ment des sog. Ptolemaions in Limyra194, das stilistisch in das dritte Drittel des 3. Jahrhunderts v.
Chr. datiert wird.

E. Architrav (Taf. 68 72)
Die Architravblöcke der Exedra (B12-B14) sind an beiden Langseiten lediglich zweifach fas-
ziert. An Architravaußenseiten hellenistischer Bauten Kleinasiens ist eine solche Unterteilung
in zwei Faszien selten belegt195, so etwa in Pergamon am eigentlichen Opferaltar des Großen
Altars196 und am Propylon des Athenaheilgtums197. Die beiden Architravhüften unterscheiden
sich in der Ausführung ihrer Kopfprofile voneinander. Während die Profilfolge an der reicher
dekorierten Seite S2 in der für Kleinasien kanonischen Weise aus Perlstab, Eierstab und Plättchen
(Motiv A) besteht, ist das Kopfprofil der gegenüberliegenden Hüfte S4 mit einer glatten Cyma
reversa und einem Plättchen (Motiv B) schlichter gehalten. Die Ausführung des Eierstabs an
Seite S2 entspricht annähernd jener des Säulenkapitells der Exedra (Taf. 67, 6) und ist insbe-
sondere mit einem Kymation am Pteron-Wandfries198 des Tempels der Artemis Leukophryene
in Magnesia sehr gut zu vergleichen. Die Architravunterseite ist mit einer Rundstab-Soffitte
verziert, deren Schmalseiten an den Blöcken PV-AR-01 und PV-AR-02 jeweils an einem Ende
der Soffitte geradlinig ausgebildet, am anderen in geringem, aber doch erkennbarem Ausmaß

188 Beidseits der Baltei hier jeweils Kurzblattkränze; vgl. Rumscheid 1994, II Kat. 363.11 Taf. 192, 2.
189 Vgl. Rumscheid 1994, II Kat. 208.12-13 Taf. 122, 6-7.
190 Auch an den Hallenkapitellen des Typus B des Großen Altars von Pergamon (Rumscheid 1994, II Kat. 208, 5 Taf.
121, 5-6) trennen kleine Punktbohrungen einzelne Blattlappen voneinander, wenngleich die Blätter hier nicht bis
an das seitliche Polsterende reichen. Die Blattkontur ist allerdings unregelmäßiger als am Kapitell der ephesischen
Exedra, da die Mittelzacken der Lappen deutlich über die Ösen hinausragen. Zudem sind die Ösenhälse und die
Mittelrippe flacher gedrückt als am ephesischen Stück.
191 Vgl. etwa den Polsterakanthus der ionischen Kapitelle von der Basilika am Staatsmarkt in Ephesos (Rumscheid
1994, II Kat. 44, 1.4 Taf. 40, 1. 4), den Polsterdekor der ionischen Kapitelle des Westtors der Unteren Agora
von Ephesos (Rumscheid 1994, II Kat. 43, 6 Taf. 39, 5) oder den Polsterakanthus des Aphroditetempels von
Aphrodsias (Bingöl 1980, Kat. 33. 37. 40 Taf. 29). Allgemein zur Entwicklung des Akanthus im Hellenismus vgl.
Rumscheid 1994, I 263-268.
192 Vgl. Rumscheid 1994, II Kat. 185.3 Taf. 111, 3. 7.
193 Vgl. Rumscheid 1994, II Kat. 163.3 Taf. 106, 3.
194 Vgl. Rumscheid 1994, II Kat. 130.3 Taf. 76, 4.
195 Vgl. Strong 1953, 136 mit Amn. 73.
196 Vgl. Schrammen 1906, 68 Taf. 16. 17.
197 Vgl. Rumscheid 1994, II Kat. 187 Taf. 112, 2. 4.
198 Vgl. Rumscheid 1994, II Kat. 137.28 Taf. 84, 3.
 
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