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Baier, Christoph; Forstenpointner, Gerhard; Galik, Alfred; Prochaska, Walter; Schindel, Nikolaus; Vapur, Özlem; Weissengruber, Gerald E.; Österreichische Akademie der Wissenschaften / Verlag [Mitarb.]
Die Palastanlage oberhalb des Theaters von Ephesos (1): Textband — Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2023

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.66553#0193
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II BAULICHER UND STRATIGRAFISCHER BEFUND

andere Verbraucherstellen versorgte557; möglicherweise diente es der Versorgung des gesamten
Wohnviertels. Wesentlich größer als die übrigen Privatbäder dimensioniert ist der im Reihentyp
angelegte Badetrakt im sog. Byzantinischen Palast in Ephesos, welcher wohl ab dem ersten
Viertel des 5. Jahrhunderts n. Chr. als Amtssitz eines hochrangigen Offiziellen, möglicherweise
des Metropoliten von Ephesos, diente558. Der insgesamt etwa 900 m2 große Badekomplex dürfte
bereits vor dem 5. Jahrhundert n. Chr. errichtet worden sein. Neben einem Frigidarium, einem
Tepidarium, einem Caldarium und einem Sudatorium umfasste er auch eine Palästra.
II.5.2.4 Zerstörungen am Ende der Phase ZR-2
Zerstörungsbefunde in den Räumen D-01, D-02 und D-05 lassen übereinstimmend vermuten,
dass das Ende der zweiten Nutzungsphase der Diaeta durch vermutlich zwei aufeinanderfolgende
seismische Katastrophen herbeigeführt wurde, die sich im Verlauf des 3. Jahrhunderts n. Chr.
ereigneten. In Raum D-02 markiert eine Zerstörung des Hypokaustoberbodens das Ende der
Beheizung des Fußbodens (Phase ZR-2c). In weiterer Folge (Phase ZR-2d) wurden die Zwi-
schenräume der stehengebliebenen Abschnitte der Suspensurae mit den zerstörten Teilen der
Böden und weiterem erdigen Bauschutt verfällt (Taf. 185, 2; 198). Das keramische Material,
das sowohl im Zerstörungsschutt des Hypokaustums (SE 01-13b) als auch in der Auffüllung (SE
01 - 12b) gefunden wurde, kann lediglich grob in das 3. Jahrhundert n. Chr. datiert werden559. Für
die Auffüllung des zerstörten Hypokaustums wurde auch umgelagertes Material verwendet, wie
ein Unguentarium und Amphorenfragmente aus hellenistischer Zeit in SE 01-12b verdeutlichen.
Über der Bauschuttverfüllung des Hypokaustums wurden zunächst ein ziegelmehlhaltiger Mör-
telestrich (SE 01-11b; Taf. 199, 1) und etwas später ein gestampfter gelblicher Lehmhorizont
(SE 01-10b) eingebracht, wohl um als zumindest temporärer Boden während der Aufräum- und
Reparaturarbeiten am Gebäude zu dienen (Phasen ZR-2d/e)560. Ein vergleichbarer verdichteter
Horizont aus Kalkmörtel, Ziegelbruch und Marmorbruch (SE 02-12) war auch in Raum D-05
westlich des Nischen-Zentralraumes vorhanden; dort versiegelt er den Mörtelestrich des einst
mit Marmorplatten ausgelegten Beckens der Phase ZR-2. Der Umstand, dass zum Zeitpunkt
der Einbringung des verdichteten Mörtelhorizonts viele Platten der Marmorverkleidung bereits
fehlten, weist darauf hin, dass nach dem ersten Zerstörungsereignis auch in Raum D-05 bereits
Aufräum- und Reparaturarbeiten im Gange waren, als eine weitere Katastrophe das Gebäude in
noch stärkerem Ausmaß traf.
Die große Wucht dieser zweiten Zerstörung wird von den Befunden in Raum D-05 eindrucks-
voll illustriert. Zusammenhängende Mauer- und Deckenpartien, die in den Raum gestürzt waren,
begruben die Böden der Phase ZR-2 unter sich und wurden von einer bis zu 0,90 m starken
Schuttpackung (SE 02-09; 02-07; 02-05) bedeckt (Plan 36 a; Taf. 158, 2; 190, 2). Die im Schutt
enthaltenen Fragmente von Marmorplatten, Wandmalerei und polychromen Glasflussmosaiken
zeugen von der außerordentlichen Qualität der einstigen Raumausstattung. Drei stempelidente
Tesserae aus Blei561, die aus dem Zerstörungsschutt SE 02-09 in Raum D-05 geborgen wurden
(Taf. 288, 1-3), weisen in die erste Hälfte oder das dritte Viertel des 3. Jahrhunderts. Überein-
stimmend zeigen sie auf ihrer Vorderseite den mythischen Stadtgründer Androklos beim Erlegen
des Ebers; sehr ähnliche Tesserae wurde auch an anderer Stelle in Ephesos gefunden562. Typo-
logisch und stilistisch vergleichbare Darstellungen des Androklos-Mythos finden sich auch auf

557 Vgl. Wulf 1999, 71-102.
558 Vgl. Pülz 2011, 64-66 knapp zum Gebäude. Speziell zum Badetrakt vgl. Steskal 2010, 583 f; Uytterhoeven 2011,
309 Abb. 19.
559 Fundnr. 01- 13b/257, 01- 12b/235 und 242. s. dazu Kap. V.l.3.3.
560 Knapp westlich des massiven Wandpfeilers an der Südmauer von Raum D-02 war in den Mörtelestrich der Phase
ZR-2d zudem ein einlagiges, in Nord-Süd-Richtung orientiertes Bruchsteinfundament (ZR-SME 074) gebettet,
dessen Bauzusammenhang und Bedeutung unklar bleiben.
561 s. Kap. V.2, Kat. 5-7 (Fundnr. 02-09/185. 190. 198).
562 Zum Typus vgl. Gülbay - Kiref 2008, 46. 109 Kat. 130.
 
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