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XVI Der Spieltisch im Peristylhof 38b
Ein bemerkenswerter Befund ist das in den Marmortisch MI 21 im Innenhof des Peristlys 38b eingeritzte
Spielbrett2 (Taf. 251): Spielbrettfunde in römischen Häusern kommen nämlich überaus selten vor; in der
Tat ist mir außer diesem nur noch das Alea-Spielbrett im Privatbad in einem der Häuser unter dem Palazzo
Valentini in Rom bekannt.
1 DAS SPIELBRETT
Das Spielbrett wurde annähernd in die Mitte der Tischplatte eingeritzt, wobei der Rand der nördlichen
Schmalseite, also der dem Altar zugewandten Seite, nicht vollständig ausgeführt wurde (Taf. 251). Es ist so
orientiert, dass seine Langseiten in etwa parallel zu den Schmalseiten der Tischplatte verlaufen. So bleibt
beiderseits der Langseiten des Spielbretts genügend Platz für die Spieler, um sich zum Spielen auf die
Tischplatte zu setzen. Bei einer dem rechteckigen Format der Tischplatte analogen Anordnung wäre dem
nicht so, und außerdem würde der Altar an der N-Seite des Tisches im Weg stehen.
Das rechteckige Spielbrett misst über die Mittelachsen gemessen ca. 48 x 39,5 cm. In diese Fläche sind
die Spielfeldmarkierungen eingetragen, und zwar drei parallel zu den Langseiten verlaufende Reihen von
je 12 Symbolen. Diese wiederum sind durch ein Quadrat in der Mitte und je ein Quadrat mit konkaven
Kanten außen in jeweils 2 Gruppen zu 6 Zeichen getrennt. Die beiden äußeren Felderreihen bestehen aus
voll ausgemeißelten herzförmigen Blättern, deren Spitzen nach außen weisen. Die Mittelreihe besteht aus
schräg gestellten Kreuzen. Diese Struktur ist von zahlreichen anderen Beispielen bekannt und zeigt, dass
es sich bei dem Spielbrett um eines für den »Ludus Duodecim Scriptorum« handelt, von dem allein aus
Ephesos bisher 29 Beispiele bekannt sind3.
Die Felder der XII Scripta-Spielbretter können ganz verschiedene Formen annehmen: Kreise, Halbkreise,
einzelne Quadrate, verbundene Quadrate, Kreuze, Striche, Punkte, Buchstaben oder eben Blätter, wie auch
das keramische Spielbrett aus der Ziegelei der 20. Legion in Holt (Denbighshire) aus dem frühen 2. Jh.
n. Chr., das die beste Parallele zu dem ephesischen Spielbrett darstellt4. Hier bestehen die beiden äußeren
Felderreihen aus herzförmigen, im Unterschied zum Spielbrett im Peristylhof 38b der WE 7 aber nach innen
weisenden Blättern, die Mittelreihe aus Doppelpelten, die durch eine das ganze Spielbrett mittig teilende
Ritzlinie miteinander verbunden sind. Als Trennzeichen dienen, wie bei Spielbrettern dieses Typs häufig,
eine in einen Kreis eingeschriebene sechsblättrige Rosette in der Mitte bzw. Halbrosetten in den beiden
äußeren Felderreihen. Auch die Proportionen beider Spielbretter sind sehr ähnlich: Das fast quadratische
Spielbrett aus Holt misst 48,6 x 43,2 cm und ist damit wie 1:0,88 proportioniert, das Spielbrett in WE 7 wie
1:0,82. Akzeptiert man solche Merkmale als Anhaltspunkt für die Datierung, spräche dies dafür, dass das
Spielbrett etwa in hadrianischer Zeit in den Marmortisch gemeißelt wurde. Herzförmige Blätter als Spielfel-
der auf XII Scripta-Spielbrettern kommen nicht sehr häufig vor. Ein Marmor-Spielbrett, das vom Friedhof
neben der Kirche von Damous el-Karita bei Karthago stammt5, zeigt nach außen gerichtete Blätter in den
beiden äußeren Felderreihen, während die mittlere aus Kreisen besteht. Als Trennelement dient im Zentrum
des Brettes ein Christusmonogramm. Auf einem Fragment einer äußeren Felderreihe einer Marmorspieltafel

1 Zur Typologie, Datierung und kontextuellen Aufstellung des Tisches: Quatember, Kap. XVIII; Rathmayr, Kap. XXIII.2.1.1.
2 Dazu bereits kurz Schädler, Doctor’s game, 360; Ulrich Schädler, Les lieux du jeu, in: Veronique Dasen - Ulrich Schädler
(Hrsg.), Jeux et jouets greco-romains; Archeothema 31, nov- dec. 2013, 38-41, Abb. auf S. 39.
3 Eine vollständige Dokumentation der Spiele im antiken Ephesos durch den Verf. ist derzeit in Bearbeitung.
4 Grimes, Works Depot, 131; Austin, Game-Board, 250-253 bes. 251 Abb. 1.
5 Ferrua, Tavole lusorie, 154 Nr. 123; Delattre, Deux tables, 12-19.
 
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