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Fiedler, Karl Gustav
Reise durch alle Theile des Königreiches Griechenland: in Auftrag der Königl. Griechischen Regierung in den Jahren 1834 - 1837 (Band 1): Mit 6 lithographirten Ansichten — Leipzig, 1840

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https://doi.org/10.11588/diglit.9173#0329

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DIE HÖHLE DER LERNÄISCHEN SCHLANGE.

Felsstück liegt, an dessen Seite man hineingeht; ein dunkler,
hoher, langer Raum öffnet sich und Hunderte von Fleder-
mäusen umfliegen im Helldunkel das Haupt des Ruhestörers.
Diese Höhle ist durch Einsturz unterer Kalkbänke entstanden,
wozu der am Fuss hervorquellende Bach das seinige beige-
tragen hat; sie erhält über jenes Felsstück einiges Tages-
licht, es ist wohl das, welches Herakles auf den unsterbli-
chen Kopf der Schlange wälzte. Er fand sie nach der Mythe
in der Höhle, und soll das Ungeheuer darinn von seinem
Lager mit Pfeilen aufgejagt haben.

Es ist der Mühe werth diese Höhle zu besuchen, sie
gleicht einem grossen langen Felsensaale und macht halbdun-
kel, wie sie am vollen Tage ist, mehr Eindruck, als die Höh-
len dieser Art, z. B. die auf dem Pentelikon. Denkt man
sich noch dazu die Hydra mit 50 Köpfen, gif(gesch\volIen
liier im düstern Lager als grässlichen Knäul, so gewinnt die
sich ganz dazu eignende Höhle noch an Interesse.

Es hat wohl in der kühlen Grotte einst eine grosse Was-
serschlange gehaust, die, je grösser sie wurde, desto mehr
zur Nahrung bedurfte, daher die Ileerden anfallen musste
und der Gegend wie ein Lindwurm zum Schrecken ward. Auch
ein grosser Seekrebs oder Seekrabbe, den die Hera der Hy-
dra zu Hülfe schickte, dem Herakles in die Füsse zu kneipen,
kann im nahen Quell gelebt haben. In der Zeit der Mythe
waren die Länder noch wenig bewohnt und es konnten Thier«
gross und fürchterlich werden, die man in spätem Zeiten
jung schon vertilgte. Eben so ist es gar nichts wunderbares
und unwahrscheinliches, dass sich aus Asien Löwen nach Grie-
chenland verirrten; es gab ferner am Parnes u. a. O. in
Griechenland Bären, die jetzt ausgerottet sind.

Man braucht daher auch diese Mythe nicht als ein alle-
gorisches Bild zu nehmen: es verzweige sich 50fach die Quelle,
die nach dem Meere zu allerdings das Land versumpft, diess
sei die Hydra. Dieser Sumpf war nie gefährlich und gefürch-
tet, er hat zu viel Vegetation und ist einer der unschädlich-
sten des Landes, er ist heute noch vorhanden, es wäre also
 
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