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Die Gartenkunst — 29.1916

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Heicke, C.: Kriegsbeschädigtenfürsorge im Gartenbau
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https://doi.org/10.11588/diglit.20814#0018

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diesem oder jenem Gebiete irgend einen
Posten so gut wie möglidi auszufüllen. Es
ist von grundsätzlicher Bedeutung, die pessi-
mistische Auffassung zu zerstören, die sich
begreiflicherweise bei einzelnen Kriegsbe-
schädigten findet, als ob sie nur noch Arbeiter
zweiten Grades seien. Für jeden Invaliden
muß es eine Tätigkeit geben, die er trotz
seiner unglüddichen Mängel ausführen kann.
Es ist Pflicht der körperlich Unbeschädigten,
ihren Berufsgenossen, die für das Vaterland
geblutet haben, den Vortritt zu lassen."

Besonders erwartet Herr Jung von Garten-
siedelungen, Kleingartenbaubestrebungen
u. dergl. eine Förderung und Erleichterung
des Fortkommens Kriegsbeschädigter. Er
iührte dazu aus:

„Für Kriegsbeschädigte, die infolge schwe-
rer Gebrechen nicht dauernd in gärtnerischen
Betrieben beschäftigt werden können, oder
bei denen eine Erwerbsfähigkeit überhaupt
nicht in Frage kommt, ist die Ansiedelung,
bezw. Unterbringung in Wohnungs- mit
Gartensiedelungen zu erstreben. Derartige
Siedelungen können durch den Staat, die
Provinz, Gemeinden und Private auf billigem
Lande und mit Hilfe der Kapitalisierung eines
Teiles der den Kriegsbeschädigten zustehen-
den Bezüge ins Leben gerufen werden Hier-
für kommt auch die Versorgung der Krieger-
witwen in Betracht."

„Unsere Kriegszeit hat gezeigt, welche
enormen Werte eine intensivere Bewirtschaf-
tung der bisher brach gelegenen Grundstücke
in der Nähe der Städte durch Gartenprodukte
(Obst und Gemüsebau) hervorzubringen ver-
mag."

„Ganz erheblichen Umfang hat der Klein-
gartenbau in der Kriegszeit angenommen.
Angeregt durch werktätige Arbeit der Stadt-
verwaltungen und gärtnerischen Vereini-
gungen, sind tausende Morgen bisher unbe-
nutztes Gelände von mehr oder weniger
guter Bodenqualität der Bebauung für Ge-
müse erschlossen worden. Man hat an Kar-
toffeln und Gemüse Werte erzielt, die in
volkswirtschaftlicher Beziehung für die Er-
nährung unseres Volkes von großer Bedeutung
geworden sind und nicht ohne Einfluß auf
die Steigerung der Marktpreise der notwen-
Einzelzeichnung zu einem Terrassen-Aufgang. Ungefähr 1:50. digsten Lebensmittel waren. Ebenso hoch
Von E. Rasch, Leipzig-Lindenau. und vielleicht noch höher ist der ethische

Wert dieser Bewegung einzuschätzen, die
für Gartenkunst durch den Bericht des Herrn Beitz- im Volke erneut Lust und Liebe zur Gartenarbeit
Cöln-Merheim angeschnitten und beim Reichsver- ins Leben gerufen und in allen Ständen die Arbeit
band für den Deutschen Gartenbau durch den Antrag geadelt hat. Man wird in Friedenszeiten audi mit
des Vorsitzenden des Verbandes Deutscher Privat- allen Mitteln zum Segen unseres Volkes diese Be-
gärtner, Stadtgartenoberinspektor Jung-Cöln, in Fluß strebungen fördern und dadurch unserem Lande
gebracht worden ist, entwickelt sich die Angelegen- Millionen bisher unerschlossener Werte sichern. Was
heit in aussichtsreicher Weise auf breitester Grund- die Urbarmachung unserer Ödländereien, der Moor-
lage, gelände in Hannover, Schlesien, Ober- und Nieder-
Über die Verwirklichungsmöglichkeiten der ge- Bayern im Großen für das Land darstellt, das ist
gebenen Anregungen wurde bekanntlich in einer vom gleichbedeutend dem intensiveren Betrieb des Klein-
Reichsverband einberufenen Vertreterversammlung gartenbaues in der Umgebung unserer Städte, und
am 4. September v. Js. in Erfurt verhandelt. Aus ich bin überzeugt, daß die Staatsregierung im Frieden
den damals gemachten Ausführungen des Herrn in der Folge diesem Wirken ein erhöhtes Interesse
Jung-Cöln seien hier die folgenden Sätze nachge- zuwenden wird."

tragen: „Dies ist ein wesentlicher Fingerzeig, der darauf

„Von den großen Gesichtspunkten, unter denen hinweist, die Fürsorge für Minder-Erwerbsfähige
eine soldie Aufgabe vorerst angefaßt werden muß, unter denKriegsbeschädigten auf ein Gebiet zulenken,
ist unseres Erachtens der in den Vordergrund zu das für sie in wirtschaftlicher und ethischer Beziehung
rücken, daß den Kriegsbeschädigten der Glaube zu erhebliche Vorteile gewährt. Die Anlage von der-
stärken ist, trotz ihres körperlichen Schadens nütz- artigen Kriegersiedelungan ist ein reines finanzielles
liehe, brauchbare Mitglieder des werktätigen Lebens Unternehmen von Staat, Provinz, Gesellschaften und
zu sein, die die Pflicht haben, alles zu tun, um auf Privaten, die Verwaltung und Leitung liegt in deren

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