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Gewerbeblall
für den
Schwarzwald.
(Erscheint alle 14 Tage einmal. Preis ohne Zustellungsgebühr 36 Kreuzer für den Jahrgang: Sveditionsgebühr der Großh.
Postanstalten 9 kr., Zustcilungsgebühr 20 kr. Bestellungen werden in Furtwangen bei der Uhrenmacherschule oder bei der dorti-
gen Großh. Posterpedition, auswärts bei allen Postbehörden und Buchhandlungen cntgcgengenommen.)

III. Jahrgang. Furtwangen, den 30. Juli 18S4.

Einiges über de« Betrieb der Stockuhren-
fabrikation in Paris.
(Schluß.)
Ucber das Schneiden der Steigräder.
Wenn man das Steigrad einer guten Pariser Uhr
untersucht, so findet man, daß es vollkommen rund läuft
(d. h. daß sein Mittelpunkt mit der Mittellinie der Welle
und der Zapfen genau zusammenfällt), und daß seine
Zähne äußerst regelmäßig und fein ausgcarbeitet, gleich-
sam polirt sind.
Es ist wohl selbstverständlich, daß die Hemmung
einer Uhr nie eine gute sein kann, wenn das Steigrad
nicht rund läuft; indem in diesem Falle der Eingriff des
Hackens das eine Mal zu tief, das andere Mal zu seicht
ist, die Schwingungen des Pendels also dem Einflüsse
zweier sich entgegengesetzter Fehler unterworfen sind. Aber
auch die Glätte der Steigradzähne ist von besonderem
Vortheil für den leichten und regelmäßigen Gang einer
Uhr, weil mit der Zunahme jener die Reibung zwischen
dem Steigrad und dem Anker abnimmt.
Diese Vorzüge dürften leicht in folgendem ihren
Grund haben:
1) Das Schneiden der Steigrädcr in Paris ist ein
besonderer Arbeitstheil. Obgleich nun beim Zahnen mit
einer in gntem Stand befindlichen Zahnmaschine nur das
Aufschrauben des Rades richtig und die Maschine gut
bedient sein muß, so erlangt man dadurch, daß man
fortwährend mit derselben Maschine auch dasselbe arbei-
tet, doch Vorthcile, von welchen eigentlich nicht gesagt
werden kann, worin sie bestehen.
2) Das Steigrad wird erst gezahnt, wenn es auf
die Welle gesetzt (angcstcllt) ist. Wird es daher so auf
den Zahnstuhl aufgcschraubt, daß es concentrisch mit

der Theilscheibe ist, so läuft cs auch auf der Welle rund.
Auf dem Schwarzwald werden die Steigräder gewöhnlich
zuerst gezahnt und dann erst auf die Welle gesetzt. Ein
vollständig rund gezahntes Steigrad kann dcßhalb, auf-
genicthct, unrund gehen.
3) Statt der bei uns angewendeten Fräsen sind dort
durchweg Stichel im Gebrauch. Hat nun ein solcher die
richtige Form, ist er gut gehärtet, sind die Schneidflä-
chen sorgfältig polirt und die Übersetzung vom Schwung-
rad auf die Schneidspindel (Schneidradstange) groß genug
(sie soll mindestens 50fach sein), so müssen natürlich
auch die geschnittenen Zähne eine Glätte haben, welche
der Politur nahe kommt. Die Glätte der Zähne nimmt
bei sonst gleichen Umständen mit der Politur des Sti-
chels zu. Man wendet aus diesem Grunde in Paris die
größte Sorgfalt für gute Stichel auf.
4) Der Zahn wird dort nicht, wie auf dem Schwarz-
walde , gleich durch einen Schnitt fertig, sondern es wird
je nach der Große der Zahnlücken 2, 3 bis 4 mal daran
geschnitten. Dies hat den Vortheil, daß bei jedem Schnitt
nur wenig Material entfernt wird. Ein Umlegen der
Zahnspitzen, das beim Schneiden durch einen Schnitt
beinahe nicht vermieden werden kann, wird hiedurch be-
seitigt.
Der verhältnißmäßig sehr hohe Preis, welcher in
Paris für das Schneiden eines Steigrades bezahlt wird,
läßt sich hiedurch einigermaßen begründen.
5) Die Zahnmaschinen sind im Allgemeinen sehr gut
und sorgfältig constrnirt.
Mit einer einzigen Zahnmaschine kann ein geübter
Arbeiter in einem Tage 50 bis 60 Steigrädcr schneiden.
Wäre es nicht sehr rathsam für die Schwarzwälder
Stockuhrcnmachcr, wenn sie das Schneiden dieser Räder
ebenfalls besonderen Arbeitern überlassen würden, statt daß
 
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