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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0091
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van den Planken und Co m ans

Das Kroninventar Ludwigs XIV. erwähnt unter Nr. 4 der aus Wolle und Seide gewirkten
Folgen „Ie Vol du he>on (die Reiherbeize), ou autrement les Chasses de Francois
premier, fabrique de Paris, dessein de Guyot, dans une bordure fonds brun avec rin-
ceaux, les armes de France et deNavarre soustenues par deux anges de grisaille, la devise:
,Erit haec quoque cognita monstris' dans le bas, et deux L dans les ovalles fonds bleu
au milieu des costez". Die Serie umfaßt 8 Behänge, sie mißt in der Höhe 374j in der
Gesamtlänge 261/., Pariser Ellen. Ein zweites vollständiges Exemplar wurde bei dem
Verkauf des Cinq-Marsschen Besitzes 1643 dem Abb6 d'Effiat zum Preise von 1250 livres
tournois zugeschlagen. Ein authentischer Behang der Reihe erschien 1901 in breiter
Öffentlichkeit, gelegentlich der Feier des 300jährigen Gründungstages der Gobelins-
manufaktur (1601—1901), sowie 1902 auf der Pariser Ausstellung (47). Der Teppich
zählt zu dem Bestände der Sammlung Gaston Menier, er schildert in etwas trockener
Auffassung die Entenjagd (H. 3,70 m, L. 3,90 m). Die obere und untere Fassung sind
in der üblichen Weise gegliedert, die Mittelmedaillons zeigen den stoßenden — in den
Krallen eine Krone — und zubringenden Falken; die Eigenart gab der Serie den
Namen; in den Mitten der seitlichen Leisten erscheint je ein Puttenpaar in Grisaille-
technik, Vasen mit Früchten und Blumen decken den Grund, in den vier Ecken des
Rahmens glotzen aus schildartigen Kartuschen die sattsam bekannten Widderköpfo.
Die Sammlung Menier verzeichnet fünf weitere Motive der „Jagden König Franz I":
1) der Aufbruch zur Beize (H. 3,75 m, L. 3,40 m) — ein Kavalier sprengt zu Roß, den
Falken auf der Faust, von einem Diener zu Fuß und der Meute begleitet, durch die
hügelige Landschaft; 2) die zweite Episode der Entenjagd (H. 3,90 m, L. 4,55 m) —
der Kavalier und seine Dame, beide sind beritten, halten am Ufer des Teiches; ein
Falkner springt eilig hinzu, sein Gefährte liegt im Anschlag, der Hund apportiert eine
Ente; 3) die Reiherbeize (H. 3,80 m, L. 5,20 m); ein zweites Exemplar mit der bekannten
Marke van den Plankens birgt das Münchener Residenzmuseum (Abb. 45, H. 3,96 m,
L. 5,39 m) (48); 4) die Überreichung der Beute (H. 3,75 m, L. 3,43 m) — ein junger
Bursche naht sich mit gezogenem Hute (den Reiher in der Rechten) dem Jagdherrn
und seiner Gattin, die am Eingang des Parkes plaudernd warten; 5) die Rebhuhnjagd
(H. 3,70 m, L. 3,90 m) — der Kavalier reitet heimwärts, neben ihm marschiert sein
Diener mit geschulterter Muskete, in der herabhängenden Rechten die erlegten Hähne;
im Hintergrunde machen sich Jäger mit den Netzen zu schaffen. Eine Version der
Falkenjagd (H. 3,40 m, L. 5 m) — rechts ein Kavalier, in der Mitte ein Knecht mit drei
Hunden, im Hintergrunde zwei berittene Falkner — tauchte auf einer Pariser Auktion
(Hotel Drouot, 12. III. 1910) auf, der Behang trägt die Stadtmarke und die Signatur
dos Hippolyt de Comans; die Bordüre stimmt mit der uns bereits bekannten Fassung
überein. Ein weiteres Motiv in abgewandelter Rahmung — die Putten in den Mitten
der Seitenleisten sind durch Kartuschen mit Landschaftsbildern ersetzt, die Mittelstücke
der oberen und unteren Bordüren sind in Fortfall gekommen, das schwere Frucht-
gehänge geht durch — bildet Henry Havard in seiner „Tapisserie" ab (49). Franz I. —
das typische langnasige Gesicht ist unverkennbar — reitet durch das Gehölz, den
Marschallstab in die Seite gestemmt; der barhäuptige Begleiter scheint den Ausführungen
des Königs zu lauschen. Der Leibjäger geht seinem Herrn mit geschulterter Muskete
vorauf, die Linke hält an gestraffter Leine die Bracken. Ein weiteres Motiv, das mir
nur in einem Exemplare bekannt ist, verzeichnet das Antiquitätenhaus Wertheim (Berlin):
Ein Falke stößt auf seine Beute, der Falkner mit seinem Hunde läuft eilends herbei,
ein Jagdgefährte kommt vom Flußufer. Ober den Strom spannt sich eine Brücke —
in der Mitte ein Kreuz —, Jäger sprengen nach der Stadt; Häuser säumen den Kai.
Das Rankenwerk der Bordüre erinnert an die Fassung der Konstantinsfolge; den Mittel-
kartuschen sind Köpfe (Hunde, Gesichtsfratze, Rehkopf (?)) aufgelegt. Die Farbengebung
ist trüb. Der Teppich mißt 3.35x2.50 m.

Toussaint Dubreuil, neben Lerambert der bedeutendste Kartonzeichner in der Früh-
zeit der van den Planken-Comansschen Manufaktur, gewissermaßen der Vorgänger der
Guyot und Dumee, verstirbt bereits am 22. November 1602. Sein Dianazyklus (8 Kartons)

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