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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0106
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van den Planken und C o m an s. 1633-1667

Mit dem 6. November 1661 legt Raphael van den Planken die Leitung der Manu-
faktur nieder, die königlichen Privilegien gehen auf den Sohn über (85).

Sowohl die Invenlarvermerke wie die uns erhaltenen Behänge aus der Manufaktur
Saint-Germain sind verhältnismäßig zahlreich.

Die Geschichte Tankreds und Klorindes — Episoden aus Tassos „Befreitem Jerusalem"
(86) — findet sich mit acht Teppichen, 3Vs Pariser Ellen hoch, 23 Ellen lang, in dem
Inventar (1671) Henriettes von England, der Gemahlin des Herzogs von Orleans (87).
Die gleiche Folge verzeichnet das französische Kroninventar von 1684 (Nr. 162) mit
6 Teppichen, 23/i Ellen hoch, 197a Ellen lang «dans une bordure toutte de fleurs,
cntouree et licüo de distance en distance de ruban bleu sur un fonds aurore, et dans
les coins un gros lleuron de mesme couleur." Die staatliche Folge ging in den Wirren
der französischen Revolution verloren, möglicherweise ist die am 8. Mai 1891 in Paris
versteigerte Serie von sechs Behängen, die eine nah verwandte Bordüre aufzuweisen
hat und auch in den Maßen ziemlich übereinstimmt — H. 3,20 m, L. 5,10 m, 4,75 m,
3,70 m, 3,10 m, 2,85 m, 2,50 m — mit der fiskalischen Reihe identisch. Der entwerfende
Künstler ist nicht bekannt, jedenfalls decken sich die Motive der uns überkommenen
Behänge nicht mit den Duboisschen Episoden des „Befreiten Jerusalem" auf Schloß
Fontainebleau. Die Folge beginnt mit dem Zusammentreffen Tankreds und Klorindes.
Die gewappnete Schöne hält den federbuschgeschmückten Helm in den Händen, bereit
das Roß zu besteigen. Der gerüstete Held naht sich aus dem deckenden Gebüsch,
Liebesgötter schwingen Bogen und Pfeil. Im zweiten, dem größten Behänge der
Serie, sprengt Klorinde herbei, die auf dem Scheiterhaufen dem Feuertode preis-
gegebenen Frauen, Olinde und Sophronie, zu retten; Henker schleppen Holz und legen
die zündende Fackel, zahlreiche Zuschauer, in erster Linie Weiber und Kinder, wohnen
der Hinrichtung bei; ein Rundtempel und ein von Baumschlag umrahmter antiker Tor-
bau schließen den Hintergrund. Der Entwurf ist stark von dem Gemälde Lorenzo
Lippis in' den florentinischen Sammlungen beeinflußt. Im dritten Behänge kniet
Herminie, von ihren Frauen begleitet, vor Tankred und seiner Ritterschar. Der Held
weist die Schätze und die Prunkgefäße zurück, die die Besiegte ihm darbietet und
schenkt ihr edelmütig die Freiheit. Im Vordergrunde knieen zwei gefangene Sarazenen,
die Hände auf dem Rücken zusammengeschnürt; die Stadttore von Antiochien dienen
als Staffage. Im vierten Motive weilt Herminie bei den Bauern, im fünften vollzieht
sich die Taufe Klorindes durch Tankred (12. Gesang, Abb. 55). Der sechste Behang
zeigt den am Boden liegenden verwundeten Tankred, dem Yafrin und Herminie zu
Hilfe eilen (19. Gesang). Im siebenten Stücke befiehlt Tankred die Errichtung der
Grabhalle Klorindes. Die Serie tauchte in einer Pariser Auktion (15. März 1865) auf,
die Durchschnittshöhe der sieben Behänge betrug 3,33 m. Vier bordürenlose Teppiche
der Folge (1, 2, 3, 6) gingen mit der Stiftung Peyre in den Bestand des Pariser Mus6e
des Arts däcoratifs über; Nr. 2 und 6, in demselben fragmentarischen Zustand, befinden
sich nach Fenaille in einer nicht näher genannten Pariser Sammlung; dem Grafen
de Colbert-Laplace auf Schloß Mailloc (Calvados) eignen Nr. 2 und 3, zwei gut erhaltene
Behänge (2 und 6) befanden sich 1905 im amerikanischen Kunsthandel — die Bordüren
füllen straußartig gefaßte Blumcnbüschel, in den vier Ecken hocken nackte Amoretten (88).
Die Bildmotive sind in der Auffassung trocken, ohne jedes innere Leben; die Gruppen-
zusammenstellung ist langweilig und erkünstelt, störend wirken die aus zeitgenössischen
Rüstungsteilen und antiken Elementen zusammengestoppelten Panzer der Kreuzzugs-
helden und ihrer heidnischen Gegnerinnen. Dem gleichen Sagenkreise entlehnt die
Rinaldo- (Renaud) und Armida-Serie ihren Stoff (89). Die golddurchwirkte „Histoire
de Regnault (Rinaldo) et Armide, dessin de Youet, dans une bordure de grisaille fonds
jaune et six ovalles fonds bleu, remplies de carquois et Cupidons" umfaßt acht
Teppiche, 3Vs Pariser Ellen hoch, 24 Ellen lang — die Maße stimmen ziemlich genau
mit der Tankredreihe überein (90). Die zweite, gleichfalls mit Metallfäden ausgestattete
staatliche Reihe „dans une bordure fonds bleu semöe de rinseaux d'or, deux Satyrs de
grisaille ä chaque coin du bas; dans le milieu, la devise d'Henry quatre sur un fonds

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