Beauvais
vereinzelte Stücke verzeichnet der deutsche Privatbesitz (Abb. 245); eine (3.) Kopie
der „Tränke" kam am 3. April 1924 in London unter den Hammer (85).
Dekorativer wirkt die Folge der „Bohemiens", wiederum nach Casanova (1777): Marsch,
Gepäckdiebstahl (Abb. 246), Quelle, Gepäcktransport (Verteilung des Raubes), Mahl und
Schläfer. Zwei vereinzelte Behänge aus der Amtszeit von Charrons Nachfolger, DeMenou,
nennt der schwedische Kronschatz sein eigen (Gepäckdiebstahl [Abb. 246] und ländliches
Fest, mit „Quelle" oder „Mahl" identisch) (86). Eine Wiederholung des „Gepäck-
diebstahls" ging aus der Sammlung des Grafen Polovtsoff in den Besitz der Pariser
Kunsthandlung Jacques Seligmann über. Ein gut erhaltenes Exemplar der „zum Mahl
gelagerten Zigeuner" — ohne Bordüre — findet sich im Textilienbestande der Stadt
Paris (87).
Zu Ende der siebziger Jahre (1778/80) entstehen Casanovas „vier Lebensalter" (4 Be-
hänge) im Auftrage des Staatsrates Bertier de Sauvigny: Kinderzeit, Tanz (Spazier-
gang), astronomische Studien, Konzert; der Hauptnachdruck liegt auf dem reichen
Möbel (88).
Bis in die jüngste Zeit verblieb die Originalserie im Besitz der Familie des Be-
stellers, bis ein hoher Preis zum Verkaufe lockte. Mit den „militärischen Szenen",
den „Convois militaires" (6 Motive, 1787), endet die Tätigkeit Casanovas: Regiment
auf dem Marsch, Marketenderzelt, Hafen, Schlacht, Zusammenstoß von Infanteristen
und Reitern, zwei Reiter. Das zugehörige Möbel zählt zwei Sofas und acht Fauteuils (89).
Die Casanova'schen Serien sind, dem Geschäftsbetriebe von Beauvais entsprechend,
in alle Welt zerstreut. Einen verhältnismäßig starken Bestand an Folgen von Le Prince
und Casanova weist noch heute der französische Garde-Meuble auf. Die Möbelbezüge
mit den kriegerischen und landschaftlichen Szenen erscheinen vielfach in Empire-
fassung; sie entstammen der Zeit nach 1793 und dienten zur Ausstattung der Reprä-
sentationsräume des ersten Konsuls Bonaparte auf Schloß Saint-Cloud. Einzelstücke
der vorrevolutionären Beauvaisfolgen und Möbel finden sich hie und da in franzö-
sischen, deutschen und polnischen Privatsammlungen; gut ijb der Bestände ist nach
Amerika abgewandert. Die „Schlacht" aus Casanovas „militärischen Episoden" findet
sich, um nur ein Beispiel zu nennen, im Besitze der amerikanischen Kunsthandlung
Gimpel und Wildenstein usw. (90).
De Menou, ein Fachmann, der sich bereits in Aubusson als Leiter größerer Werk-
stätten bewährt hat, übernimmt nach Charrons Ableben 1780 die Direktion der Manu-
faktur Beauvais unter den alten Bedingungen.
Als erste neue Serie bringt das Jahr 1780 die „Pastorales ä draperies bleues et ara-
besques" nach Jean-Baptiste Huet. Die neue Huet'sche Reihe (Abb. 247, 248) lehnt
sich stark an die gleichzeitigen Behänge von Aubusson (vgl. Abb. 305) an; andererseits übt
die Beauvaisserie auf die Ateliers der Marche wiederum gewisse Rückwirkungen
aus. Leichte pastorale Szenen spielen vor landschaftlichem Hintergrunde; Blumenge-
winde schlingen sich um stilisierte Palmen; blaue Draperien mit Schnüren und Quasten
— die farbenfrohen Vertreter der Vogelwelt fehlen selbstverständlich nicht — dienen
als oberer' Abschluß. Die Rahmenbordüre bleibt auf den unteren Fries beschränkt;
ein zierliches Blumen- und Blattgewinde faßt das Bild. Die Serie besteht offiziell aus
zehn Behängen, von denen allerdings nur die ersten sieben (acht) in die Wirktechnik
übertragen worden sind, die drei letzten mit Arabesken und Tieren bleiben unver-
wertet: Fischfang, Huldigung vor Amor (91), Schaukel (Abb. 248), Ernte, Meierin und
Kirschenpflücken (Abb. 247), Mai, Tanz zu zweien, Kirschenernte (92). Der französische
Staatsschatz verzeichnet vier Behänge (Huldigung vor Amor, Schaukel, Ernte, Kirschen-
pflücken), in dem mehrfach erwähnten Guiffrey'schen Inventar irrtümlich als „Noble
Pastorale" bezeichnet. Im Hotel der Souspr efecture von Pontoise hängen sechs Tep-
piche, von denen sich nur drei mit den offiziellen Listen von Beauvais decken (Schau-
kel, Mai, Kirschenpflücken), neu sind „Nestplünderer, die kniende Fr au vor der Statue
Amors, ein Bursche schenkt einem jungen Mädchen einen Vogel". Die Kollektion der
Baronin James de Rothschild verzeichnet drei Behänge, das Louvre Museum deren zwei
230
vereinzelte Stücke verzeichnet der deutsche Privatbesitz (Abb. 245); eine (3.) Kopie
der „Tränke" kam am 3. April 1924 in London unter den Hammer (85).
Dekorativer wirkt die Folge der „Bohemiens", wiederum nach Casanova (1777): Marsch,
Gepäckdiebstahl (Abb. 246), Quelle, Gepäcktransport (Verteilung des Raubes), Mahl und
Schläfer. Zwei vereinzelte Behänge aus der Amtszeit von Charrons Nachfolger, DeMenou,
nennt der schwedische Kronschatz sein eigen (Gepäckdiebstahl [Abb. 246] und ländliches
Fest, mit „Quelle" oder „Mahl" identisch) (86). Eine Wiederholung des „Gepäck-
diebstahls" ging aus der Sammlung des Grafen Polovtsoff in den Besitz der Pariser
Kunsthandlung Jacques Seligmann über. Ein gut erhaltenes Exemplar der „zum Mahl
gelagerten Zigeuner" — ohne Bordüre — findet sich im Textilienbestande der Stadt
Paris (87).
Zu Ende der siebziger Jahre (1778/80) entstehen Casanovas „vier Lebensalter" (4 Be-
hänge) im Auftrage des Staatsrates Bertier de Sauvigny: Kinderzeit, Tanz (Spazier-
gang), astronomische Studien, Konzert; der Hauptnachdruck liegt auf dem reichen
Möbel (88).
Bis in die jüngste Zeit verblieb die Originalserie im Besitz der Familie des Be-
stellers, bis ein hoher Preis zum Verkaufe lockte. Mit den „militärischen Szenen",
den „Convois militaires" (6 Motive, 1787), endet die Tätigkeit Casanovas: Regiment
auf dem Marsch, Marketenderzelt, Hafen, Schlacht, Zusammenstoß von Infanteristen
und Reitern, zwei Reiter. Das zugehörige Möbel zählt zwei Sofas und acht Fauteuils (89).
Die Casanova'schen Serien sind, dem Geschäftsbetriebe von Beauvais entsprechend,
in alle Welt zerstreut. Einen verhältnismäßig starken Bestand an Folgen von Le Prince
und Casanova weist noch heute der französische Garde-Meuble auf. Die Möbelbezüge
mit den kriegerischen und landschaftlichen Szenen erscheinen vielfach in Empire-
fassung; sie entstammen der Zeit nach 1793 und dienten zur Ausstattung der Reprä-
sentationsräume des ersten Konsuls Bonaparte auf Schloß Saint-Cloud. Einzelstücke
der vorrevolutionären Beauvaisfolgen und Möbel finden sich hie und da in franzö-
sischen, deutschen und polnischen Privatsammlungen; gut ijb der Bestände ist nach
Amerika abgewandert. Die „Schlacht" aus Casanovas „militärischen Episoden" findet
sich, um nur ein Beispiel zu nennen, im Besitze der amerikanischen Kunsthandlung
Gimpel und Wildenstein usw. (90).
De Menou, ein Fachmann, der sich bereits in Aubusson als Leiter größerer Werk-
stätten bewährt hat, übernimmt nach Charrons Ableben 1780 die Direktion der Manu-
faktur Beauvais unter den alten Bedingungen.
Als erste neue Serie bringt das Jahr 1780 die „Pastorales ä draperies bleues et ara-
besques" nach Jean-Baptiste Huet. Die neue Huet'sche Reihe (Abb. 247, 248) lehnt
sich stark an die gleichzeitigen Behänge von Aubusson (vgl. Abb. 305) an; andererseits übt
die Beauvaisserie auf die Ateliers der Marche wiederum gewisse Rückwirkungen
aus. Leichte pastorale Szenen spielen vor landschaftlichem Hintergrunde; Blumenge-
winde schlingen sich um stilisierte Palmen; blaue Draperien mit Schnüren und Quasten
— die farbenfrohen Vertreter der Vogelwelt fehlen selbstverständlich nicht — dienen
als oberer' Abschluß. Die Rahmenbordüre bleibt auf den unteren Fries beschränkt;
ein zierliches Blumen- und Blattgewinde faßt das Bild. Die Serie besteht offiziell aus
zehn Behängen, von denen allerdings nur die ersten sieben (acht) in die Wirktechnik
übertragen worden sind, die drei letzten mit Arabesken und Tieren bleiben unver-
wertet: Fischfang, Huldigung vor Amor (91), Schaukel (Abb. 248), Ernte, Meierin und
Kirschenpflücken (Abb. 247), Mai, Tanz zu zweien, Kirschenernte (92). Der französische
Staatsschatz verzeichnet vier Behänge (Huldigung vor Amor, Schaukel, Ernte, Kirschen-
pflücken), in dem mehrfach erwähnten Guiffrey'schen Inventar irrtümlich als „Noble
Pastorale" bezeichnet. Im Hotel der Souspr efecture von Pontoise hängen sechs Tep-
piche, von denen sich nur drei mit den offiziellen Listen von Beauvais decken (Schau-
kel, Mai, Kirschenpflücken), neu sind „Nestplünderer, die kniende Fr au vor der Statue
Amors, ein Bursche schenkt einem jungen Mädchen einen Vogel". Die Kollektion der
Baronin James de Rothschild verzeichnet drei Behänge, das Louvre Museum deren zwei
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