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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0438
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Rom. Barbe rini

Ort und Signatur werden nicht erwähnt — in dem römischen Atelier als Wieder-
holung bzw. Ergänzung der Pariser Folge entstanden, ist nicht ausgeschlossen. ((Ko-
riolan vor dem römischen Senat" — nicht vor den Volskern — stammt sicher nicht
von einem Schüler Cortona's, die nahe Verwandtschaft mit der Lerambert'schen Serie
ist unverkennbar. Auch die Bordüre — Bilderrahmennachahmung, der tiefen Kehle
sind Kartuschen mit Camai'eubildern in den Ecken und Mitten aufgelegt — findet sich
mit gewissen Abwandlungen in den zeitgenössischen Pariser Folgen wieder. Auf eine
spätere römische Manufaktur — vielleicht aus dem Wirkeratelier des Gio. Batt. Ter-
mini — und einen anderen Patronenmaler geht dagegen ein Koriolanbehang im
Vatikan zurück: „der römische Feldherr schwört dem König der Volsker Treue"
(Abb. 433).

Die goldgewirkte Judithfolge faßt zehn Behänge, die Bordüre verrät den Einfluß
der Brüsseler Serien aus den Ateliers der Jan Raes und Frans van den Hecke. Aller
Wahrscheinlichkeit nach dürfte es sich um die Ergänzung oder Kopie einer braban-
tischen Reihe handeln. Möglicherweise ist ein bordürenloses Fragment in den vati-
kanischen Sammlungen mit der Folge in Verbindung zu bringen (Abb. 434).

Zweifellos römisches Erzeugnis (um 1636) sind die fünf golddurchwirkten Behänge
mit Episoden aus der Legende Apollos und Dianas (in der Sammlung Mrs. Twombly).
Die kleinen Figuren der Handlung — Latona mit ihren Kindern Apollo und Diana,
die Metamorphose Daphne's (Abb. 435), Apollo hütet die Herde des Laomedon, der
Gott und die neun Musen, Apollo schindet Marsyas — sind in einen reichen Verdüren-
grund versetzt; bergige bewaldete Höhen schließen die Szenen; die Bordüren verwerten
in den Seitenleisten Hermen, die in Blumenkörbe tragende Frauengestalten auslaufen,
die Mitte der unteren Bordüre wird durch das von Putten flankierte Barberini-Wappen
— drei Bienen— betont, schwere Fruchtgehänge füllen die Hohlkehle; als Gegenstück
erscheint oben ein Frauenhaupt in einer Kartusche gefaßt, rechts und links baut sich
symmetrisch ein Voluten-Muschelmotiv auf, von Füllhörnern begleitet. Es ist nicht ganz
klar, ob die Serie mit den für den Herzog von Ferrara, Francesco IL, gelieferten Tep-
pichen — Apollo kämpft gegen die Giganten, eine Supraporte zeigt den Phönix in
ornamentaler Fassung, mythologische Motive in Verdürenrahmung usw. — in Verbin-
dung zu bringen ist, oder ob es sich bei dem auswärtigen Auftrage lediglich um die
Auffüllung älterer Reihen handelte, für die letztere Annahme spricht die Tatsache, daß
Baldi für den Herzog einen ergänzenden Scipioteppich entwirft, den das Barberini-
Atelier zur Durchführung bringt.

Der Tod Urbans VIII. (1644), die scharfe Gegenströmung gegen das Haus Barberini,
die Verbannung des Kardinals, legt die Manufaktur vorübergehend still. Ein arazziere
Michele Palese (Pelese), der 1648 in Verbindung mit der Herstellung von „tappoti" ge-
nannt wird, scheint kein Wirker in unserem Sinne, sondern ein Teppichknüpfer ge-
wesen zu sein. 16S3 kehren die Barberini nach ihrer Aussöhnung mit Papst Inno-
cenz X. nach Rom zurück. 1659 finden wir den Tapissier Pietro Rascotti urkundlich
erwähnt; erst gegen 1663 dürfte die Barberini-Manufaktur ihre Tätigkeit wieder
in vollem Umfange aufgenommen haben. Der Kardinal beauftragt in dem Schreiben
vom 6. August 1663 den Maler Lazzaro Baldi (geb. 1624, f 1703), den Schüler und Nach-
folger Pietro da Cortona's, mit dem Entwurf für die Bordüren (Friese) einer Lebens-
geschichte des Papstes Urbans VIH.; die Hauptdarstellungen — die Kartons befinden
sich noch im Palazzo Barberini — gehen nicht, wie Gentiii annimmt, auf Pietro da
Cortona zurück —, ob auf Romanelli? (18). Die Fertigstellung der Behänge zieht sich in
die Länge, es bedarf einer Zeitspanne von rund 20 Jahren, bis die ersten sechs
Teppiche zur Ablieferung gelangen. 1683 schmücken sie die Fassade des Palazzo Bar-
berini, die Gesamtreihe dürfte 10 große Behänge und zahlreiche Friese umfaßt haben.
Die Serie beginnt mit den Erfolgen des jungen Maffeo Barberini, des späteren Papstes
(Urban VIII.). Das künftige Oberhaupt der Kirche wird zum Doktor promoviert; alle-
gorische Gestalten verkörpern die verschiedenen Materien, in den Lüften schweben
drei Genien, in den Händen Lorbeerkranz, Merkurstab und Szepter. Die Handlung

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