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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Hrsg.]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0508
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Madrid

Rokokorahmen. Aus der Spätzeit der Manufaktur stammt das Porträt des Schauspielers
Isidoro Maiquez in zeitgenössischer Tracht nach dem Goya'schen Porträt: grauer Über-
rock, breite Spitzenkrawatte. Das metalldurchwirkte Brustbild eines jüngeren Mannes,
signiert van der Goten, erreichte auf der Pariser Auktion vom 1./2. III. 1904 den für
die damalige Zeit stattlichen Preis von 1525 Francs.

Vereinzelt werden Studienköpfe und Gemälde bekannter italienischer Meister, in der
Art der florentinischen und römischen Ateliers, in Wolle und Seide übertragen. Die
Halbfiguren der Sibyllen nach Domenichino und seinen Nachahmern, die sterbende Kleo-
patra und andere mehr zählen zu dem Bestände des spanischen Textilienschatzes.

Die Tätigkeit der Manufaktur vollzieht sich nach wie vor auf Grund des abgeschlossenen
Vertrages, der in dem Memorandum vom 16. April 1786 mit einem interessanten Rück-
blick ausführlich erörtert wird (72). Im Laufe der sechziger Jahre verschwinden die
flämischen Namen immer mehr aus der Liste der Wirker, die Mehrzahl der an
Sta Barbara tätigen Meister rekrutiert sich aus angelernten Spaniern. Waren 1754 an
sechs großen und einem kleinen Gezeug neun Wirker und zehn Lehrlinge tätig, so
hat sich der Bestand bereits 1760 auf 15 Stühle mit 25 Wirkern, acht Helfern und acht
Lehrlingen erhöht; nur vier von diesen sind noch Ausländer. 1774 nehmen Antonio Mo-
reno und Manuel Sanchez eine führende Stellung in dem Hautelissebetriebe ein. Uber
die Wirker, die in der Zeit von 1776 bis 1800 in den beiden Zweigateliers, in erster
Linie mit den Goyateppichen beschäftigt sind, bringt Yillaamil eine genauere, urkund-
lich belegte Liste (73). In der Hautelissewerkstatt arbeiten hiernach Manuel Sanchez,
Tomas de Castillo, Antonio Morcno, Manuel Large, Manuel Hurtado, Diego Belinchon,
Eusebio Candamo und der noch in der Lehre befindliche Franzose Miguel Noyal.

Die in der Besoldung stiefmütterlicher bedachten „ofiziales de bajo lizo" sind Antonio
Piniades (Punades), Francisco Carrillo, der Nachfolger des verstorbenen Meisterwirkers
Domingo Galan, Diego Garcia, Jos6 Sanchez, die Flamen Henry Vandigan und Vambas,
Jose" Escalante, Pedro Guerra, Francisco Conde, Jos6 Avecilla und Manuel Palacios. Die
Vergütung setzt sich zusammen aus dem nach dem Können abgestuften Tagelohn und
der Quadratellenvergütung, die nach dem Ableben des letzten van der Goten (Cornelio)
1786 nochmals ausdrücklich festgelegt wird: ,(Toda la obra, asi de alto como de bajo
lizo" — also einheitlich für Hautelisse- und Basselissearbeit —, „la pagaba ei difunto
D. Cornelio Vandergoten al respecto de seis doblones la ana en cuadro, por la
parte de abajo, que es donde estän las figuras y otros adherentes, que componen
historia ü otras cosas semejantes; y por la parte de arriba, como son cielo, nubes
ärboles, casas, etc., ä cuatro doblones; y de este modo de pagar la obra le salia toda
ä cinco doblones, bien entendido que la ana es medio piö mäs chica que la vara
castellana, etc." (74). Die Art der Abrechnung ist die in den Niederlanden und an den
Gobelins gebräuchliche; der Behang wird in die schwierigen (Köpfe, Inkarnat, Figuren)
und die leichter durchzuführenden Teile (Baumschlag, Himmel usw.) gegliedert und
entsprechend mit abgestuften Sätzen bezahlt.

Um 1801 arbeiten außer den uns bereits bekannten Meistern in Santa Barbara: Francisco
Alonso, Manuel Belinchon (Hautelissiers), B. Gonzalez (Hautelissier), Santiago Amoroso
(Hautelissier, 1802, 1806, 1808) und Nicolas Bream (Hautelissier, 1793/94). Cornelis van
der Goten verstirbt 1786, ohne Leibeserben zu hinterlassen. Ein erbitterter Kampf
um die Nachfolge in der Leitung setzt ein. Die in der Manufaktur tätigen spanischen
Wirker berufen sich auf die Abmachungen vom Jahre 1774, wonach einem oder mehreren
von ihnen der freigewordene Direktorposten zustehen soll. Der Neffe des letzten van dei
Goten Livinio Stuijk aus Antwerpen, der erst in der Madrider Staatsinanufaktur vor
einigen Jahren die Bildwirkerei erlernt hat, tritt als schärfster Bewerber auf. Die
Meister von Santa Bärbara ziehen aus der Tatsache ihren Nutzen, werfen Stuijk grobe
Unkenntnis vor und suchen den Beweis zu führen, daß bereits Cornelis van der Goten
durch seine Unfähigkeit und Interesselosigkeit den Bestand der Ateliers aufs höchste
gefährdet habe. Mengs, Francisco Bayeu und Maella unterstützen das Gesuch der
spanischen Meister, jedoch ohne Erfolg. Livinio Stuijk y Vandergoten erhält die

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