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Wie steigern die Verse sich, bis mit gewaltigem Accent
der siebente abschließt. Und darauf dann der König:
Du sprichst ein großes Wort gelassen aus.
Der berühmte Vers, der oft wiederholt wird.
Recht sichtbar ist hier, worin das bestand, was Goethe
in Italien im „Handwerk" gewann. In der voritalienischen
Fassung verräth der Dialog an dieser Stelle nicht, daß Iphi-
genie eine besondere Wirkung dadurch zu erzielen hoffte, wenn
sie Tantalus ihren Ahnherrn nannte, und ebensowenig tritt
hervor, daß der König in außerordentlicher Art von dieser
Thatsache ergriffen wurde. Thoas' Antwort in dieser ersten
Fassung enthält nur das Zugeständniß, daß er, selbst ein Fürst,
die hohe Abstammung Iphigeniens respectire. Und die Fragen,
die er über Tantalus nachfolgen läßt, bezeugen auch nur, er
wisse von dem hohen Herrn wohl. Aber nur die erste Hälfte
der bösen Dinge, die Iphigenie zu erzählen hatte, war dem
Könige damit von ihr bekannt. Thoas wußte nur, daß Tan-
talus auf dem Olymp mit den Göttern zu Tische gesessen
hatte, und von seiner Autorität im Rathe der Unsterblichen;
nun erst erfährt er Tantalus' Sturz und hinterher die Ge-
schichte seiner Nachkommen. Auch das ist in der voritalienischen
Fassung noch episch gedacht und episch inscenirt: in Italien
erst empfängt der Vers, in dem Thoas seine Ehrfurcht und
sein Staunen zum Ausdruck bringt, das weltgültige Gepräge.
Goethe bringt das Wort „gelassen" hinein. Gelassen bedeutet
bei ihm die Ruhe, die edles Blut und vornehme Erziehung
verleihen. Du rühmst dich, sagt Thoas, indem er dies Wort
von ihrer Sprache gebraucht, zu Iphigenie, der allerhöchsten
irdischen Abstammung, jedoch mit der Einfachheit des Accentes
in deiner Rede, die für die Wahrheit deines Ausspruches
Wie steigern die Verse sich, bis mit gewaltigem Accent
der siebente abschließt. Und darauf dann der König:
Du sprichst ein großes Wort gelassen aus.
Der berühmte Vers, der oft wiederholt wird.
Recht sichtbar ist hier, worin das bestand, was Goethe
in Italien im „Handwerk" gewann. In der voritalienischen
Fassung verräth der Dialog an dieser Stelle nicht, daß Iphi-
genie eine besondere Wirkung dadurch zu erzielen hoffte, wenn
sie Tantalus ihren Ahnherrn nannte, und ebensowenig tritt
hervor, daß der König in außerordentlicher Art von dieser
Thatsache ergriffen wurde. Thoas' Antwort in dieser ersten
Fassung enthält nur das Zugeständniß, daß er, selbst ein Fürst,
die hohe Abstammung Iphigeniens respectire. Und die Fragen,
die er über Tantalus nachfolgen läßt, bezeugen auch nur, er
wisse von dem hohen Herrn wohl. Aber nur die erste Hälfte
der bösen Dinge, die Iphigenie zu erzählen hatte, war dem
Könige damit von ihr bekannt. Thoas wußte nur, daß Tan-
talus auf dem Olymp mit den Göttern zu Tische gesessen
hatte, und von seiner Autorität im Rathe der Unsterblichen;
nun erst erfährt er Tantalus' Sturz und hinterher die Ge-
schichte seiner Nachkommen. Auch das ist in der voritalienischen
Fassung noch episch gedacht und episch inscenirt: in Italien
erst empfängt der Vers, in dem Thoas seine Ehrfurcht und
sein Staunen zum Ausdruck bringt, das weltgültige Gepräge.
Goethe bringt das Wort „gelassen" hinein. Gelassen bedeutet
bei ihm die Ruhe, die edles Blut und vornehme Erziehung
verleihen. Du rühmst dich, sagt Thoas, indem er dies Wort
von ihrer Sprache gebraucht, zu Iphigenie, der allerhöchsten
irdischen Abstammung, jedoch mit der Einfachheit des Accentes
in deiner Rede, die für die Wahrheit deines Ausspruches