60
es sei ihm „unmöglich, mit Iphigenie etwas anzufangen".
Schiller besteht auf feineu Hoffnungen und beruft sich darauf,
daß man auch in Dresden eine Aufführung wagen wolle.
Den 4. Mai 1802 fragt Goethe wieder bei ihm an. „Was
auguriren Sie von Iphigenie?" heißt es kurz in seinem Briefe.
Mau hatte deren Aufführung wieder vor. Schiller hoffte
das Beste und bezeichnet die für die Schauspieler wichtigsten
Stellen. Sonnabend, den 15. Mai 1802, soll sie in Weimar
nun gegeben werden. Was er dann weiter darüber an Schiller
schreibt, läßt uns einen Blick in Goethe's innere Entwicklung
thun. „Ob noch Sonnabend, den 15. Mai, Iphigenie wird
sein können, hoffe ich durch Ihre Güte morgen zu erfahren,
und werde alsdann eintreffen (aus Jena, wo er damals war),
um, an Ihrer Seite, einige der wunderbarsten Effecte zu er-
warten, die ich in meinem Leben gehabt habe: die unmittel-
bare Gegenwart eines, für mich, mehr als vergangenen Zu-
standes."
Den 15. Morgens traf Goethe aus Jena in Weimar
ein. Abends fand die Vorstellung statt. Nach ihr ging er
mit zu Schiller. Alan möchte wohl wissen, was da gesprochen
worden ist. Ein seltsamer Umschwung der Dinge! Vor
fünfundzwanzig Jahren hatte Goethe vor dem engen Kreise
des Hofes, wo Jeder jede Bedeutung jedes Wortes verstand
und beherzigte, selbst mitgespielt. Jung und blühend, schön
und begeisternd war sein Anblick. Für ihn war Orest zu
jener Zeit die vornehmste Rolle des Stückes. Orest's Heilung
von vernichtendem Trübsinn nannte er in Rom noch die Achse
des Stückes. Durch seine Schwester Iphigenie wird diese
0 20. März. — °) S. Mai.
es sei ihm „unmöglich, mit Iphigenie etwas anzufangen".
Schiller besteht auf feineu Hoffnungen und beruft sich darauf,
daß man auch in Dresden eine Aufführung wagen wolle.
Den 4. Mai 1802 fragt Goethe wieder bei ihm an. „Was
auguriren Sie von Iphigenie?" heißt es kurz in seinem Briefe.
Mau hatte deren Aufführung wieder vor. Schiller hoffte
das Beste und bezeichnet die für die Schauspieler wichtigsten
Stellen. Sonnabend, den 15. Mai 1802, soll sie in Weimar
nun gegeben werden. Was er dann weiter darüber an Schiller
schreibt, läßt uns einen Blick in Goethe's innere Entwicklung
thun. „Ob noch Sonnabend, den 15. Mai, Iphigenie wird
sein können, hoffe ich durch Ihre Güte morgen zu erfahren,
und werde alsdann eintreffen (aus Jena, wo er damals war),
um, an Ihrer Seite, einige der wunderbarsten Effecte zu er-
warten, die ich in meinem Leben gehabt habe: die unmittel-
bare Gegenwart eines, für mich, mehr als vergangenen Zu-
standes."
Den 15. Morgens traf Goethe aus Jena in Weimar
ein. Abends fand die Vorstellung statt. Nach ihr ging er
mit zu Schiller. Alan möchte wohl wissen, was da gesprochen
worden ist. Ein seltsamer Umschwung der Dinge! Vor
fünfundzwanzig Jahren hatte Goethe vor dem engen Kreise
des Hofes, wo Jeder jede Bedeutung jedes Wortes verstand
und beherzigte, selbst mitgespielt. Jung und blühend, schön
und begeisternd war sein Anblick. Für ihn war Orest zu
jener Zeit die vornehmste Rolle des Stückes. Orest's Heilung
von vernichtendem Trübsinn nannte er in Rom noch die Achse
des Stückes. Durch seine Schwester Iphigenie wird diese
0 20. März. — °) S. Mai.