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Grimm, Herman; Grimm, Herman [Editor]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0164
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was Weimar dieser Frau verdankte: in der Vorrede zu
„Winckelmanu und sein Jahrhundert", das er der Fürstin
widmete. Hier tritt Goethe, wie so oft beinahe, ohne daß
wir es merken, als Historiker ersten Ranges ein. Anna Ama-
lia wird als die Schöpferin des weimarischen Wesens an-
geredet, als seien die ihr gewidmeten Sätze dazu bestimmt,
in Bronce eingegraben zu werden. Goethe sagt: „Ohne
Ruhmredigkeit darf man des in einem beschränkten Kreise
nach innen und außen gewirkten Guten gedenken, wovon das
Augenfällige schon die Bewunderung des Beobachters erregen
muß, die immer höher steigen würde, wenn sich ein Unter-
richteter das Werden und Wachsen darzustellen bemühte.
„Nicht auf Besitz, sondern auf Wirkung war es abge-
sehen, und um so mehr verdient die höhere Cultur dieses
Landes einen Annalisten, je mehr sich gar manches früher
lebendig und thätig zeigte, wovon die sichtbaren Spuren schon
verloschen sind.
„Mögen Ew. Durchlaucht, im Bewußtsein anfänglicher
Stiftung und fortgesetzter Mitwirkung, zu jenem eigenen
Familienglück, einem hohen und gesunden Alter gelangen, und
noch spät einer glänzenden Epoche genießen, die sich jetzt für
unseren Kreis eröffnet, in welcher alles vorhandene Gute noch
immer gemehrt, in sich verknüpft, befestigt, gesteigert und der
Nachwelt überliefert werden soll."
Goethe drückt sich in der feierlichen Sprache aus, die
ihm allmählich zur Natur wurde. Er war sich der Trag-
weite jedes der hier gebrauchten Worte bewußt. Diese schein-
baren Redensarten sind bis zum Rande voll von echtem An-
halte. Und nun: das ist gesagt, als wäre es heute der
Großherzogin Sophie in einer ihr Wirken überschauenden
 
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