Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Grimm, Herman; Grimm, Herman [Editor]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0165
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
141

Buchwidmung ausgesprochen worden! Freilich schrieb Goethe
diese Worte vier Jahre vor dem Tode Anna Amalia's und
vor der Schlacht von Jena, durch die das von ihm geträumte
Herrliche und Gute für immer in der Entwicklung gehemmt
zu sein schien; wenden wir aber die Blicke auf die späteren
Jahre und auf das gesammte sich heute nun vollendende
Jahrhundert, so hat Goethe doch Recht gehabt. Anna Amalia
war die „anfängliche Stifterin", und in der Großherzogin
Sophie wurde von der Vorsehung die Frau in die sächsischen
Lande geleitet, die das von Anna Amalia einst Gewollte und
Gewirkte an ihrer Stelle neu verstand, belebte und neu be-
gründete. Abermals nun könnte ein frischer Aufwuchs dessen
heute vorausgesagt werden, was Goethe zu Folge „ein Unter-
richteter darzustellen bemüht sein sollte". Denn wie Fürsten,
deren Charakter negativ angelegt ist, an ihrer von allen Seiten
sichtbaren Stelle größeres Unheil anrichten als andere Menschen,
so verbreiten sie, wenn vielmehr das Positive ihres Thuns
und Denkens hervortritt, weiter reichenden Segen als anderen
Sterblichen gestattet ist. Ein auf dem Boden angezündetes
Feuer erwärmt und beleuchtet nur die Nächsten, die auf einem
Thurme sich erhebende leuchtende Flamme bewahrt, in weitem
Umkreise sichtbar, die Schiffer vor Untergang und zeigt ihnen
die Wege. Wie viel hat die Großherzogin Sophie gethan,
das sie von der Höhe herab so sichtbar werden ließ. Und
zwischen ihr und Anna Amalia haben in gleichem Bestreben,
in ihrem Umkreise eine jede, die beiden Fürstinnen Luise und
Maria Paulowna gewaltet.
Anna Amalia's innere Kraft, ihre Gabe, die rechten
Männer zu finden, ihr wirkendes Beispiel, ihre Theilnahme
an bildender Kunst, Musik, Dichtung und Gelehrsamkeit und
 
Annotationen