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Bewegungen ihrer Zeit überblickende Fürstin mir gegenüber
von dem erfüllt, was im Momente zu thun sei: mit den
Papieren Goethe's, die aufgehäuft vor ihr lagen. Sie hatte
den Beschluß gefaßt, diese Schätze für das deutsche Volk zu
verwerthen. Sie gab aus den ihr zu Gebote stehenden großen
Mitteln einen gewaltigen Theil schweigend freiwillig her, um
diesen ihren Gedanken zur Existenz zu verhelfen. Was sie
that, und wie sie es that, wird noch oft der Gegenstand
panegyrischer Reden sein, die an den Gedenktagen des Goethe-
Schiller-Archivs für den Rest unseres Jahrhunderts wie im
folgenden zu erwarten sind, und die zu halten es uns immer
von Neuem drängen wird. Denn wo Ruhm erworben ist,
muß er anerkannt werden. Wir müssen uns die veraltete
„schweigende Bewunderung" abgewöhnen.
Jeder weiß, welch' ein Ereigniß seiner Zeit der Tod
Goethe's für Deutschland gewesen war. Wir kamen uns ver-
waist vor. Viele erhalten gebliebene Briefe von Zeitgenossen
drücken dies Gefühl in beweglichen Worten aus. Darin aber
unterschieden jene Zeiten sich von den unseren, daß der all-
gemeine Ruf nach einen: Denkmale für Goethe damals nicht
etwa plötzlich ausbrach. Weder ein Aufruf wurde erlassen
noch ein Comits bildete sich, noch Sammlungen für ein
Monument wurden veranstaltet. Während Goethe's letzter
Jahre hatte die Absicht, ihm in Frankfurt eine Statue zu
setzen, viele Kreise bewegt; die späteren Statuen aber ent-
standen mehr zufällig. Das gemeinsame Gefühl Goethe gegen-
über, das uns heute bewegt, ist ganz modernen Ursprunges:
dieses Gefühl actuell zu machen, war das Verdienst der Groß-
herzogin Sophie. Goethe's Schriften, seiner geistigen Existenz
gleichsam, ein monumentales Haus zu errichten, wo diese kost-
Bewegungen ihrer Zeit überblickende Fürstin mir gegenüber
von dem erfüllt, was im Momente zu thun sei: mit den
Papieren Goethe's, die aufgehäuft vor ihr lagen. Sie hatte
den Beschluß gefaßt, diese Schätze für das deutsche Volk zu
verwerthen. Sie gab aus den ihr zu Gebote stehenden großen
Mitteln einen gewaltigen Theil schweigend freiwillig her, um
diesen ihren Gedanken zur Existenz zu verhelfen. Was sie
that, und wie sie es that, wird noch oft der Gegenstand
panegyrischer Reden sein, die an den Gedenktagen des Goethe-
Schiller-Archivs für den Rest unseres Jahrhunderts wie im
folgenden zu erwarten sind, und die zu halten es uns immer
von Neuem drängen wird. Denn wo Ruhm erworben ist,
muß er anerkannt werden. Wir müssen uns die veraltete
„schweigende Bewunderung" abgewöhnen.
Jeder weiß, welch' ein Ereigniß seiner Zeit der Tod
Goethe's für Deutschland gewesen war. Wir kamen uns ver-
waist vor. Viele erhalten gebliebene Briefe von Zeitgenossen
drücken dies Gefühl in beweglichen Worten aus. Darin aber
unterschieden jene Zeiten sich von den unseren, daß der all-
gemeine Ruf nach einen: Denkmale für Goethe damals nicht
etwa plötzlich ausbrach. Weder ein Aufruf wurde erlassen
noch ein Comits bildete sich, noch Sammlungen für ein
Monument wurden veranstaltet. Während Goethe's letzter
Jahre hatte die Absicht, ihm in Frankfurt eine Statue zu
setzen, viele Kreise bewegt; die späteren Statuen aber ent-
standen mehr zufällig. Das gemeinsame Gefühl Goethe gegen-
über, das uns heute bewegt, ist ganz modernen Ursprunges:
dieses Gefühl actuell zu machen, war das Verdienst der Groß-
herzogin Sophie. Goethe's Schriften, seiner geistigen Existenz
gleichsam, ein monumentales Haus zu errichten, wo diese kost-