Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Grimm, Herman; Grimm, Herman [Hrsg.]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0293
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
269

Dinge beim rechten Namen zu nennen. Es sind uns im
Durchblättern des Buches, denn durchlesen wird Niemand
einen Band Gedichte, eine Menge Verse aufgestoßen, von
denen wir gern eine Nebersetzung gegeben hätten. Bei den
nachfolgenden haben wir nicht zu widerstehen vermocht.
Lin Lharakter.
Laßt mich erzählen. Dieser Mann kam zu mir,
— Mein Los war damals, wie ein Negersklave
Den langen Tag für Nichts mich abzumühn —
Er kam, ich hatt' ihn nicht darum gebeten.
Er kam, und süß wie voller Maienathem
Sprach er mich an: Was? hier soll solch ein Genius
Abstumpfen seine Schärfe? Solche Klinge
Als Küchenmesser dienen? Solch ein Geist
Der Dummheit eines Menschen, der Nichts ahnt
Von diesem Reichthum, nur ein Teppich sein,
Als Herr sich drauf zu fühlen? Nein, bei Allem,
Was edel heißt und gut, das darf nicht sein!
Und bei der Hand mich nehmend, sanft, als wären's
Die Finger meiner Mutter, führt er mich
Vom harten Tisch hinweg, fort aus der Lust,
Die sich nicht athmen ließ, fort aus der Stadt —:
Wo unter schatt'gen Bäumen still sein Haus stand,
Da mußt' ich wohnen. Hier mit zarter Güte
Sorgt' er für mich. Hier hob sich der geknickte,
Verdorrte Sinn empor und sog Gesundheit
In vollen Zügen ein. Nicht Wünsche glaubt' ich
Hier noch zu hegen, hätte nicht die Kunst,
Mit der er sie erahnend schon erfüllte,
Mir selbst sie erst verrathen. Sprach er zu mir,
So sagt' er „Bruder". Aus versteckten Tiefen,
Wohin sie scheu geflüchtet, lockt er schmeichelnd,
Was an Gedanken Herz und Hirn bevölkert,
An's Licht zurück. Ihr Tage! Wenn wir Beide
Der Dichter Werke lasen! Wenn zuletzt.
Die ernsten Bücher aus der Hand gelegt,
Er zu erzählen anfing! Welch' ein Witz,
 
Annotationen