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Grimm, Herman; Grimm, Herman [Editor]
Fragmente (Band 1,1) — Berlin, Stuttgart: Spemann, 1900

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https://doi.org/10.11588/diglit.47241#0301
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277

Weisung gemacht wird. In der Archäologie der Zukunft muß
die Geschichte der Wirkung der griechischen Götterideale auf
die neueren Jahrhunderte eins der wichtigsten Kapitel sein.
Das Höchste, was Winckelmann als schaffender Schrift-
steller hervorbrachte, sind die Sätze, in denen er den Apollo
von Belvedere zu beschreiben suchte in seinem, unter dem Ein-
flüsse italienischen Wohlklanges von ihm selbst geschaffenem
Deutsch, dessen Herstellung immer nur ein Versuch blieb und
das nie zur Giltigkeit bei uns gelangte. Der Apoll von
Belvedere war von da ab unter den Götteridealen Italiens
das strahlendste. In Paris, als die große Beute des ersten
Napoleonischen Feldzuges auf lorbeerbekrönten Wagen dort ein-
fuhr, galt der entführte Apollo als das kostbarste Stück.
Canova, als er seinen Perseus schuf, um das im Vatikan
verwaist stehende Piedestal des Apoll wieder zu beleben, unter-
nahm etwas, was als die höchste nationale Aufgabe erschien,
bis er später den Gott selber nach Rom zurückführte. Da-
mals dichtete Byron die drei Stanzen in Harolds Pilgri-
mage, das Glänzendste, was die dem Alterthum zugewandte
Begeisterung jener Tage an dichterischer Verherrlichung eines
antiken Werkes hervorgebracht hat. (Canto 4, Str. 61 f.)
Zu einer Geschichte der deutschen Archäologie würde der
Triumphzug des Apollo, des Zeus von Otricoli, der Pallas
von Velletri und des Laokoon durch das Reich der schaffenden
Phantasie der europäischen Völker gehören, die diese Werke
bewunderten, beschrieben und nachahmten und die höchsten
sichtbaren Repräsentationen des griechischen Volkes in ihnen
erblickten, das als der Liebling der Vorsehung über den an-
dern stand. Von jenen Sätzen Winckelmann's an bis zu
Feuerbach's Buche über Apollo müssen die Aeußerungen unserer
 
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