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DAS INSERAT

SEINE TECHNISCHEN, SEINE KÜNSTLERISCHEN
UND ÄSTHETISCHEN GRUNDLAGEN

Unter „Inserat", „Annonce“ oder „Anzeige", wie das gute deutsche Wort dafür lautet;

versteht man eine Ankündigung im Reklame- oder Anzeigenteil einer Zeitung oder
Zeitschrift. Solcher Anzeigen bedient sich nicht nur der Kaufmann oder Fabrikant, auch
Theater, Kinos, Ausstellungen, Reiseunternehmungen und andere Veranstaltungen werden
neben allen anderen Erzeugnissen, Lebensmitteln und Modeartikeln der ungeheuer großen
Gemeinde der Leser der Zeitungen, Fach- und Unterhaltungsschriften zur Kenntnis gebracht.
Oft steht und fällt der Erfolg eines geschäftlich betriebenen Unternehmens — und welches ist
es nicht oder möchte es nicht sein? — mit der Propagierung, das heißt mit der Ankündigung,
wobei es selbstverständlich ist, daß die ohne Werbekraft verfaßte oder entworfene Anzeige
mit zu berechnender Sicherheit ein Minus als Kassenerfolg nach sich zieht. Besonders aus
einem gutgeleiteten kaufmännischen Unternehmen ist das Werbeinstrument, als welches sich
das Inserat darstellt, heute im Zeitalter der Ankündigungen nicht mehr fortzudenken. Seine
Gestaltung bietet daher in diesem Gebiete bewanderten und tüchtigen Kräften ein großes,
dankbares und gutbezahltes Tätigkeitsfeld. Solche Leute, die sich mit der Ausarbeitung von
Ankündigungen, die auf dem Druckwege Verbreitung finden, befassen, nennt man Ge-
brauchsgraphiker. Das Wort Graphik, welches im engeren Sinne Griffelkunst bedeutet, ist
hierbei in einem weiteren Sinne zu fassen und auf alle Arten von Entwürfen für Repro-
duktionen für Druck, außer Reproduktionen von Gemälden usw., auszudehnen. Das Wort
Gebrauch dürfte die Eigenart dieser Graphik von sich aus genügend deutlich erklären.

Während das Plakat an feststehenden, besonders für seine Aufnahme vorbereiteten
Flächen angebracht wird, ist das Tnseral für Tageszeitungen oder für Zeitschriften, die in
einem bestimmten Zeitabschnitt erscheinen, bestimmt.

Es kann dem gleichen Zweck dienen wie das Plakat, d.h. den Leser auf eine Veranstaltung
aufmerksam machen, für den Verkauf einer Ware oder anderes werben.

Da wir den fragwürdigen Vorzug genießen, im 20. Jahrhundert zu leben, in dem fast
niemand Muße und Zeit für die eingehende Lektüre der Tageszeitungen und Zeitschriften
hat, um so weniger aber noch für das Inserat, muß dieses so auffallend, so einprägsam und
suggestiv gestaltet sein, als es nur irgend möglich ist.

Sie werden ja aus eigener Erfahrung wissen, daß Ihnen, sofern Sie nicht etwas ganz
Bestimmtes suchen, nur das Inserat auffällt, das originell gestaltet ist und im Zeitungsblatt
einen Blickfang bildet, also Ihnen besonders ins Auge springt.

Wenn Sie in einer Tageszeitung z. B. eine Seite „Kleine Anzeigen“ ansehen, so fällt
Thnen auch nicht eine einzige Annonce besonders auf. Ganz anders wirkt eine solche Seite,

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