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Mancher behauptet von sich, keine Ideen zu haben; aber diese Behauptung wurzelt meist
in einer zu großen Bescheidenheit oder in einer gedanklichen Unmündigkeit. Wer das Ver-
trauen anderer beansprucht, muß natürlich erst einmal Vertrauen zu sich selber haben.
Falsche Bescheidenheit ist in dem hier in Frage stehenden Gebiet weniger als sonstwo am
Platje; Reklame soll ja suggestiv wirken, wenn wir uns schwach zeigen, wird uns keiner
Stärke, die beeinflußt, Zutrauen.

Die Frage ist nun: Können Ideen erzeugt werden und lassen sich Ideen entwickeln? —
Ein Funke muß natürlich vorhanden sein, unter dieser Voraussetjung, die eine conditio sine
qua non ist, lassen sich beide Fragen bejahen. Wie Ideen zustande kommen, wissen wir
nicht genau, aber wir haben, seit Ludwig Schleich sein geniales Buch „Vom Schaltwerk der
Gedanken4* geschrieben hat, eine ungefähre Vorstellung davon. Nach Schleich ist unser
Gehirn auf Millionen Signale eingestellt, und bestimmte Schaltungen bewirken das Zu-
standekommen eines Gedankens, einer Vorstellung usw. Wenn wir also die richtige Schal-
tung vornehmen, müssen wir bestimmte Gedanken und Vorstellungen erzeugen können.
Das Gehirn arbeitet allerdings nicht wie ein Automat, denn es ist ein viel feineres Instru-
ment als wir es uns vorstellen können. Wie wir anderen unsere Ideen suggerieren wollen,
so müssen wir uns dieselben, wenn sie uns nicht von selbst zufliegen, im Wege der Auto-
suggestion unterwürfig zu machen suchen. Das heißt nun nicht, sich in hypnotischen Schlaf
zu versetjen; es bedeutet weiter nichts, als durch Konzentration unserer Gedanken alle
Ablenkungen zu überwinden und ein klares Bild dessen zu gewinnen, was uns in vagen
Umrissen vorschwebt. Konzentration erfordert Ruhe und Besinnung. Bestimmte Methoden
zur Erlangung der notwendigen Konzentration lassen sich nicht angeben. Leonardo da Vinci
empfahl seinen Schülern, um Vorstellungen zu gewinnen, in rissiges Mauerwerk zu blicken
und zerbröckeltes Gemäuer zu betrachten. Von anderen Künstlern ist es bekannt, daß sie
sich durch die Muster und Farben von orientalischen Teppichen zu ganz neuen Vorstellungen
angeregt fühlten, während andere wieder der Musik einen solchen Einfluß zuschrieben. Es ist ja
auch bekannt, daß Schiller durch den Geruch sich zersetjender Äpfel Inspirationen verspürte
und Goethe in seiner Jugend im Reiten die besten Gedanken zu haben glaubte. Die Frage
der Anregung und Ideenerweckung ist nicht nach einem Schema, sondern nur ganz indi-
viduell von der eigenen Person aus zu lösen. Einsame Wanderungen können hier Wunder
wirken, wie alle Absonderung den Persönlichkeitswert stärkt und uns Ibsen in seinem
Ausspruch „Der Starke ist am mächtigsten allein“ zustimmen läßt. Enthaltsamkeit fördert
die Vorstellung, sie scheint einen Zustrom von neuen Gedanken zu geben, und darum ist,
steht man vor großen Aufgaben, ein Verzicht auf Genüsse und Wohlleben ein nicht zu
unterschätjender Antriebsfaktor. Bäder und Abreibungen, Gymnastik und Massage wirken
nicht nur körperlich wohltuend, sie erfrischen und kräftigen auch den Geist und machen
ihn zu überraschenden Leistungen fähig, allerdings nur dann, wenn sie in einem Umfange
ausgeübt werden, der dem Zweck angepaßt ist. Alles, was in Sport oder Gewohnheit aus-
artet, ist hier schon zuviel, weil es die geistige Konzentration nicht erhöht, sondern sie auf
sich absorbiert. Um Gedanken und Vorstellungen zu erzeugen, muß man sie stauen und
aufspeichern. Ganz irrig ist es, zu glauben, daß sogenannte Stimulantia, wie Alkohol,
Kaffee und Zigaretten zur Ideeneingebung beitragen können, sie erhöhen vielleicht die
Vorstellungskraft momentan, geben ihr aber etwas Rauschartiges, das nur von kurzem
Bestände ist.

Wir wenden uns nun den realen Behelfen, die uns die Arbeit ermöglichen und erleichtern
sollen, zu.

Das ist zuerst der Arbeitsraum. Wenn das Streben des Malers und Bildhauers, ein Atelier

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