Nr. 3.
HEIDELBERGER
1853.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Draysesat Voi’lk’s ILelaeaa. O«I. II. III.
(Schluss.)
Seine Freimüthigkeit, vom Rechtsgefühl und etwas
melancholisch-gallsiichtigem Temperament getragen, nahm keine Rück-
sicht auf gesellschaftliche Höflichkeit und Convenienz. Als z. B. in
Paris bei vornehmer Gesellschaft ein junger Teutscher Fürst, wel-
chem der Krieg sein Land wiedergegeben halte, über das lange Aus-
bleiben des alten Marschalls „Vorwärts“ ungeduldig wurde, trat
York vor und sprach: „Ich dächte, es wäre besser, dass Ew. Ho-
heit hier auf den Blücher, als in Petersburg auf Ihre Pen-
sion warten.“ (III, 396; vgl. III, 201 über die Scene zu Wies-
baden zwischen dem General und dem Nassauischen Kammerherrn.)
■— Für lautere und ehrliche Ruhm liebe war er nicht verschlos-
sen“; die ausgedehnten Vollmachten (1811), heisst es im Schreiben
an Hardenberg vom Jahr 1814, waren für einen Mann, der ge-
gen Ruhm und Namen nicht unempfindlich ist, ein anziehender Köder.“
(HI, 494.) Sein starkes Ehr- und Selbstgefühl, auf dem Be-
wusstsein vollzogener Thaten ruhend, führte bisweilen, wie vor
Laon, zu jäher Gesetzwidrigkeit, liess sich aber durch Güte
leicht in die Bahn besonnener Amtspflicht zurückführen. Des Kö-
nigs Dienst stand ihm oben an; nichts empfand er desshalb schmerz-
licher als Kälte in den höchsten Kreisen, wo man den ausseror-
dentlichen Abschluss der Tauroggener Uebereinkünft nie ganz
im Gedächtniss verwinden konnte. „Es ist leichter Unglück als
Undank zu ertragen“, meinte bei einem andern Anlass der seines
Werths vollkommen bewusste, von der Meinung dabei nicht un-
abhängige Mann. (III, 216.) Er forderte desshalb nach dem Frie-
den auch eine höhere Dotation, wie sie Blücher und Harden-
berg besassen, und wollte den Generalen Tauentzien, Kleist,
B ü 1 o w und G n e i s c n a u (200,000 Thaler) nicht gleichstehen (III,
413 sqq.), eine anmassliche, ungerechtfertigte Schwäche, welche auch
durch das offenherzige Bekenntniss der geleisteten Dienste nicht ab-
gewendet wird. Habe ihm doch Napoleon 1812 umsonst den
Grafenstand und 20,000 Fr. Renten geboten ! Diese Bemerkung ist um
so auffallender, je heftiger York bei seiner aufrichtigen, Preus-
sen allein geltenden Vaterlandsliebe den Kaiser hasste. „Jetzt
ist, schreibt er unter anderm an Schack (24. März 1815), der
Teufel wieder los und man muss wieder in Bewegung kommen.
Der grösste Theil der Armee ist Napoleons Fahne gefolgt. Er
nennt sich Lieutenant des Königs von Rom und will nichts weiter
XLVI, Jahrg. 1. Doppelheft. 3
HEIDELBERGER
1853.
JAHRBÜCHER DER LITERATUR.
Draysesat Voi’lk’s ILelaeaa. O«I. II. III.
(Schluss.)
Seine Freimüthigkeit, vom Rechtsgefühl und etwas
melancholisch-gallsiichtigem Temperament getragen, nahm keine Rück-
sicht auf gesellschaftliche Höflichkeit und Convenienz. Als z. B. in
Paris bei vornehmer Gesellschaft ein junger Teutscher Fürst, wel-
chem der Krieg sein Land wiedergegeben halte, über das lange Aus-
bleiben des alten Marschalls „Vorwärts“ ungeduldig wurde, trat
York vor und sprach: „Ich dächte, es wäre besser, dass Ew. Ho-
heit hier auf den Blücher, als in Petersburg auf Ihre Pen-
sion warten.“ (III, 396; vgl. III, 201 über die Scene zu Wies-
baden zwischen dem General und dem Nassauischen Kammerherrn.)
■— Für lautere und ehrliche Ruhm liebe war er nicht verschlos-
sen“; die ausgedehnten Vollmachten (1811), heisst es im Schreiben
an Hardenberg vom Jahr 1814, waren für einen Mann, der ge-
gen Ruhm und Namen nicht unempfindlich ist, ein anziehender Köder.“
(HI, 494.) Sein starkes Ehr- und Selbstgefühl, auf dem Be-
wusstsein vollzogener Thaten ruhend, führte bisweilen, wie vor
Laon, zu jäher Gesetzwidrigkeit, liess sich aber durch Güte
leicht in die Bahn besonnener Amtspflicht zurückführen. Des Kö-
nigs Dienst stand ihm oben an; nichts empfand er desshalb schmerz-
licher als Kälte in den höchsten Kreisen, wo man den ausseror-
dentlichen Abschluss der Tauroggener Uebereinkünft nie ganz
im Gedächtniss verwinden konnte. „Es ist leichter Unglück als
Undank zu ertragen“, meinte bei einem andern Anlass der seines
Werths vollkommen bewusste, von der Meinung dabei nicht un-
abhängige Mann. (III, 216.) Er forderte desshalb nach dem Frie-
den auch eine höhere Dotation, wie sie Blücher und Harden-
berg besassen, und wollte den Generalen Tauentzien, Kleist,
B ü 1 o w und G n e i s c n a u (200,000 Thaler) nicht gleichstehen (III,
413 sqq.), eine anmassliche, ungerechtfertigte Schwäche, welche auch
durch das offenherzige Bekenntniss der geleisteten Dienste nicht ab-
gewendet wird. Habe ihm doch Napoleon 1812 umsonst den
Grafenstand und 20,000 Fr. Renten geboten ! Diese Bemerkung ist um
so auffallender, je heftiger York bei seiner aufrichtigen, Preus-
sen allein geltenden Vaterlandsliebe den Kaiser hasste. „Jetzt
ist, schreibt er unter anderm an Schack (24. März 1815), der
Teufel wieder los und man muss wieder in Bewegung kommen.
Der grösste Theil der Armee ist Napoleons Fahne gefolgt. Er
nennt sich Lieutenant des Königs von Rom und will nichts weiter
XLVI, Jahrg. 1. Doppelheft. 3