Ibn Arabschah ed. Freyiag.
43
einem grossen Theile von Asien und Afrika beschäftigt, ist doch den
orientalischen Studien, namentlich denen der arabischen Sprache und
Literatur, in welcher die heilige Offenbarung der Mohammedaner ge-
schrieben ist, noch immer nicht der Platz eingeräumt worden, auf
den sie mit Recht Anspruch machen könnte. Ein gründliches Stu-
dium des Corans und seiner Commentatoren, der darauf sich stützen-
den ersten Werke der Gesetzeskundigen, verbunden mit einer ge-
nauen Kenntniss der ältern Geschichte der mohammedanischen Völ-
ker würde zur Lösung der Frage über die Zukunft des Islams, über
die Ausführbarkeit der Verfassung von Gülhane, über die Mög-
lichkeit einer mit der abendländischen Civilisalion harmonirenden Um-
gestaltung des Orients, über den Charakter des Sultans als Gesetz-
geber und geistliches Oberhaupt und sein Verhällniss zu den Ule-
rnas weit sicherere Aufschlüsse geben, als alle publicistischen Artikel
des Journal de Constanlinople oder der Revue des deux mondes
und selbst als die unserer gründlichem deutschen Blätter, obgleich
wir anerkennen müssen, dass die Allgemeine Zeitung in vielen we-
sentlichen Punkten zur Aufklärung über das innere Wesen der Türkei
schon kostbare Beiträge geliefert hat. Ueber den Mangel an Interesse
für arabische Philologie klagt auch der berühmte Verfasser und Her-
ausgeber vorliegenden Werks. Er halte nämlich, als er vor zwanzig
Jahren den ersten Theil desselben, welcher den arabischen Text mit
einer umfassenden Einleitung und einigen Anmerkungen enthält, her-
ausgab, die Absicht, später eine wortgetreue lateinische und eine
freiere deutsche Ueberselzung mit ausführlichen erläuternden Noten
zu veröffentlichen. Da aber der Absatz des ersten Theils, den er
auf eigene Kosten drucken liess, seinen gerechten Erwartungen nicht
entsprach, so sah er sich genöthigt, jenes Vorhaben nur theilweise
auszuführen und sich lediglich darauf zu beschränken, die schwieri-
geren Textesstellcn zu erläutern, so dass jeder nur einigermassen
des Arabischen kundige Leser den von ihm edirlen Autor verstehen
und durch diese Lectüre zur grössten Ausbildung darin gelangen
kann. Diese „Chalifenfrucht“ ist nämlich, wie das Leben Timur’s
von demselben Verfasser, in gereimter Prosa geschrieben, in jener
gehobenen Sprache, welche zwischen Poesie und Prosa die Mitte
hält. In dieser Schreibart, die wir schon in älteren vorislamilischen
Fragmenten und in den früheren Koransablheilungen finden, und die
mit der in manchen poetischen Theilen des alten Testaments ge-
brauchten Aehnlichkeit hat, haben es die Araber zur äussersten Fer-
tigkeit gebracht und bleiben darin so unerreichbar, dass selbst ein
Rückert in seiner ihm ganz zu Gebote stehenden Muttersprache nur
ein schwaches Bild davon wieder zu geben im Stande war. Aber
nicht nur in sprachlicher Hinsicht ist vorliegendes Werk in seiner
Art nicht weniger bildend als die Makamen des Hariri, sondern auch
vermöge seines Inhalts wird es, namentlich in Verbindung mit dem
vortrefflichen Commentare des Herrn Freylag, ebenso belehrend als
unterhaltend. Der Schatz des Wissens, den der Verfasser in allen
43
einem grossen Theile von Asien und Afrika beschäftigt, ist doch den
orientalischen Studien, namentlich denen der arabischen Sprache und
Literatur, in welcher die heilige Offenbarung der Mohammedaner ge-
schrieben ist, noch immer nicht der Platz eingeräumt worden, auf
den sie mit Recht Anspruch machen könnte. Ein gründliches Stu-
dium des Corans und seiner Commentatoren, der darauf sich stützen-
den ersten Werke der Gesetzeskundigen, verbunden mit einer ge-
nauen Kenntniss der ältern Geschichte der mohammedanischen Völ-
ker würde zur Lösung der Frage über die Zukunft des Islams, über
die Ausführbarkeit der Verfassung von Gülhane, über die Mög-
lichkeit einer mit der abendländischen Civilisalion harmonirenden Um-
gestaltung des Orients, über den Charakter des Sultans als Gesetz-
geber und geistliches Oberhaupt und sein Verhällniss zu den Ule-
rnas weit sicherere Aufschlüsse geben, als alle publicistischen Artikel
des Journal de Constanlinople oder der Revue des deux mondes
und selbst als die unserer gründlichem deutschen Blätter, obgleich
wir anerkennen müssen, dass die Allgemeine Zeitung in vielen we-
sentlichen Punkten zur Aufklärung über das innere Wesen der Türkei
schon kostbare Beiträge geliefert hat. Ueber den Mangel an Interesse
für arabische Philologie klagt auch der berühmte Verfasser und Her-
ausgeber vorliegenden Werks. Er halte nämlich, als er vor zwanzig
Jahren den ersten Theil desselben, welcher den arabischen Text mit
einer umfassenden Einleitung und einigen Anmerkungen enthält, her-
ausgab, die Absicht, später eine wortgetreue lateinische und eine
freiere deutsche Ueberselzung mit ausführlichen erläuternden Noten
zu veröffentlichen. Da aber der Absatz des ersten Theils, den er
auf eigene Kosten drucken liess, seinen gerechten Erwartungen nicht
entsprach, so sah er sich genöthigt, jenes Vorhaben nur theilweise
auszuführen und sich lediglich darauf zu beschränken, die schwieri-
geren Textesstellcn zu erläutern, so dass jeder nur einigermassen
des Arabischen kundige Leser den von ihm edirlen Autor verstehen
und durch diese Lectüre zur grössten Ausbildung darin gelangen
kann. Diese „Chalifenfrucht“ ist nämlich, wie das Leben Timur’s
von demselben Verfasser, in gereimter Prosa geschrieben, in jener
gehobenen Sprache, welche zwischen Poesie und Prosa die Mitte
hält. In dieser Schreibart, die wir schon in älteren vorislamilischen
Fragmenten und in den früheren Koransablheilungen finden, und die
mit der in manchen poetischen Theilen des alten Testaments ge-
brauchten Aehnlichkeit hat, haben es die Araber zur äussersten Fer-
tigkeit gebracht und bleiben darin so unerreichbar, dass selbst ein
Rückert in seiner ihm ganz zu Gebote stehenden Muttersprache nur
ein schwaches Bild davon wieder zu geben im Stande war. Aber
nicht nur in sprachlicher Hinsicht ist vorliegendes Werk in seiner
Art nicht weniger bildend als die Makamen des Hariri, sondern auch
vermöge seines Inhalts wird es, namentlich in Verbindung mit dem
vortrefflichen Commentare des Herrn Freylag, ebenso belehrend als
unterhaltend. Der Schatz des Wissens, den der Verfasser in allen