Frauenstädt: Schopenhauer’s Nachlass.
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»eine wichtige Ergänzung zur Welt als Wille und Vorstellung.»
Sehr gut ist die Entwickelung des Unterschiedes zwischen schön
und interessant und der Nachweis des Interesses in den dich-
terischen Kunstwerken. Viel Zeitgemässes und Lesenswerthes ent-
halten die »Materialien zu einer Abhandlung über den
argen Unfug, der in jetziger Zeit mit der deutschen
Sprache getrieben wird.« Der erste Grundsatz der Sprach-
verhunzung ist, »überall das kürzere Wort dem gehörigen oder
passenden vorzuziehen.« Dahin gehört »das Ausmerzen aller doppel-
ten Vokale und tonverlängernden h und das sehr ergiebige Weg-
knapsen der Präfixa und Affixa der Worte und überhaupt aller
Silben, deren Werth und Bedeutung der Schreiber unter seiner
2 Zoll dicken Hirnschale weder versteht noch fühlt« (S. 53). Er
ruft den neueren Schriftstellern, welche sich diesen »schmuzigsten
Buchstabengeiz angewöhnt haben«, zu: »Schreibt schlechtes und
dummes Zeug, so viel ihr wollt: es wird mit euch zu Grabe ge-
tragen und schadet weiter nicht; aber die Sprache lasst unange-
tastet: sie ist das Eigenthum der Nation und das Werkzeug,
dessen künftig wirklich denkende Geister sich zu bedienen haben«
(S. 60). Die Abhandlung geht in Bemerkungen und Beispielen
in’s Einzelne. Die Sprachverderbung wird in dem Gebrauche der
casus, Pronomina, Auxiliarverba, Tempora, Adverbia, Präpositionen,
Conjunktionen, Präfixa und Affixa, Wortzusammenziehungen, Galli-
cismen, Fremdwörter, sinnlosen und abgeschmakten Worte, fehler-
haft angewandter und verfehmter Worte, Kakophonien, so wie in der
Orthographie des Stils und Periodenbaus, nachgewiesen. Unbegründet
ist, was S. über den selbst in Volkszeitungen so ausserordentlich zum
Nachtheile unserer Sprache überhandnehmenden Gebrauch der Fremd-
wörter sagt: »Mit dem Aufnehmen fremder Ausdrücke hat es keine
Noth, sie werden assimilirt. Aber gerade dagegen wenden sich
die Juristen« (S. 86 u. 87). Das ist eben der Fehler, dass man
fremde Worte in der bildsamen Sprache assimilirt und dadurch die
guten deutschen, die den deutschen Begriff deutsch bezeichnen, aus
der Sprache merzt. Die ganze S.’sche Abhandlung über die Sprach-
verderbung wimmelt von unnöthig gebrauchten Fremdwörtern, wie
kompakt, koncis, Präfixa, Affixa, Substantiva, Tempora, Adjectiva,
casus, passiv, Jargon, Imperfekt, Studiren, floriren, Skribent, Con-
fusion, Reparatur u. s. w.
In den Anmerkungen zu den Schriften der neuern Philo-
sophen ist es jedenfalls zweckmässig, dass von dem Herrn Her-
ausgeber die Stellen genau angegeben worden sind, auf welche sich
die S.’schen Anmerkungen beziehen. Ref. möchte übrigens nicht
mit dem Herrn Herausgeber die von Foucher Careil (Hegel et
Schopenhauer, etudes sur la philosophie allemande moderne depuis
Kant jusqu’ä nos jours, Paris, 1862) und von Professor Hoff-
mann in Frohschammers Athenäum, Band II, Heft 1 ausgesprochene
Behauptung bekämpfen, dass Schopenhauer trotz seines Antago-
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»eine wichtige Ergänzung zur Welt als Wille und Vorstellung.»
Sehr gut ist die Entwickelung des Unterschiedes zwischen schön
und interessant und der Nachweis des Interesses in den dich-
terischen Kunstwerken. Viel Zeitgemässes und Lesenswerthes ent-
halten die »Materialien zu einer Abhandlung über den
argen Unfug, der in jetziger Zeit mit der deutschen
Sprache getrieben wird.« Der erste Grundsatz der Sprach-
verhunzung ist, »überall das kürzere Wort dem gehörigen oder
passenden vorzuziehen.« Dahin gehört »das Ausmerzen aller doppel-
ten Vokale und tonverlängernden h und das sehr ergiebige Weg-
knapsen der Präfixa und Affixa der Worte und überhaupt aller
Silben, deren Werth und Bedeutung der Schreiber unter seiner
2 Zoll dicken Hirnschale weder versteht noch fühlt« (S. 53). Er
ruft den neueren Schriftstellern, welche sich diesen »schmuzigsten
Buchstabengeiz angewöhnt haben«, zu: »Schreibt schlechtes und
dummes Zeug, so viel ihr wollt: es wird mit euch zu Grabe ge-
tragen und schadet weiter nicht; aber die Sprache lasst unange-
tastet: sie ist das Eigenthum der Nation und das Werkzeug,
dessen künftig wirklich denkende Geister sich zu bedienen haben«
(S. 60). Die Abhandlung geht in Bemerkungen und Beispielen
in’s Einzelne. Die Sprachverderbung wird in dem Gebrauche der
casus, Pronomina, Auxiliarverba, Tempora, Adverbia, Präpositionen,
Conjunktionen, Präfixa und Affixa, Wortzusammenziehungen, Galli-
cismen, Fremdwörter, sinnlosen und abgeschmakten Worte, fehler-
haft angewandter und verfehmter Worte, Kakophonien, so wie in der
Orthographie des Stils und Periodenbaus, nachgewiesen. Unbegründet
ist, was S. über den selbst in Volkszeitungen so ausserordentlich zum
Nachtheile unserer Sprache überhandnehmenden Gebrauch der Fremd-
wörter sagt: »Mit dem Aufnehmen fremder Ausdrücke hat es keine
Noth, sie werden assimilirt. Aber gerade dagegen wenden sich
die Juristen« (S. 86 u. 87). Das ist eben der Fehler, dass man
fremde Worte in der bildsamen Sprache assimilirt und dadurch die
guten deutschen, die den deutschen Begriff deutsch bezeichnen, aus
der Sprache merzt. Die ganze S.’sche Abhandlung über die Sprach-
verderbung wimmelt von unnöthig gebrauchten Fremdwörtern, wie
kompakt, koncis, Präfixa, Affixa, Substantiva, Tempora, Adjectiva,
casus, passiv, Jargon, Imperfekt, Studiren, floriren, Skribent, Con-
fusion, Reparatur u. s. w.
In den Anmerkungen zu den Schriften der neuern Philo-
sophen ist es jedenfalls zweckmässig, dass von dem Herrn Her-
ausgeber die Stellen genau angegeben worden sind, auf welche sich
die S.’schen Anmerkungen beziehen. Ref. möchte übrigens nicht
mit dem Herrn Herausgeber die von Foucher Careil (Hegel et
Schopenhauer, etudes sur la philosophie allemande moderne depuis
Kant jusqu’ä nos jours, Paris, 1862) und von Professor Hoff-
mann in Frohschammers Athenäum, Band II, Heft 1 ausgesprochene
Behauptung bekämpfen, dass Schopenhauer trotz seines Antago-