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Felder, Ekkehard [Hrsg.]; Bär, Jochen A. [Hrsg.]; Universitäts-Gesellschaft <Heidelberg> [Hrsg.]
Heidelberger Jahrbücher: Sprache — Berlin, Heidelberg, 53.2009

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Felder, Ekkehard: Sprache - das Tor zur Welt?
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https://doi.org/10.11588/diglit.11275#0026
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Sprache - das Tor zur Welt! ?

Perspektiven und Tendenzen in sprachlichen Aufterungen *

EKKEHARD FELDER

Eine Perspektive ist „die Wirklichkeit" der Wahrnehmung.
Zwei Perspektiven sind „zwei Wirklichkeiten".

Multiperspektivitdt ist ein Quasi-Ersatzfur theoretische Neutralitat.

i. Einleitung

Ein grofier Teil unseres individuellen Wissens basiert auf der Rezeption von
Sprachzeichen, wie sie in sprachlichen AuBerungen miindlicher und schrift-
licher Art verbreitet werden. Die Basis unseres Erfahrungsschatzes und der
Ausgangspunkt unserer Wissensbildungsprozesse sind Interaktionen, die zwi-
schen Individuen oder innerhalb von Gruppen oder in Massenmedien statt-
finden. Die auf diese Weise gewonnenen Wissensbestande und Erfahrungen
werden in kommunikativen Formulierungsroutinen reproduziert und dadurch
teilweise zu „kollektiven" Wissensbestanden bzw. Erfahrungsmustern verdich-
tet - genauer gesagt, sie werden als kollektiv giiltig eingeschatzt; so beispiels-
weise im Herbst 2008 die als kollektiv giiltig unterstellte Annahme, die Welt
befinde sich in einer globalen Finanzkrise. Das Bewusstsein fur die Grenze
zwischen einerseits empirisch-individuell und andererseits kommunikativ er-
fahrenen Wirklichkeitskomponenten muss in der Vielzahl der Rezeptions- und
Perzeptionsvorgange verschwimmen. Damit ist auch nicht mehr klar bestimm-
bar, welche Wissens- und Erfahrungsbestande tiberwiegend sprachlich in Re-
zeptionsakten wahrgenommen wurden und welche auf unmittelbar empirisch-
sinnlichen Wahrnehmungen fuEen. Beide Formen der Wahrnehmung miinden
in Wissensbestande. Da allerdings auch die nicht sprachlich wahrgenommenen
Sinneseindriicke zum Zwecke der Kommunikation sprachlich erfasst werden
miissen, kann man mit Recht von Sprache als dem zentralen Medium unserer
Erfahrungsbasis und unserer Wissenskonstitution (Wygotski 1934/1971) spre-
chen.1

* Fur wertvolle Hinweise danke ich Matthias Attig, Jochen A. Bar, Klaus-Peter Konerding, Marcus

Miiller, Jana Tereick und Friedemann Vogel.
1 Der Begriff Medien - daran sei erinnert - biindelt in der Medienwissenschaft verschiedene

Aspekte (Schmidt 1996:3), pragmatische, semiotische und textuelle Perspektive als medienlin-
 
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